BND soll afghanische Telefondaten an NSA übermitteln

Andreas Frischholz
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Die hiesige Debatte über den NSA-Skandal wurde zuletzt von den rund 500 Millionen Verbindungsdaten bestimmt, die der US-Geheimdienst monatlich in Deutschland sammelt. Ein großer Teil davon soll aus der Funkzellenauswertung in Afghanistan stammen, berichtet der Spiegel, dem die entsprechenden Snowden-Dokumenten vorliegen.

Mit diesen Daten lässt sich durch Programme wie XKeyscore binnen weniger Minuten ein Bewegungsprofil erstellen, das den Standort des Handy-Nutzers offenbart. Damit könnten die übermittelten Funkzellendaten dem US-Militär Hinweise für gezielte Tötungen liefern, etwa für Drohnen-Angriffe in Afghanistan. Bereits Ende letzter Woche hatten die Süddeutsche Zeitung und das NDR-Magazin Panorama berichtet, der BND teile Informationen über GSM-Mobilfunknummern von Terrorverdächtigen mit der NSA.

Gegenüber dem Spiegel erklärt der BND zwar, man könne nicht ausschließen, dass solche Verbindungsdaten als „Hilfe bei der Orientierung für militärische Operationen“ genutzt werden. Allerdings wären die Informationen aus den Funkzellendaten zu ungenau, um eine „konkrete Zielerfassung durch Drohnen“ zu ermöglichen. Experten kommen allerdings zu einer anderen Einschätzung. Der Hamburger Informatiker-Professor Hannes Federrath sagte der Süddeutschen, solche Verbindungsdaten wären für Geheimdienste „nützlich, um Personen zu orten“. Das gelte insbesondere dann, wenn die Daten über einen längeren Zeitraum erhoben werden.

Hinzu kommt die politische Dimension, weil der Austausch von Funkzellendaten offenbar ohne parlamentarische Kontrolle erfolgt. Der FDP-Politiker und Bürgerrechtler Burkhard Hirsch sagte dem Spiegel: „Wenn der BND in solchem Umfang für einen anderen Geheimdienst tätig wird, dann ist das ein politischer Vorgang, der unter allen Umständen im zuständigen Bundestagsgremium hätte behandelt werden müssen.“

Dafür bietet sich bereits heute die Gelegenheit. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) tritt zum Dritten Mal vor dem parlamentarischen Kontrollgremium auf. Der Geheimdienst-Koordinator der Bundesregierung soll erklären, welche Kenntnisse die Bundesregierung von der NSA-Überwachung sowie den Kooperationen von deutschen und US-Geheimdienste hatte. Mit der Übermittlung der Funkzellendaten ist nun ein weiteres Thema hinzugekommen.