Perfekter Kopierschutz von Philips?

Thomas Hübner
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Das illegale Kopieren und Verbreiten von Filmen und Musiktiteln führt in der Unterhaltungsindustrie jährlich zu Milliarden-Verlusten, so die weitläufig bekannte Auffassung der Industrie, die natürlich bestrebt ist, diesen Straftaten mit immer ausgefeilteren Kopierschutzmechanismen entgegen zu wirken.

Doch wie soll der perfekte Kopierschutz aussehen? Ist es z.B. möglich, Datenträger und Abspielgeräte so auszurüsten, dass Urheberrechte gewahrt bleiben und Medieninhalte kontrolliert weitergegeben werden können? Es geht. So hat Philips ein digitales Wasserzeichen entwickelt, das unerlaubte Zugriffe auf Musik- und Filmtitel verhindert und Kreativen und Produzenten ein perfektes „Rechte-Management“ ermöglicht.

Die Ängste der Filmschaffenden, dass ihre neuesten Werke in falsche Hände geraten, sitzen tief. Das mussten auch die Juroren der ehrwürdigen „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ erfahren, deren Urteil maßgeblich für die Oscar-Preisverleihung ist. Normalerweise erhalten sie Videobänder, um die von der „Academy“ vorausgewählten Filme begutachten zu können. In diesem Jahr verzögerte sich die Auslieferung. Grund: Die amerikanische Filmbranche befürchtete, dass ihre noch in den Kinos laufenden Streifen kopiert und die internationalen Märkte mit Raubkopien überschwemmt werden könnten. Schließlich wurden die Bänder doch noch verschickt, darunter einige tausend mit unsichtbarer Signatur - einem von Philips entwickelten digitalen Wasserzeichen, das es erlaubt, den Missbrauch von Medieninhalten „forensisch“, also gerichtsverwertbar, zu verfolgen. Ein Praxistest, der Wirkung zeigte. Denn als kurze Zeit später Raubkopien des Kassenschlagers „Last Samurai“ mit Tom Cruise auf dem Schwarzmarkt auftauchten, konnte die undichte Stelle zweifelsfrei ermittelt werden. Sie befand sich bei einem der Juroren für die Oscar-Preisverleihung. Bislang war es so, dass digitale Wasserzeichen nur eine Unterscheidung zwischen Original und Fälschung kenntlich machten und als reiner Kopierschutz dienten. Ihr Nutzwert war begrenzt. Fälschungsversuche konnten nicht verhindert, Raubkopierer nicht aufgespürt werden.

Die Philips Forschung, hier speziell der neu gegründete Bereich „Content Identification“, hat nun einen entscheidenden Schritt nach vorn gemacht. Mit digitalen Wasserzeichen, so wie sie im Vorfeld der Oscar-Preisverleihung zum Einsatz kamen, lässt sich genau zurückverfolgen, wo die Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Mehr noch: Urheberrechtsverletzungen lassen sich sogar von vornherein ausschließen. So kann mit Hilfe des digitalen Wasserzeichens festgelegt werden, ob ein bestimmter medialer Inhalt kopiert, gesendet oder genutzt werden darf - und wenn ja: wie oft, von wem und mit welchem Verbreitungsradius. Die Technologie ermöglicht ein perfektes „Rechte-Management“; dies verspricht zumindest die Theorie. Nutznießer sind alle, die mediale Inhalte vertreiben und Lizenz- oder Leihgebühren erheben. Das Einsatzfeld ist universell. Das digitale Wasserzeichen kann in Speichermedien wie CDs und DVDs ebenso verwendet werden, wie bei digitalen Übertragungen via Internet.

Es beeinträchtigt nicht die Qualität und prägt sich in alle Vervielfältigungen eines Medieninhalts ein. Darüber hinaus ist es weder zu manipulieren noch auszulöschen, vermeldet Philips stolz. Häufiges Abspielen und wechselnde Codierungen der Bildschirm-Auflösung übersteht es ebenso unbeschadet wie die Kompression und Dekompression von Bilddateien. Sogar bei Konvertierungen zwischen digital und analog, an denen bisherige Verschlüsselungstechnologien scheiterten, ist die Technologie nicht zu überlisten.

Absichtliche Versuche, das digitale Wasserzeichen zu entfernen, führen zur Vernichtung des medialen Inhalts. Auf legale Weise ist nur mit einem geheimen „Schlüssel“ an das Wasserzeichen heranzukommen. Den zu knacken ist praktisch unmöglich.

Das digitale Wasserzeichen kann auf jeder Stufe der medienwirtschaftlichen Wertschöpfung installiert werden. Die Veränderungen sind laut Philips unmerklich. Bei Video-Formaten geschieht dies durch Anreicherung der Bild-Pixel mit Sicherungsinformationen, bei Audio-Formaten durch die Beimischung eines wiedererkennbaren Geräuschmusters. Die Identifikation erfolgt durch digitale Signalübermittlung in Geräten mit entsprechenden Detektoren. Natürlich ist der mit Abstand größte Markt für die neue Philips Technologie die Konsumentenelektronik. Verhandlungen zur Einführung des digitalen Wasserzeichens laufen bereits. Ohne geeignete Hardware sind jedoch auch die Fähigkeiten dieses neuartigen Kopierschutzes vorerst reine Theorie.