Vorratsdaten: EU-Strafe günstiger als Umsetzung

Andreas Frischholz
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Strafzahlungen nach Brüssel sind für Deutschland günstiger als eine kurzfristig umgesetzte Vorratsdatenspeicherung, melden Wirtschaftsverbände. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie ist gestern abgelaufen und EU-Innenkommissarin Malmström droht nun mit einer Fortsetzung des Strafverfahrens, sollte Deutschland nicht einlenken.

Die Wirtschaftsverbände schätzen den volkswirtschaftlichen Schaden bei einer derzeitigen Umsetzung der Richtlinie um ein Vielfaches höher ein als die Kosten, die durch eine potentielle Strafzahlung entstehen. Diese beziffern sie auf maximal 32 Millionen Euro im Jahr, jedoch lagen die Kosten, die Provider bei der ersten Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2008 investiert haben, bei 330 Millionen Euro.

Eine wiederholte Umsetzung dürfte mit nochmals höheren Kosten verbunden sein, da das Bundesverfassungsgericht strenge Vorgaben für eine erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung festgelegt hat, nachdem es die alte Reglung im März 2010 gekippt hatte. Aufgrund dieser Vorgaben muss die 2008 eingeführte Infrastruktur teilweise neu aufgebaut werden. Die Kosten dafür werden von den Providern letztlich über die Preise an Bevölkerung und Unternehmen aller Branchen weitergegeben.

Daher plädierten die Verbände bei EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, erst die für den Sommer erwartete Neureglung der EU-Richtlinie abzuschließen, bevor Deutschland ein neues Gesetz verabschieden muss. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco bezeichnet es als „wirtschaftlichen Wahnsinn, jetzt erneut solche Ausgaben zu erzwingen – insbesondere da alle Beteiligten wissen, dass die zugrunde liegende Richtlinie bereits in wenigen Monaten hinfällig sein wird“.

Ob Malmström auf die Argumentation eingeht, bleibt allerdings fraglich. Eine Freistellung einzelner Mitgliedsstaaten von der Vorratsdatenspeicherung schließt sie nach einer Anfrage von EU-Parlamentariern der Grünen und Piraten kategorisch aus, da eine optionale Umsetzung der Richtlinie zu „Wiedereinführung von Hemmnissen für den Binnenmarkt“ führen würde. Des Weiteren bekomme der Bürger bei einer solchen Auslegung der Richtlinie gemeinsame Mindeststandards für Grundrechte in der EU wie Privatsphäre und Datenschutz vorenthalten, so Malmström.