EU verklagt Deutschland im VDSL-Streit

Sasan Abdi
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Im Streit um die VDSL-Regulierung in Deutschland pocht die Europäische Kommission weiterhin auf die Freiheit des Wettbewerbs. Wie nun aus dem Umfeld der Kommission bekannt wurde, wird das Gremium am heutigen Mittwoch beschließen, Deutschland aufgrund der temporären Sperrung des VDSL-Netzes gegenüber der Konkurrenz der Deutschen Telekom zu verklagen.

Stein des Anstoßes ist das aktuelle Telekommunikationsgesetz der Bundesregierung, wonach die Deutsche Telekom das eigene VDSL-Netz zunächst nicht für Konkurrenten öffnen muss – eine Regelung, die nicht zuletzt auch zusätzliche Investitionsanreize für den Bonner Ex-Monopolisten schaffen soll. Genau dies stößt den Wettbewerbshütern in Brüssel aber als unlautere Regulierung eines freien Marktes sauer auf. Da man sich in Berlin bisher nicht dazu bereit erklären wollte, Änderungen an besagtem Gesetz durchzuführen, erreicht die Auseinandersetzung nun mit der offenbar geplanten Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eine bisher nicht gekannte Schärfe.

Für die EU-Kommission ist die Klage vor allem auch ein Präzedenzfall, da der Einflussbereich der Institution auf die nationalen Telekommunikationssektoren der Mitgliedsländer bisher eher schwammig definiert ist und hierüber ausgetestet werden kann. In Hinblick auf den Streit in Deutschland finden sich für beide Standpunkte ausschlaggebende Argumente: Zum einen ist es tatsächlich so, dass die Deutsche Telekom in Eigenregie und somit auch mit eigenen Ressourcen den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes betreibt. Warum also sollte die Konkurrenz ohne ein eigenes Investment über eben jene Infrastruktur kostenpflichtige Dienste anbieten und hier gar der Telekom die Kunden abgraben?

Auf der anderen Seite muss – und hierauf verweist auch die EU-Kommission – auch der historische Aspekt beachtet werden, der maßgeblich zur Gestaltung des Telekombereichs in Deutschland beigetragen hat. So handelt es sich bei der Deutschen Telekom um einen Ex-Monopolisten, der Jahre lang über Steuergelder finanziert wurde und an dem die Bundesrepublik Deutschland bis heute Anteile hält. Erst mit der Privatisierung des Konzerns war überhaupt ein Wettbewerb möglich, sodass die Konkurrenz dieser Tage gar nicht im Stande sein kann, einen so großen Netzausbau zu betreiben.

Insgesamt hat die zeitweise doch recht schwer wiegende Problematik aber an Fahrt verloren. Aufgrund der massiven Kosten hat die Telekom das Engagement im VDSL-Bereich vorerst deutlich beschnitten und auch die Bundesnetzagentur signalisierte bereits im Herbst 2006 und erneut im Frühjahr, dass eine Teilregulierung für 2007 durchaus möglich sei. Entsprechend frohlockt man bei einem Verband der Telekomkonkurrenten: „Der Kuchen wird in diesem Jahr verteilt.“ Experten rechnen unterdessen im Hinblick auf die Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof damit, dass die Telekom mittelfristig ihr Netz öffnen muss. Mit einem Urteil ist wohl noch für 2008 zu rechnen. Fragt sich, inwieweit der Bonner Riese seinen Marktvorteil bis dahin ausnutzen kann.