Neue Details zum Leistungsschutzrecht

Andreas Frischholz
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Das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse, auf das viele deutsche Verlage hinarbeiten, soll „Überschriften, Sätze, Satzteile etc.“ enthalten und somit umfangreicher ausfallen als erwartet. Dies geht aus einem Eckpunktepapier der Branchenverbände vdz und bvdz hervor, das dem Blog Netzpolitik.org zugespielt wurde.

Der Umfang ist derzeit noch einer der größten Streitpunkte an dem Leistungsschutzrecht. Es ist unklar, inwieweit „Snippets“ – also die Auszüge von Texten, die Suchmaschinenanbieter wie Google in der Suchmaschine oder über den Nachrichtenaggregator „Google News“ ausgibt – geschützt werden sollen. VDZ-Rechtsexperte Christoph Fiedler hält 70 bis 80 Prozent der derzeit ausgegebenen Snippets in Suchmaschinen sowie praktisch alle in Nachrichtenaggregatoren für urheberrechtlich geschützt, obwohl bislang die Linie vertreten wurde, dass beispielsweise nur die Übernahme eines vollständigen Vorspanns in ein eigenes Werk von urheberrechtlicher Relevanz wären.

Fiedler hält allerdings Zitate und Überschriften für urheberrechtlich geschützt, da vor allem in letzteren „viel kreative Energie“ stecke. Suchmaschinenbetreiber könnten sich dabei auf keine Ausnahmereglung berufen, da sie selbst keine schützenwerten Inhalte anbieten würden. In der Breite sei das Leistungsschutzrecht „mindestens parallel zu fassen zum Urheberrecht“ und müsse alle Arten von „Snippets“ umfassen, um eine „konkrete Einzelfallprüfung der Höhe der kreativen Leistung“ zu umgehen. Nach Umsetzung einer entsprechenden gesetzlichen Reglung wollen die Verleger Lizenzvereinbarungen mit „gewerblichen Nutzern“ treffen, um die Darstellung geschützter Texte auf Bildschirmen oder anderen Vervielfältigungsgeräten in Rechnung zu stellen.

Ein entsprechender Gesetzentwurf soll allerdings nicht von den Verlegern eingebracht werden, sondern vom Justizministerium unter Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) konzipiert werden. Ende Juni soll bei einer nicht-öffentlichen Anhörung zwischen Branchenvertretern und Mitarbeitern des Ministeriums über das Vorhaben debattiert werden.

Das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse fordern viele Verlage seit Anfang des vergangenen Jahres; dies wurde in der sogenannten „Hamburger Erklärung“ festgehalten. Mit der Einführung einer entsprechenden Reglung wollen sich die Verlage gegen die „unentgeltliche Ausnutzung ihrer Angebote im Internet“ zu Wehr setzen. Das gilt insbesondere für Unternehmen wie Google, die nach Ansicht der beteiligten Verlage mit Nachrichtenaggregatoren wie „Google News“ die von Verlagen erstellten Inhalte ausnutzen, um auf den eigenen Seiten Erlöse über Werbeeinnahmen zu generieren. Auf politischer Ebene konnten die Verleger bereits Erfolge verbuchen, eine entsprechende Reglung hat im letzten Jahr den Weg in den Koalitionsvertrag der Regierung aus CDU/CSU und FDP gefunden.

Abseits der verlagsnahen Branchenverbände stößt das Vorhaben auf breiten Widerstand. Den beteiligten Verlagen wird unter anderem vorgeworfen, die Sprache monopolisieren zu wollen und die Informationslandschaft im Internet zu gefährden. So wird etwa bei carta.info auf die weitreichenden Folgen verwiesen, die im Hinblick auf die Ausbalancierung der Interessen von Autoren, Verlegern und Nutzern im Urheberrecht vorgenommen wurden und die durch das Leistungsschutzrecht in ein bedenkliches Spannungsverhältnis geraten. Ökonomisch ziele das Leistungsschutzrecht zudem darauf ab, Verlage mittels einer Quersubventionierung über andere Branchen zu finanzieren, was einer marktwirtschaftlichen Systemwidrigkeit entspreche. Darüber hinaus wird auf die Lage von freien Journalisten aufmerksam gemacht, die durch die geplante Reglung jegliche Rechte an den von ihnen erstellten Inhalten an die Verleger abgeben müssen. Eine ausführliche Beschreibung bieten der Journalistenverband Freischreiber sowie der Medienjournalist Stefan Niggermeier in seinem Blog. Ebenso kritisch reagiert das Projekt iRights.info, das einen Entwurf für das Leistungsschutzrecht der Presseverleger veröffentlichte und neben genannten Kritikpunkten auf juristisch unklare Formulierungen in der aktuellen Fassung hinweist.

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