Cities in Motion im Test: Eine Verkehrssimulation, die Spaß macht

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Sasan Abdi
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CiM auf einen Blick

Das Spielprinzip von „Cities in Motion“ (CiM) fällt auf den ersten Blick denkbar einfach aus: Der Spieler erhält die Möglichkeit, den Nahverkehr von einer von vier großen europäischen Metropolen zu verantworten. Allerdings wird schnell klar, dass eine solche Aufgabe selbst im Rahmen einer PC-Simulation spätestens auf den zweiten Blick durchaus anspruchsvoll ist.

Zu Beginn geht sich diese Mammut-Aufgabe jedoch noch verhältnismäßig locker an. In der Stadt der Wahl existiert de facto nur Pkw-Verkehr, sodass man zunächst abwägen muss, mit was für einem Angebot man den ÖPNV für die Bevölkerung attraktiv gestalten möchte. Neben Bussen und Straßenbahnen stehen dabei im späteren Verlauf auch U-Bahnen und weniger konventionelle Transportvehikel wie Wassertaxis und Hubschrauber zur Verfügung.

Wegen des begrenzten Budgets fallen die Möglichkeiten zu Beginn eingeschränkt aus, sodass, wer sich nicht gleich in Schulden stürzen möchte, zunächst eine kleine Buslinie einrichten wird. Bereits an diesem Vorgang lässt sich das Standard-Vorgehen in CiM bestens beschreiben: In einem ersten Schritt muss abgewogen werden, welche Bevölkerungsgruppe von dem Angebot angesprochen werden soll. Sollen beispielsweise Angestellte von ihren Wohnungen zum Arbeitsplatz transportiert werden? Oder soll die neue Linie Touristen mittels eines von einem Hotel aus startenden Rundkurses zur Stadterkundung einladen? Oder sollen Vorstadt-Menschen zum Shopping oder Studenten zur Universität gekarrt werden? Zur Klärung dieser Fragen kann in „Cities in Motion“ auf eine einfache aber informative Ansicht zurückgegriffen werden, die über Filter erlaubt, die jeweiligen Vorlieben und Gegenden der unterschiedlichen Zielgruppen zu erkunden.

Auf Basis dieser kleinen Recherche ist im Handumdrehen eine Route ermittelt, die dann in einem zweiten Schritt mit Haltestellen bestückt werden kann. Bei diesen kann man wiederum von der günstigen aber windigen und dadurch wenig attraktiven Standard-Haltestelle bis zum in der Anschaffung und Wartung teuren Deluxe-Wartehäuschen wählen. Sind die Stopps gesetzt, müssen sie nur über das Linien-Tool miteinander verbunden werden.

Ist die neue Route soweit gediegen, geht es an den Fahrzeugkauf. Hier stehen je nach Jahreszahl – in der Kampagne kann im Zeitraum von 1920 bis 2020 gespielt werden – unterschiedlich viele Gefährte zur Verfügung, die sich nach Gesichtspunkten wie Passagieranzahl, Geschwindigkeit, Energieverbrauch, Störanfälligkeiten und natürlich den Anschaffungskosten unterscheiden. Auch an dieser Stelle muss man wieder strategisch entscheiden: Eine Vorstadt-Linie profitiert eher von schnellen, kleinen Gefährten, während die große Metro-Linie über ordentliche Kapazität verfügen sollte, wohingegen die Geschwindigkeit aufgrund von Stop-and-Go zu vernachlässigen ist.

„Cities in Motion“-Linien-Erstellung
„Cities in Motion“-Linien-Erstellung

Bereits an dieser Stelle zeigt sich, dass eine solide Verkehrsplanung auch im Rahmen einer auf Spaß ausgelegten PC-Simulation ausgewogene, durchdachte Entscheidungen erfordert. In dieser Hinsicht entfaltet CiM somit bereits eine der wirklich wichtigen Stärken einer Simulation: Wer einfach drauf los baut, wird schnell pleitegehen, da man sich der nicht übermäßigen aber doch vorhandenen Komplexität stellen muss, um erfolgreich Spielen zu können.

Doch ist es mit der Erstellung von unterschiedlichen Linien längst nicht getan. Eigentlich beginnt erst dann die Haupttätigkeit des wackeren CiM-Spielers, denn die geschaffene(n) Linie(n) wollen natürlich profitabel gehalten werden. Zum einen muss dazu immer wieder auf die zumeist wachsende, manchmal aber auch sinkende Nachfrage reagiert werden, sodass bei der Wahl und der Anzahl der einzusetzenden Fahrzeuge immer wieder nach einem guten Durchschnitt gefahndet werden muss; zum anderen müssen die Fahrpreise und Gehälter je nach gesamtwirtschaftlicher Lage reguliert werden, wobei insbesondere ersteres über den (Miss-)Erfolg der Linien bzw. des gesamten Unternehmens entscheidet. Darüber hinaus kann auch jederzeit eine Marketingkampagne gestartet werden, wobei unterschiedliche Kanäle – beispielsweise Radio, Fernsehen oder Internet – unterschiedliche Kundengruppen ansprechen, was eine gezieltere Steuerung der Investitionen erlaubt.

CiM-Metropolen: Von Amsterdam bis Wien
CiM-Metropolen: Von Amsterdam bis Wien

Und so besteht „CiM-Spielen“ im Großen und Ganzen aus einer ganzen Kette von Aktion-Reaktion-Zusammenhängen, wobei natürlich im Hintergrund stets das Ziel steht, den Gewinn des Unternehmens zu mehren, um diesen wiederum in neue Linien und Strecken investieren zu können. Der Schwierigkeitsgrad variiert dabei sinnvoll: Auf „Einfach“ werden auch lernbereite Anhänger in einer fiktiven Kleinstadt glücklich werden und auch Simulatiunsveteranen werden auf „Schwer“ im Gewusel von Metropolen wie Berlin oder Helsinki bestens gefordert.

Bemerkenswert ist bei diesem Spielprinzip, dass es nicht langweilig wird. Und das, obwohl eine entsprechend Befürchtung durchaus naheliegt: „Cities in Motion“ hat keinerlei Computer-Gegner zu bieten und verfügt obendrein auch nicht über einen Mehrspielermodus. Und auch die Kampagnen und Missionen gehen nur in sehr engem Rahmen über das freie Sandbox-Spiel hinaus: Hier gibt es konkretere Ziele und mehr Missionen. Letztere sind allerdings stets nur – zum Teil ironisches – Beiwerk, bei dem man beispielsweise das Haus des Bürgermeisters per ÖPNV ans Stadtzentrum anschließen oder eine extra lange Buslinie etablieren soll, um so geheime Agententreffen zu ermöglichen. Zur Art dieser, mit einem Augenzwinkern gestellten Aufgaben gehört es, dass man sie jederzeit ausschlagen kann, da einem schlimmstenfalls nur ein wenig Geld sowie Ansehen durch die Lappen gehen.

Unterm Strich hört sich all das inhaltlich aber unbestreitbar eher dünn an, sodass die Frage naheliegt, inwieweit CiM für Langzeitmotivation sorgen kann. Diese sehr essentielle Frage soll im Fazit noch einmal aufgegriffen werden.

Weitere visuelle Eindrücke aus „Cities in Motion

Technisch weiß „Cities in Motion“ übrigens zu gefallen. Im Rahmen von gut 15 Stunden Spielzeit gab es keinen Absturz zu beklagen und auch sonst scheinen die Spieleelemente allesamt gewissenhaft implementiert worden zu sein, auch wenn die Verbindung von einzelnen Haltestellen zu einer Linie manchmal etwas hakelig vonstatten geht. Die Grafik ist für eine Simulation ansehnlich geglückt – in den detailreich animierten CiM-Städten wuselt es nur so, wobei sich eine mangelhafte Routenführung schnell in Trauben unzufriedener Menschen niederschlägt. Schade ist aber, dass weder ein Tag-Nacht-Wechsel noch unterschiedliche Jahreszeiten vorhanden sind, denn beides hätte zu noch mehr Spieltiefe bzw. -varianz beitragen können.

Wichtig ist bei all dem Lob für die technische Umsetzen aber, dass der Titel überraschend hardwarehungrig ist: Auf unserem Testsystem lief CiM bei maximalen Details in einer Auflösung von 1680 x 1050 bei noch vertretbaren 25-30 Bildern pro Sekunde.

In Sachen Kopierschutz setzen die Verantwortlichen auf eine Steam-Aktivierung, die eine Internetverbindung sowie einen entsprechenden, kostenlosen Account voraussetzt.

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Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.