Neue Studie: 560.000 Deutsche internetsüchtig

Jirko Alex
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Wie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, in einer aktuellen Pressemitteilung bekannt gibt, wird die Zahl der als internetsüchtig eingestuften Personen in Deutschland auf über eine halbe Million Menschen geschätzt. Weitere 2,5 Millionen Personen der relevanten Zielgruppe seien zudem gefährdet.

Die Ergebnisse der Studie „Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA I)“ (Endfassung als PDF-Version) beschreiben damit ein erschreckendes Bild der deutschen Internetgesellschaft. Durch die Befragung von über 15.000 Personen im Alter zwischen 14 und 64 Jahren per Telefon wurde festgestellt, dass gut ein Prozent der Befragten in die Gruppe der Abhängigen einzuordnen seien. Dies wurde anhand von Merkmalen bestimmt, die den Befragten aufgrund ihrer Antworten zugeschrieben werden konnten. Es wurde dabei unter anderem hinterfragt, ob man die Kontrolle über die Zeit, die man im Internet verbringt, verliere, unter Entzugserscheinungen oder Missstimmung, Angst, Reizbarkeit oder Langeweile leide, wenn man nicht im Internet ist oder das Internet nutzt, um schlechten Gefühlszuständen zu entrinnen.

Dabei zeigte sich, dass besonders unter jungen Menschen die Abhängigkeit vom Internet besonders groß ausgeprägt zu sein scheint. Während insgesamt nur etwa ein Prozent der Personen in der Gruppe der 14- bis 64-Jährigen als abhängig gelten, steigt die Prävalenz in der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen auf 2,4 Prozent und bei den 14- bis 16-Jährigen gar auf 4,0 Prozent. Erschreckend ist hierbei auch, dass in der letztgenannten Altersgruppe vor allem Mädchen als abhängig gelten. Gegenüber der Verteilung in der relevanten gesamten Altersgruppe (14 bis 64 Jahre), in der stets etwas mehr Männer als Frauen als internetabhängig gelten, sind es bei den Jüngsten 4,9 Prozent der Mädchen gegenüber 3,1 Prozent der Jungen. Insbesondere die Affinität zu sozialen Netzwerken, deren Nutzung bei Frauen ausgeprägter ist als bei Männern, könnte hierfür eine Erklärung liefern.

Neben den als vermutlich abhängig eingestuften Personen gibt es eine bedeutend größere Zahl, deren Internetnutzung als problematisch eingestuft wird. In diese Gruppen fallen etwa 4,6 Prozent der Befragten (4,4 Prozent der Frauen, 4,9 Prozent der Männer), unter den jüngeren Altersgruppen sind es gar 13,6 Prozent (14- bis 24-Jährige, 14,8 Prozent Frauen, 12,4 Prozent Männer) beziehungsweise 15,4 Prozent (14- bis 16-Jährige, 17,2 Prozent Frauen, 13,7 Prozent Männer). Auch hier zeigt sich eine deutliche höhere Problematik unter jungen Frauen. „Wir vermuten, dass Mädchen und junge Frauen besonders empfänglich sind für die Bestätigungen, die man in sozialen Netzwerken findet, und dadurch auch eher eine Abhängigkeit entwickeln können“, erklärt Dr. Hans-Jürgen Rumpf von der Universität Lübeck, einer der Verfasser der Studie. „Das genaue Ausmaß dieser Störungen können wir aber erst in vertiefenden Befragungen untersuchen“, so Rumpf weiter.

Dyckmans kündigte als Ergebnis der Studie an, dass sie sich dem Thema, wie Internet- und Computerspielsüchtige behandelt werden können, verstärkt widmen will. Dabei will sie auch prüfen, inwieweit die Suchtgefährdung in die Altersbewertung von Spielen eingehen sollte. Der Studie soll eine weitere Arbeit im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit folgen, in der durch klinische Interviews detailliertere Daten zur Verbreitung und Diagnose von Internetabhängigkeit gewonnen werden sollen.