Vorratsdaten: EU-Verfahren gegen Deutschland

Andreas Frischholz
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Die EU-Kommission hat Deutschland aufgefordert, binnen zwei Monaten die EU-Vorschrift zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Das ist bereits die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens, nachdem die EU-Kommission im Juni ein erstes Aufforderungsschreiben verschickt hatte.

Das deutsche Justizministerium hatte der Kommission im August mitgeteilt, dass ein Vorschlag zur Umsetzung der Richtlinie erstellt wurde, der innerhalb der Ministerien geprüft wird. Dieser Vorgang führte allerdings zu einem Konflikt zwischen der liberalen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und dem konservativen Innenminister Hans-Peter Friedrich, die sich bislang auf keine Lösung einigen konnten. Der genaue Stand der Verhandlungen zwischen Deutschland und der EU ist allerdings nicht bekannt, diese finden weitestgehend außerhalb der Öffentlichkeit statt.

Falls das erwähnte Mahnschreiben der Kommission zu keinem Ergebnis führt, so liegt es in ihrem Ermessen, vor dem EuGH eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 258 AEUV gegen Deutschland einzureichen. Erginge dann ein Feststellungsurteil im Sinne der Europäischen Kommission, so würde dieses Deutschland zur unverzüglichen Umsetzung der Richtlinie verpflichten. Geschieht dies nicht, so kann der EuGH erneut von der Kommission angerufen werden. Stellt dieser dann die Nichtbefolgung seines Urteiles fest, so ist nach Artikel 260 AEUV die Verhängung eines Zwangs- und/oder Pauschalgeldes vorgesehen.

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten (2006/24/EG) wurde 2006 angenommen und hätte bis zum 15. September 2007 in innerstaatliches Recht umgesetzt sein müssen. Die in Deutschland ab dem Jahr 2008 geltende gesetzliche Reglung wurde allerdings im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben, da diese die Grundrechte verletzt. Neben Deutschland erhielt noch Rumänien eine Aufforderung zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Das rumänische Verfassungsgericht hatte die bestehende Reglung ebenfalls einkassiert.

Die Initiative Digitale Gesellschaft fordert nun die Bundesregierung dazu auf, aktiv gegen die EU-Richtlinie vorzugehen. Diese soll „in Brüssel dafür sorgen, dass die anlasslose Totalprotokollierung unserer Verbindungs- und Standortdaten gestoppt wird“, erklärt der Vorsitzende Markus Beckedahl. Die Vorratsdatenspeicherung stelle die Bürger unter Generalverdacht und verstößt damit die europäische Grundrechtcharta.

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