Amazon nutzt Gesetzeslücke für „unbezahlte“ Praktika

Jirko Alex
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Amazon nutzt eine Lücke im deutschen Sozialgesetzbuch, um befristet angestellte Saisonarbeiter jährlich neu in eine Einarbeitungsphase zu schicken. Dadurch spart sich das Unternehmen pro Person für zwei Wochen die Leistungen für diese Angestellten. Stattdessen müssen die Jobcenter ran.

Das Prozedere ist dabei im Kern sehr einfach: Amazon stellt jedes Jahr etwa zu Weihnachten zusätzliche Saisonarbeiter ein. Diese müssen zuerst eine „Maßnahme zur Aktivierung und berufliche[n] Eingliederung“ absolvieren, eine Art Einarbeitungsphase. Von den sechs Wochen dieser Phase muss Amazon vier Wochen lang alle Leistungen selbst übernehmen, die restlichen zwei Wochen werden von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter bezahlt. Das ist soweit auch vom Gesetzgeber gewollt, um die Einstellung neuer Arbeitskräfte zu befördern.

Amazon macht sich allerdings eine Lücke im Gesetz zu Nutze. Das Online-Versandhaus stellt jedes Jahr Saisonarbeiter ein, die ohne Ausnahme in diese Einarbeitungsphase geführt werden. Schätzungsweise sollen aber etwa die Hälfte der 9.000 Saisonarbeiter jedes Jahr aufs Neue für Amazon arbeiten und müssten damit nicht angelernt werden. Dennoch würden auch sie erst dann einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen, wenn sie an der Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung teilgenommen haben.

Spiegel Online gegenüber teilte eine Sprecherin der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Agentur für Arbeit mit, dass es nicht vorgesehen sei, „dass Kunden mehrere Maßnahmen hintereinander beim selben Arbeitgeber machen“. Es handele sich hierbei vielmehr um einen Fehler, der korrigiert werden müsse. Wie viele Saisonarbeiter bereits mehrmals in eine solche Einarbeitungsphase geschickt wurden, wollte Amazon bisher nicht kommentieren.

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