Neuartige Anoden sollen Akkulaufzeiten verzehnfachen

Patrick Bellmer
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In vielen Bereichen der Informationstechnik gibt es fast wöchentlich Neuerungen zu berichten, in der Regel geht es dabei um kompaktere, günstigere oder schnellere Komponenten. Einzig bei einem der wichtigsten Bauteile für mobile Geräte wie Smartphones oder Notebooks, dem Akku, stagniert die Entwicklung seit einiger Zeit.

Dabei steigen die Anforderungen an den wiederaufladbaren Energiespeicher stetig an. Denn größere Handy-Displays, schnellere Prozessoren oder immer mehr Sensoren benötigen immer mehr elektrische Energie, wobei gerade bei Smartphones oftmals schon nach weniger als zwei Tagen eine Steckdose dringend erforderlich ist.

Dies soll sich nach Ansicht von Forschern der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois aber in drei bis fünf Jahren maßgeblich ändern. Das Team rund um Harold Kung hat eine Möglichkeit gefunden, wie die Kapazität gesteigert und gleichzeitig die Ladezeit verkürzt werden kann. In einer Zusammenfassung ihrer Forschung beschreiben sie die dafür notwendigen Veränderungen an einem einzigen Bauteil eines Lithium-Ionen-Akkumulators.

Dabei handelt es sich um die Anode, eine von zwei benötigten Elektroden. Bisher besteht diese aus Graphen, einer zweidimensionalen, wabenförmigen Form des Kohlenstoffs. An diesem docken die namensgebenden Lithium-Ionen an. Wird Energie benötigt, wandern die Ionen zur Kathode. Die von Kung und seinen Mitarbeitern entwickelte Neuerung sieht nun vor, bei der Konstruktion der Anode nicht mehr nur Graphen, sondern zusätzlich auch Silizium zu verwenden, wodurch die Kapazität des Akkus gesteigert wird.

Denn durch diese Modifikation können an ein Siliziumatom vier Lithium-Ionen andocken, bislang benötigt ein solches sechs Kohlenstoffatome. Graphen wird dabei in der neuen Anode lediglich zum Stabilisieren des Siliziums benötigt, da dieses ansonsten zu großen strukturellen Veränderungen ausgesetzt wäre. Gleichzeitig „verbauen“ die Forscher sogenannte „in-plane defects“ – Löcher mit einem Durchmesser von zehn bis 20 Nanometern – in die Graphen-Schichten ein. Dadurch wird der Weg für die sich zur Anode zurück bewegenden Lithium-Ionen deutlich kürzer, was im Umkehrschluss geringe Ladezeiten verspricht.

Hung zufolge werden mit dieser neuen Anode sowohl die Kapazität verzehnfacht als auch die Ladezeit um den Faktor zehn verkürzt. Dem Forscher zufolge ist die Kapazität selbst nach 150 Ladezyklen immer noch fünfmal so hoch wie einem derzeit üblichen Lithium-Ionen-Akku. Als nächstes sollen die Eigenschaften von veränderten Kathoden untersucht werden. Auf diesem Wege verspricht man sich weitere Effektivitätssteigerungen.