Anno 2070 im Test: Die Zukunft siedelt wie das Mittelalter

 4/4
Sasan Abdi
138 Kommentare

Fazit

Related Design und Ubisoft gehen mit dem neuen „Anno“ einen zweifellos mutigen Schritt. Von offizieller Seite wäre es viel bequemer gewesen, es beim altbekannten und -beliebten Setting zu belassen und neben ein paar neuen Features vor allem eine visuelle Überarbeitung zu liefern. In diesem Fall hätte man sich aber höchstwahrscheinlich – und zurecht – einige Kritik eingefangen.

Doch auch eine mutige Weiterentwicklung ist nicht frei von Gefahren. So ist durchaus verständlich, dass sich manche Puristen in der „Anno“-Anhängerschaft einfach nicht mit dem neuen Setting anfreunden können. Verständlich deswegen, weil „Anno 2070“ wie eine unbekannte Frucht ist: Man muss sich trotz aller berechtigten Skepsis darauf einlassen – und kommt dann wahrscheinlich sehr schnell auf den Geschmack.

Ermöglicht wird dies durch eine zwar radikale, aber zugleich doch schonende Weiterentwicklung. Klar, das neue Setting, die neuen Warenkreisläufe und vor allem die neuen Fraktionen haben massive Auswirkungen auf das Spielerlebnis. Trotzdem bleibt auch „Anno 2070“ beim Blick auf die grundsätzliche Mechanik der Reihe treu, sodass man sich eigentlich nur auf neue Parametern, nicht aber auf ein völlig neues „Anno“ einlassen muss.

Da die besagten Parameter allesamt ordentlich umgesetzt wurden (hervor zu heben sind insbesondere die neuen Fraktionen), bleibt unterm Strich trotz einer mauen Kampagne und kleinen Kinderkrankheiten im Online-Modus nur folgende Empfehlung: Wer das Genre mag, kommt um „Anno 2070“ nicht herum.

Anno 2070 im Test

Persönliches Fazit von Wolfgang Andermahr
Anno 2070 ist im Kern ein klassisches Anno. Und das ist auch gut so. Nachdem das Spiel angekündigt wurde, herrschte vielerorts große Skepsis, die aber unbegründet gewesen ist. Denn schlussendlich hat sich so einiges geändert, das eigentliche Spiel aber nicht. Ganz im Gegenteil, denn Anno 2070 schafft es wie der Vorgänger Anno 1404 problemlos Stunden zu Minuten werden zu lassen – und das schaffen nicht viele Spiele.

Mir persönlich gefällt das Zukunftsszenario außerordentlich gut. Es funktioniert genauso gut wie die Vergangenheit, bringt mit der Umwelt allerdings einen neuen, interessanten Aspekt ins Spiel. Zu gefallen wissen die drei unterschiedlichen Parteien, wobei jedoch ausgerechnet das interessanteste Volk, die unter Wasser arbeitenden „Techs“, nicht weit genug ausgearbeitet wurden. Hier wird Potenzial verschenkt.

Aber wie auch immer, Anno 2070 ist ein klassisches Anno geblieben. Wer die Vorgänger mochte, wird genauso gefallen an Anno 2070 finden können und wem die Vorgänger nicht gefallen haben, für den wird auch Anno 2070 nichts sein. Das Szenario ändert am eigentlichen Spiel erstaunlich wenig, denn der generelle Aufbau und die Warenkreisläufe sind nur ausgetauscht, funktionieren aber immer noch gleich (gut). Oder in weniger Worten: Kaufen, Spielen und Spaß haben – Anno 2070 ist toll!

Persönliches Fazit von Patrick Bellmer
Wo „Anno“ drauf steht, ist Mittelalter drin. Diese einfache Formel geht mit dem neuesten Teil der Reihe nicht mehr auf, mit dem fünften Ableger verlässt Ubisoft das mittlerweile ausgelutschte Setting und wagt sich auf in neue Welten. Dass man sich dabei nur ein wenig in unsere Zukunft gewagt hat, ermöglicht einerseits die Einbindung heutiger Probleme (Stichwort Klimawandel), andererseits hat man damit die Chance vertan, einen echten Neustart zu vollziehen.

Denn nach mittlerweile 13 Jahren fehlen die wirklich großen und bahnbrechenden Neuerungen. Am wesentlichen Spielprinzip hat sich nur wenig geändert, noch immer liegt der Schlüssel zum Erfolg in der sinnvollen Besiedlung verschiedener Inseln mit ihren jeweils eigenen Ressourcen. Daran ändern die beiden spielbaren Fraktionen nichts, die Unterschiede zwischen den „Ecos“ und „Tycoons“ sind prinzipiell nur optischer Natur. Hier haben Related Design und Ubisoft eine große Chance vertan, beispielsweise hätte eine wirklich dynamisch auf das Handeln des Spielers reagierende Umwelt für deutlich mehr Spannung und vor allem einen höheren Schwierigkeitsgrad gesorgt.

So bleibt es am Ende bei einem immer noch guten Endlosmodus, der insbesondere mit mehreren menschlichen Mitspielern für sehr viel Spaß sorgt, sowie einer – vorsichtig ausgedrückt –schlechten Kampagne, die mit ihrer Präsentation eher Teenager als Erwachsene ansprechen soll.

Weniger dem Spiel an sich sondern eher Ubisoft ist jedoch etwas anderes anzulasten: Wie schon in den vergangen Monaten hat der französische Provider arg mit seinen Servern zu kämpfen. Schon am ersten Wochenende häuften sich die Klagen über nicht erreichbare Anmelde-Server sowie nicht funktionierende Online-Services. Hier sollte man nochmals überdenken, ob der Kopierschutz wirklich so viel höher als die Zufriedenheit der Käufer zu bewerten ist.

Kopier- & Jugendschutz

„Anno 2070“ funktioniert über einen kostenfreien uPlay-Account. Zur Aktivierung wird einmalig zwingend eine Internetverbindung benötigt. Danach kann der überwiegende Teil des Einzelspielers offline gespielt werden; einige Funktionen wie Weltereignisse sind dann aber nicht verfügbar. Eine solche Konzeption hat zwar zum Vorteil, dass keine DVD im Laufwerk liegen muss und Patches automatisch und zeitnah aufgespielt werden; ein Wiederverkauf wird dadurch aber genauso wie bei anderen Plattformen quasi unmöglich gemacht.

In Sachen Jugendschutz gilt es zu erwähnen, dass das Spiel von der USK die Einstufung „ab 6“ erhalten hat.

Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.