„Niemand kommt in den Laden und fragt nach Windows Phone“

Patrick Bellmer
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Die erfolgreiche Trendwende rückt für Nokia in immer größere Ferne. Nachdem der finnische Handy-Hersteller erst in der vergangenen Woche eine Gewinnwarnung aufgrund eines halbierten Smartphone-Absatzes herausgeben musste, hat nun auch der Kurs der Nokia-Aktie den tiefsten Stand seit 15 Jahren erreicht.

Einer der Gründe dafür ist die erneute Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens aufgrund der schlechten Zukunftsaussichten. Und diese sind vor allem auf die schlechten Verkäufe zurückzuführen, insbesondere in Bezug auf die Lumia-Familie. Diese werden von europäischen Mobilfunkanbietern als zu teuer und nicht konkurrenzfähig bezeichnet. „Wenn sie den Preis senken könnten, könnten wir unserer Meinung nach mehr verkaufen.“, so der Sprecher eines nicht näher benannten Providers.

Allerdings sollen nach Ansicht von Marktbeobachtern nicht nur die Verkaufspreise eine Rolle spielen; auch das in den Augen vieler unzureichende Marketing seitens Nokia sowie die geringe Popularität von Windows Phone spiele eine große Rolle. „Aber selbst wenn die Provider die Nokias umsonst abgeben würden, würde dies für Nokia nicht zum Erfolg führen.“, wie der Berater John Strand die Situation zusammenfasst.

Das Problem: „Niemand kommt in den Laden und fragt nach Windows Phone.", wie ein hochrangiger Manager eines europäischen Mobilfunkunternehmens die Lage beschreibt. Und weiter: „Nokia hat sich selbst eine doppelte Herausforderung gestellt: Das Wiederherstellen des Rufs als Hersteller von Smartphones und erfolgreich mit Microsofts Betriebssystem sein, welches sich am Markt nicht durchsetzen kann.“. Letzteres liege vor allem an der nicht ausreichenden Bewerbung der Plattform. Diese verfüge über zahlreiche gute Funktionen, die aber nur die wenigsten kennen würden – womit sich der Kreis schließt.

Wenn das Lumia mit der gleichen Hardware und Android anstelle von Windows herausgekommen wäre, wäre es deutlich einfacher zu verkaufen.“, so der Manager. Diese These wird dabei nicht zum ersten Mal aufgestellt. Schon mehrfach wurde Nokia in den vergangenen Monaten für die Festlegung auf Windows Phone und das Ignorieren Androids kritisiert. Dabei wird allerdings oftmals vergessen, dass für diese Wahl vor allem finanzielle Abwägungen entscheidend waren. Denn Microsoft war zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach einem Hardware-Partner und war bereit, Millionenbeträge in die Zusammenarbeit zu investieren. Ein Vorteil, den es so bei Android nicht gegeben hätte.

Letztendlich könnte es allerdings soweit kommen, dass sich die großen Mobilfunkanbieter von Windows Phone und somit auch von Nokia abwenden. Über diese würden je nach Region 50 bis 90 Prozent aller Geräte an den Endkunden verkauft werden. Allerdings sind die Provider auf der Suche nach einer starken Alternative zu Android und iOS, um deren Vorherrschaft zu brechen und so bessere wirtschaftliche Bedingungen schaffen zu können.

Schlussendlich sind Nokia und Windows Herausforderer und sie müssen entweder mit einem wirklich durchschlagenden, innovativen Produkt oder einem riesigen Marketingbudget auf den Markt kommen. Bislang war beides nicht der Fall.

Entscheidend dürften dabei die kommenden zwei Quartale werden. Für das laufende Vierteljahr rechnet Nokia mit keinem Wachstum gegenüber den Vorjahreszeitraum, erst im Herbst soll langsam Besserung bevorstehen. Bis dahin dürften die Lumia-Modelle auf den wichtigsten Märkten verfügbar sein. Sollte sich dann noch immer kein Erfolg abzeichnen, dürften die Finnen zu einem potentiellen Übernahmekandidaten mutieren.

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