EU-Parlament lehnt ACTA endgültig ab

Update Volker Rißka
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Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie, ACTA, ist vom Tisch. Durch die Ablehnung des EU-Parlaments kann es in der EU nicht rechtskräftig werden. Zum ersten Mal hat das Parlament von seinem im Lissabon-Vertrag verankerten Recht Gebrauch gemacht und ein internationales Handelsabkommen abgelehnt.

Im letzten Dezember stimmten 27 Regierungschefs der EU noch einhellig dafür, am Ende war es jedoch mehr als deutlich: 478 Parlamentarier stimmten gegen ACTA, 39 dafür. 165 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Das Ergebnis der Abstimmung hat zur Folge, dass weder die EU noch einzelne Mitgliedstaaten dem Abkommen beitreten können. ACTA, das von der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten, den USA, Australien, Kanada, Japan, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, Südkorea und der Schweiz ausgehandelt wurde, sollte die internationale Gesetzgebung bei der Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie verschärfen.

Während die Abgeordneten im Sitzungssaal noch eine mögliche Zustimmung zu ACTA diskutierten, appellierten tausende EU-Bürger an sie, ACTA abzulehnen. Die Diskussionen nahmen auf dem Weg zur Ablehnung am heutigen Tage die unterschiedlichsten Formen an: Straßendemonstrationen, Emails an Abgeordnete und Anrufe in deren Büros. Das Parlament erhielt ferner ein Petitionsschreiben, in dem 2,8 Millionen Unterzeichner weltweit die Abgeordneten aufriefen, ACTA ihre Zustimmung zu verweigern.

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Mittlerweile liegt auch eine Stellungnahme des Branchenverbands Bitkom vor, der in Deutschland nach eigenem Bekunden mehr als 1.700 Anbieter von Software und IT-Services, Telekommunikations- und Internetdiensten sowie Hersteller von Hardware und Consumer Electronics und Unternehmen der digitalen Medien vertritt:

Im Ausgangspunkt sollte ACTA international einheitliche Mechanismen entwickeln, um grenzüberschreitend gegen Plagiate von physischen Produkten vorgehen zu können – sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich. Die Regelungen wurden auf Schutzrechtsverletzungen im digitalen Bereich erweitert. Bitkom unterstützt zwar das Vorgehen gegen Produktpiraterie. Plagiate, die auf dem Postweg oder in Containern nach Deutschland eingeführt werden, benötigen allerdings andere Mechanismen als digitale Urheberrechtsverletzungen. Daher bietet sich eine separate Behandlung beider Themen an.

In der aktuellen Fassung von ACTA haben wir nur wenige Angriffspunkte gesehen. Die meisten dort genannten Verpflichtungen werden von Deutschland bereits erfüllt, und ACTA hätte nichts Wesentliches am deutschen Recht geändert.

Geistiges Eigentum muss international geschützt werden. Ein internationaler Konsens im Vorgehen gegen Produktpiraterie ist weiterhin dringend notwendig, weil nationales Recht allein heutzutage wenig hilft. Maßnahmen gegen Piraterie im Internet dürfen dabei Grundrechte wie das Fernmeldegeheimnis und die Informationsfreiheit nicht gefährden. Zudem müssen sie verhältnismäßig sein.