Österreich: Überlegungen zur Nutzung der VDS gegen Filesharer

Maximilian Schlafer
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Im Justizausschuss des österreichischen Parlamentes fand am gestrigen Tage eine Sitzung zum Thema Vorratsdatenspeicherung statt. Im Verlauf dieser verlautbarte ein hochrangiger Beamter des Justizministeriums, dass im Zuge einer Urheberrechtsreform auch die Nutzung von Daten aus der VDS zur Filesharing-Verfolgung im Raum stehe.

Die Ausschusssitzung fand auf Betreiben der Bürgerinitiative Arbeitskreis Vorrat – sie hat die Abschaffung der VDS-Richtlinie der EU zum Ziele - statt, die in Österreich bislang über 100.000 Unterschriften gegen die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung gesammelt hat und auch beim dortigen Verfassungsgerichtshof eine entsprechende Beschwerde eingebracht hat. Als Hauptargument wird der massive Eingriff in die bürgerlichen Grundrechte genannt, der als nicht verhältnismäßig angesehen wird.

Im Verlauf der erwähnten Sitzung kamen unter anderem die sogenannten Rechtsschutzbeauftragten des Innenministeriums und des Justizministeriums zu Wort. Sie sind jene Personen, die vom Sicherheitspolizeigesetz nach Paragraph 91a „zur Wahrnehmung des besonderen Rechtsschutzes [der Betroffenen; Anm. d. Red.] im Ermittlungsdienst“ vorgesehen sind. Sie gaben Auskunft über die Anzahl der bisherigen Anfragen (allesamt betreffend „schwerer Straftaten“) und wie diese begründet waren. Von einem Vertreter des AK Vorrat wurde ihnen jedoch ein einseitiges, ministeriumsfreundliches Auftreten attestiert, dass er angesichts ihrer Funktion als enttäuschend empfinde. Von Seiten des Ministeriums liegen dazu keine Äußerungen vor.

Weiterhin äußerte der Arbeitskreis seine massiven Bedenken, dass eine Ausweitung der Nutzung der im Zuge der VDS erfassten Datensätze zu befürchten sei. So soll – einer Aussage des AK und einem Bericht des ORF-Spartensenders FM4 zufolge – der Sektionschef des Justizministeriums zu Protokoll gegeben haben, dass es durchaus Überlegungen gebe, bei der anstehenden Novellierung des österreichischen Urheberrechtes die gesammelten Vorratsdaten zur Rechtsdurchsetzung zu verwenden. Dann müssten beispielsweise Filesharer damit rechnen, dass bei Verdacht einer Urheberrechtsverletzung ihre IP-Adresse und ihre Verbindungsdaten zur Durchsetzung der Schutzinteressen der Rechteinhaber genutzt werden.

Wie sich das weiter entwickeln wird, dürfte sich im kommenden Jahr herausstellen, wenn die ersten Entwürfe für die Urheberrechtsnovelle ausgearbeitet worden sind.

Neben dem Arbeitskreis Vorrat kamen auch noch andere Institutionen und Organisationen zu Wort, so etwa das Ludwig-Boltzman-Institut für Menschenrechte, das Wiener Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie oder die österreichische Datenschutzkommission.

Der Vertreter des Ludwig-Boltzman-Institutes bekundete seine Unterstützung für die kritische Betrachtung der VDS, denn gerade in Österreich befinde sie sich im Widerspruch zur grundsätzlich geltenden Unschuldsvermutung. Man dürfe die Kontrolldichte und das Eingriffspotenzial, das durch die Datensammlung entstünden, nicht unterschätzen.

Der Abgesandte des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie hinterfragte die Wirkung von Anti-Terror-Gesetzen; seiner Ansicht nach sei deren Erfolg vermutlich vernachlässigbar. Das begründet er so, dass zwar viele Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, da die Gesetze eine Auswahl an Überwachungsmaßnahmen bereitstellen, die daraus resultierenden Anklagen und Verurteilungen dazu aber nicht wirklich in Relation stehen. Anti-Terror-Gesetze sollten daher nur befristet beschlossen und regelmäßig evaluiert werden.

Ins selbe Horn stieß auch die Vertreterin der Datenschutzkommission, die meinte, dass der Mehrwert der VDS bei der Kriminalitätsbekämpfung derzeit nicht erwiesen sei. Es bestünden momentan keine wirklich belastbaren Daten, die eine positive Wirkung der VDS zweifelsfrei untermauern könnten.