WYSIWYG für Wikipedia-Autoren

Ferdinand Thommes
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Bereits vor ziemlich genau einem Jahr wurde der visuelle Editor der Wikimedia Foundation erstmals getestet. Die damalige Implementierung erwies sich jedoch als nicht brauchbar und musste komplett neu geschrieben werden. Im Sommer dieses Jahres wurde ein Prototyp vorgestellt, der in Zusammenarbeit mit der Firma Wikia entstand.

Die Wikimedia Foundation priorisiert das Vorhaben eines visuellen Editors seit längerem, weil ein solcher für die Online-Enzyklopädie Wikipedia neue Mitarbeiter für das Projekt gewinnen könnte. Bisher müssen sich zukünftige Autoren erst einmal in die für technisch nicht geschulte Personen teils kryptisch erscheinende Syntax des zugrundeliegenden MediaWiki einarbeiten. Der grafische Editor ermöglicht es dagegen, Artikel zu laden, zu erstellen oder zu editieren, so wie man einen Text in einem Office-Programm handhabt.

Im Bereich der visuellen WYSIWYG-Editoren ist Wikipedia ein schwieriger Sonderfall, da der heute bei der Enzyklopädie genutzte Wikitext in den ersten Jahren wild gewachsen ist und heute an vielen Stellen nicht mehr deckungsgleich mit der originalen WikiMedia-Syntax ist. Die jetzt zugängliche frühe Alpha-Version des überarbeiteten Editors ist vorerst für erfahrene Autoren gedacht, die diesen zunächst in ihrem Profil freischalten müssen. Damit will man das Feedback auf die Erfahrung dieser Mitarbeiter konzentrieren.

Technisch gesehen versucht man, die Probleme bei der direkten Umsetzung des Wikitextes im Editor dadurch zu umschiffen, dass man eine Software namens „Parsoid“ entwickelt hat, die, wie der Name andeutet, als Parser arbeitet. Das Programm übersetzt Wikitext in das für den Editor verdauliche HTML-Format und hinterher wieder zurück.

Arbeitsweise von Parsoid
Arbeitsweise von Parsoid (Bild: Wikimedia)

Um den Parser weiter zu verfeinern werden jeweils 100.000 zufällig ausgewählte Wikipedia-Seiten durch Parsoid geschickt und das Ergebnis mit dem Original verglichen. Im Oktober waren 65 Prozent der getesteten Seiten korrekt, mittlerweile ist man bei 80 Prozent. Von den verbleibenden 20 Prozent entfallen 18 Prozent auf kleine Ungenauigkeiten, die manuell korrigiert werden müssen. Lediglich zwei Prozent der Seiten bereiten noch größere Probleme. Beim derzeitigen Fortschritt ist geplant, den visuellen Editor ab Juli 2013 in den meisten Wikimedia-Projekten einzusetzen.