Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung sind „unredlich“

Andreas Frischholz
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Die in letzter Zeit stetig, mehr oder weniger offensichtlich, vorgetragenen Forderungen nach der Vorratsdatenspeicherung gehen dem Bundesdatenschützer Peter Schaar gegen den Strich. Oftmals werde anlasslose Datenspeicherung bei Taten gefordert, obwohl es äußerst fragwürdig sei, ob sie zur Aufklärung wirklich nötig ist.

Dass Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden auf die Vorratsdatenspeicherung beharren, führt Schaar auf einen mittlerweile zum Ritual mutierten Reflex zurück, der Druck auf die Politik erzeugen soll. Bei jeder mehr oder weniger passenden Gelegenheit wird die Forderung erhoben, um bei der Bevölkerung einen vermeintlichen Verlust von Sicherheit und eine Beschränkung der effektiven Polizeiarbeit nahezulegen.

Als Beispiel nennt er einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), in dem ein Mordfall aus dem Jahr 2009 skizziert wird, der nach Ansicht des zuständigen Kriminalbeamten nur aufgeklärt werden konnte, weil die Fahnder Kommunikationsdaten nutzen konnten, die sie über die damals noch geltende Vorratsdatenspeicherung erhalten haben. Schaar widerspricht nun dieser Darstellung, da der Fall binnen 16 Tagen aufgeklärt wurde, womit die Polizei auch heute noch Zugriff auf die benötigten Daten hätte. Diese werden auch ohne Vorratsdatenspeicherung für einen gewissen Zeitraum von den Providern gespeichert, weil jene etwa für die Abrechnungen benötigt werden.

Schaar stellt nun zwei Vermutungen auf: Entweder erhebe der genannte Kriminalbeamte die Forderung aufgrund des typischen Reflex' oder er wisse nicht, dass Kommunikationsdaten auch ohne eine gesetzliche Vorratsdatenspeicherung für einen bestimmten Zeitraum abgefragt werden könnten. Das sei bedenklich, die erschwerte Aufklärung läge dann aber nicht an der fehlenden Vorratsdatenspeicherung, so Schaar. Er bestreitet ohnehin nicht, dass es Fälle gebe, die ohne Vorratsdatenspeicherung schwerer oder gar nicht aufzuklären sind. „Wer aber immer wieder hört“, so Schaar, „dass es ohne Vorratsdatenspeicherung nicht geht, fängt irgendwann an selber daran zu glauben, auch wenn es ein beweisbarer Irrglaube ist.

Diese Beobachtung von Schaar deckt sich mit der Studie des Max-Planck-Instituts über die Vorratsdatenspeicherung, nach der die Aufklärungsquoten keinen Hinweis auf einen Nutzen der Vorratsdatenspeicherung geben. Demgegenüber stehen aber die Einschätzungen innerhalb der Ermittlungsbehörden, die den Forschern erklärten, auf die Vorratsdatenspeicherung dringend angewiesen zu sein. „Etwas mehr Gründlichkeit würde der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung jedenfalls nicht schaden“, erklärt Schaar.

Der Artikel in der FAZ ist indes nicht der einzige, in dem die Forderung nach der Vorratsdatenspeicherung erhoben wird. Jüngst verwies der Blogger Fefe auf einen Bericht über die Revierkämpfe im Rockermilieu, im Rahmen derer Erich Rettinghaus von der der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) gegenüber Spiegel Online eine „Regelung der Vorratsdatenspeicherung“ verlangte, die „noch immer vom Bundesjustizministerium blockiert werde“.