Bundesrat bestätigt umstrittene Bestandsdatenauskunft

Andreas Frischholz
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Nun hat auch der Bundesrat die Neuregelung zur Bestandsdatenauskunft durchgewunken, womit das umstrittene Gesetz in Kraft treten kann. Fraglich ist nur, wie lange, denn Kritiker wie der Jurist und Piraten-Politiker Patrick Breyer haben bereits eine erneute Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Mit dem Gesetz werden Provider dazu verpflichtet, auf Anfrage von Polizeibehörden, Zoll und Geheimdiensten die „statischen“ Kundendaten wie Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse sowie Bankverbindungen herauszugeben. Hinzu kommen Zugangsdaten wie das Passwort eines E-Mail-Accounts, den der jeweilige Kunde bei dem entsprechenden Provider hat, sowie PIN- und PUK-Nummern von Mobiltelefonen. Zudem müssen die Provider von Polizei und Geheimdiensten ermittelte IP-Adressen Kunden zuordnen. Den Zugriff auf die Bestandsdaten können die Behörden bereits bei einer Ordnungswidrigkeit anfordern, lediglich bei den Zugangsdaten und IP-Adressen müssen diese im Vorfeld eine richterliche Genehmigung einholen.

Bis zuletzt stand das Vorhaben in der Kritik, gestern noch appellierten neun Organisationen mit einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten im Bundesrat, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. Zu den Organisationen zählen etwa der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, mehrere Journalistenverbände, die Neue Richtervereinigung (NRV) sowie Digitale Gesellschaft. Die „Vertraulichkeit und Anonymität der Internetnutzung“ stehe auf dem Spiel, womit verschiedene Bereiche in der digitalen Kommunikation bedroht wären – zum Beispiel „medizinische, psychologische oder juristische Beratung, Presseinformanten und Whistleblower“ sowie „politischer Aktivismus“.

Erfreut zeigten sich hingegen Vertreter der Sicherheitsbehörden. Für diese sei heute ein guter Tag, erklärte Andy Neumann, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter im BKA. Es sei Zeit für ein positives Signal gewesen, nachdem die Behörden bereits Einschränkung bei der Anti-Terror-Datei durch das Bundesverfassungsgericht hinnehmen mussten. Nun gibt sich Neumann zuversichtlich, dass spätestens nach der Bundestagswahl auch eine Koalition für die Vorratsdatenspeicherung stehen würde.

Von Datenschützern und Bürgerrechtlern wird das Gesetz allerdings auf breiter Linie abgelehnt, zu vage formuliert, zu niedrig die juristischen Hürden für die umfassenden Befugnisse, die Behörden mit dem Gesetz erhalten. Das steht vor allem in der Kritik, weil bereits die alte Regelung vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde und nur noch übergangsweise bis Ende Juni rechtskräftig war. Die Richter werteten die rechtlichen Anforderungen als zu niedrig, was insbesondere für den Zugriff auf Zugangsdaten und IP-Adressen gilt, weil diese vom Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 des Grundgesetzes) geschützt sind. Allerdings bleibt auch das neue Gesetz bei den entsprechenden Anforderungen äußerst vage, weswegen Kritiker wie Thilo Weichert, Chef vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein, davon ausgehen, dass auch diese Regelung einer erneuten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht standhält.