Internetriesen hadern mit heimlichen NSA-Anfragen

Andreas Frischholz
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Während die US-Administration und die NSA sich bei dem Versuch, die veröffentlichen Überwachungsaktivitäten zu rechtfertigen, in immer mehr Widersprüche verstricken, kämpfen die am „Prism“-Programm beteiligten Internetunternehmen verzweifelt um ihre Reputation.

Deswegen verhandeln Google und Facebook offenbar mit der US-Administration über eine Genehmigung, um mehr Informationen zu den prinzipiell geheimen NSA-Anfragen enthüllen zu können, meldet Bloomberg. Diese sind durch den „Foreign Intelligence Surveillance Act“ (FISA) legitimiert, weswegen die Unternehmen bis dato nicht einmal die Existenz der Anfragen bestätigen dürfen.

Bereits am Dienstag hatte Googles Chefjustiziar David Drummond in einem offenen Brief an Generalbundesanwalt und FBI-Direktor Robert Mueller gebeten, zukünftig offener mit den Anfragen umzugehen und diese in Googles halbjährlichen Transparenzberichts zu veröffentlichen. Facebook und Microsoft schlossen sich der Aufforderung an.

Die betroffenen Unternehmen stehen unter enormen Druck, weil die Dokumente über das Prism-Programm suggerieren, die NSA hätte einen direkten Zugriff auf die Server der Internetdienste und damit auf den kompletten Datenverkehr der Nutzer – dazu zählen auch die Inhalte von E-Mails, VoIP-Gesprächen oder Videokonferenzen. Die neun in der Präsentation genannten Unternehmen bestreiten allerdings, überhaupt Kenntnisse von Prism gehabt zu haben, ebenso wenig hätte der Geheimdienst einen direkten und unbegrenzten Zugriff auf die Server gehabt.

Die Internetriesen bemühen sich so gut es geht, die Vorwürfe zu entkräften. Sollte bei den Nutzern der Eindruck entstehen, ihre persönlichen Daten wären bei den Unternehmen nicht sicher, weil Sicherheitsbehörden praktisch beliebig auf die Datenbestände zugreifen, könnte das fatale Folge für ihr Geschäft haben – was letztlich auf dem Vertrauen der Nutzer beruht, die Dienste schützen ihre Daten vor fremden Zugriff. Deswegen nannte Google im Laufe der Woche sogar Details zu der Datenübermittlung, die erstaunlich simpel ablaufen soll. Nachdem eine Anfrage samt Gerichtsbeschluss eingegangen ist, würden die Daten entweder über eine sichere FTP-Verbindung gesendet oder persönlich den Behörden übergeben.

Offenbar lehnte Yahoo Anfragen zeitweilig ab

Dennoch bestehen momentan zahlreiche Ungereimtheiten. Mehr Transparenz würde helfen, doch die Beschlüsse des FISA-Gerichtshof unterliegen nach wie vor strikter Geheimhaltung. Aufgrund dieser Vorgaben war bislang nicht bekannt, dass Yahoo anscheinend als einziges Unternehmen Widerspruch vor dem FISA-Gerichtshof gegen die NSA-Anfragen eingelegt hatte, meldet die New York Times. Yahoo soll zuvor eine Aufforderung von der US-Administration erhalten haben, bestimmte ausländische Nutzer zu überwachen, aber offenbar ohne richterlichen Beschluss. Yahoo lehnte ab, so eine umfassende Anfrage wäre verfassungswidrig. Der FISA-Gerichtshof sah das anders und damit war Yahoo rechtlich verpflichtet, die Daten zu übermitteln.

Das geht aus einem FISA-Gerichtsbeschluss hervor, von dem vor geraumer Zeit eine rigoros geschwärzte Fassung publik wurde – und selbst das hat Seltenheitswert, bislang sind nur wenige FISA-Beschlüsse an die Öffentlichkeit gelangt. Dennoch konnte damals nicht identifiziert werden, welches Unternehmen sich der Anfrage zunächst widersetzt hatte. Nun bestätigten zwei an dem Verfahren beteiligte Personen der New York Times, dass es sich um Yahoo gehandelt habe. Eine Stellungnahme zu dem Bericht lehnte das Unternehmen ab.