Lenovo „Table PC“ IdeaCentre Horizon ausprobiert

Nicolas La Rocco
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Das Konzept des sogenannten „Table PC“ stellte Lenovo Anfang des Jahres auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas vor. Vom All-in-One-Prinzip mit Windows 8 und Touchscreen anderer Hersteller weicht Lenovo ab, indem das Gerät auch mit Joysticks, „Strikern“ und Würfeln agiert. Zum Marktstart haben wir das Gerät ausprobiert.

Das Lenovo IdeaCentre Horizon ist mit dem heutigen Tag zu einer unverbindlichen Preisempfehlung von 1.799 Euro verfügbar. Zum Start wird das Gerät exklusiv über Media Markt angeboten, weitere Händler sollen eine Woche später folgen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Lenovo einen dieser Märkte in Berlin nutzte, um vor dem offiziellen Start Pressevertretern das finale Gerät zeigen zu können. Die endgültigen technischen Daten stehen bereits seit dem 13. Juni fest, wobei Lenovo in Deutschland nur das Topmodell mit Intel Core i7, acht Gigabyte RAM und 1-TB-Hybridfestplatte mit acht Gigabyte Flash-Speicher (SSHD) sowie Nvidia GeForce GT620M anbietet.

Lenovo IdeaCentre Horizon
Lenovo IdeaCentre Horizon

Aura

Neben dem Einsatz als Desktop-Rechner sieht Lenovo das IdeaCentre Horizon vor allem als „Table PC“, der Familie und Freunde an einem Gerät vereinen soll. Gerade für Familien sehen wir den Einstiegspreis von 1.799 Euro aber etwas kritisch und als Hürde, sodass eine Variante mit Intel Core i5, vier Gigabyte RAM sowie kleinerer Festplatte auch für Deutschland wünschenswert wäre. Denn die Oberfläche „Aura“, die sich beim flachen Hinlegen automatisch aktiviert, würde auch mit dieser Ausstattung flüssig agieren, so Lenovo. Zentrales Element von Aura ist ein rundes Hauptmenü, das sich frei über den Bildschirm verschieben lässt und Untermenüs in erweiterten Halbkreisen darstellt.

Die Bedienung erinnert dabei etwas an Microsofts Surface-Tisch, was sich zum Beispiel beim Betrachten von Bildern zeigt. Über die Einstellungen lässt sich festlegen, aus welchem Dateipfad Bilder angezeigt werden sollen. Im Anschluss lassen sich diese als Thumbnail im Halbkreis anzeigen oder per Geste aus diesem ziehen und über die gesamte Aura-Oberfläche positionieren. Dieser Vorgang kann auch von mehreren Nutzern simultan getätigt werden – insgesamt werden bis zu zehn Finger gleichzeitig erkannt. Ähnlich hat das Lenovo auch für Musik und Videos gelöst, wobei sich die jeweiligen Player ebenfalls verschieben lassen. Im Gegensatz zu Fotos ist der Anwender bei Videos aber auf nur ein aktives Fenster limitiert.

Joysticks, Striker und E-Würfel

Gut gefallen hat die Integration von physischen Elementen in Spielen. Zum Lieferumfang des IdeaCentre Horizon zählen neben kabelloser Maus und Tastatur auch vier Joysticks, vier „Striker“ und ein elektronischer Würfel. Die Joysticks werden per Saugnapf auf durch das jeweilige Spiel vordefinierte Stellen des Displays platziert, sodass sich zum Beispiel Adventure-Spiele über diese steuern lassen. Mit zwei Joysticks funktionierte das bei einem kurzen Test durchaus gut und das Gefühl, an einem Arcade-Automat zu stehen, stellte sich kurze Zeit später ein. Striker wiederum sind nicht fest installiert und können über das Display bewegt werden.

Ein Anwendungsbeispiel für die Striker ist das Air-Hockey-Spiel. Die Striker dienen hier als Schläger, die den virtuellen Puck über das Spielfeld jagen. Das funktioniert soweit auch relativ gut, wobei wir aber eine leichte Verzögerung und eingeschränkte Kontrolle über den Puck feststellen mussten. Präzises Zielen war so nur begrenzt möglich. Besser gefallen hat da das Spiel Roulette, wobei hier weder Joysticks noch Striker zum Einsatz kommen. Einsätze werden mit den Fingern auf das Tapis gezogen, der Roulettekessel wird ebenfalls über diese gedreht.

Den elektronischen Würfel wiederum konnten wir im Zusammenspiel mit Monopoly testen. Dieser kommuniziert per 2,4-GHz-USB-Dongle mit dem IdeaCentre Horizon, wobei die Reichweite bei maximal einem Meter liegt. Die Übertragung geschieht dabei allerdings mit deutlicher Verzögerung. Nach dem Würfeln dauert es mehrere Sekunden bis das Ergebnis vom Computer registriert wird. Alternativ kann auch auf On-Screen-Würfel zurückgegriffen werden, die das Resultat prinzipbedingt sofort darstellen. Bis zu drei sogenannte E-Würfel können gleichzeitig genutzt werden.

Lenovo IdeaCentre Horizon

Neben den Möglichkeiten, das IdeaCentre Horizon aufrecht oder auf dem Tisch beziehungsweise Boden liegend zu nutzen, kann dieses auch auf einer speziellen Halterung montiert werden, die sich anwinkeln und durch den Raum schieben lässt. Ob es diese Konstruktion aber auch tatsächlich auf den deutschen Markt schaffen wird, steht aktuell noch nicht fest. Lenovo nannte uns einen Preis von etwa 400 Euro für den Tisch und ließ gleichzeitig durchsickern, dass man zu diesem Preis wohl nur wenige Exemplare verkaufen könne. Eventuell könne man die Kosten aber noch etwas nach unten drücken, eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Lenovo IdeaCentre Horizon
Lenovo IdeaCentre Horizon

Darin, dass das IdeaCentre Horizon ein Nischenprodukt ist, sieht Lenovo indes kein Problem – ganz im Gegenteil. Lenovo möchte sich weiter auf Marktnischen konzentrieren, um so auch jede noch so kleine Zielgruppe bedienen zu können. Klassische Desktop-PCs oder Notebooks würden den Ansprüchen der Kunden nicht mehr gerecht, so die Einschätzung von Lenovo. Im Gespräch ließen die Mitarbeiter auch die Worte „Der Computer ist tot“ verlauten, wobei diese Aussage nur eingeschränkt wortwörtlich zu nehmen ist. Gemeint ist eher der klassische Computer – das IdeaCentre Horizon sieht Lenovo nicht als solchen, sondern als neue Klasse an Unterhaltungsgeräten.

Lenovo IdeaCentre Horizon

Ersteindruck

Das mag zwar der Fall sein, doch stellt sich auch die Frage, wer mal ebenso knapp 1.800 Euro für ein neues Unterhaltungsgerät ausgeben kann oder möchte. Zwar ist das IdeaCentre Horizon mehr als das, doch die Crux des Ganzen ist, wie bereits zu Beginn bemerkt wurde, dass in Deutschland nur das Topmodell erhältlich ist. Ein weiterer Knackpunkt ist, dass das 27 Zoll große Display mit Full-HD-Auflösung zwar Blickwinkel von bis zu 178 Grad erlaubt, die Glasoberfläche je nach Lichteinfall aber stark spiegelt. Immerhin lässt sich die Helligkeit hochregeln, um so diesem Effekt etwas entgegenzuwirken. Auch wenn das IdeaCentre Horizon mit über acht Kilogramm Gewicht wenig portabel ausfällt, hat uns das Gerät aber prinzipiell gut gefallen. Weitere Konfigurationsmöglichkeiten und eine verbesserte Touch-Sensorik für Spiele würden den „Table PC“ aber deutlich attraktiver machen.

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