Mehrheit der Deutschen gegen Asyl für Snowden

Andreas Frischholz
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Eine Mehrheit der Deutschen ist dagegen, dem NSA-Whistleblower Edward Snowden Asyl zu gewähren, allerdings wird von Bundeskanzlerin Merkel ein stärkeres Engagement bei der Aufklärung der NSA-Überwachung erwartet. Das ergeben die Zahlen aus einer aktuellen Umfrage des ARD-Deutschland-Trends.

Mit 78 Prozent stimmt ein Großteil der Befragten der Aussage zu, Merkel solle gegenüber den USA deutlicher protestieren. Bislang fiel das Engagement der Kanzlerin eher verhalten aus, beim Treffen mit US-Präsident Obama in Berlin sorgte sie mit der Floskel „das Internet ist für uns alle Neuland“ für gewaltigen Missmut in der Netzgemeinde. Große Zuversicht besteht in der Bevölkerung offenbar nicht, denn 63 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der deutsche Staat ohnehin nicht die Macht besitze, solche Spionage-Programme zu verhindern. Lediglich 30 Prozent lehnen diese These ab.

Edward Snowdens Flucht samt der Suche nach Asyl bestimmten über die Woche hinweg die Schlagzeilen. Doch hierzulande soll der Whistleblower nach Ansicht von 58 Prozent der Befragten keinen Unterschlupf finden, während 35 Prozent der Aussage zustimmen, man solle ihm Asyl anbieten. Dass Deutschland von der NSA besonders stark überwacht wird, überrascht mit 62 Prozent eine Mehrheit in der Bevölkerung. Allerdings stimmen 55 Prozent der These zu, dass man mit entsprechenden Überwachungsprogrammen leben muss, wenn man Terrorakte verhindern möchte. 42 Prozent verneinen diese Aussage.

Die Geheimdienst-Skandale haben offenbar auch Auswirkungen auf die geopolitischen Einschätzungen der Bevölkerung. Generell leidet das Vertrauen in die internationalen Partner, insbesondere die USA und Großbritannien mussten gewaltig Federn lassen. Die Einschätzung, bei den Briten handele es sich um einen vertrauenswürdigen Partner für Deutschland, sank um 17 Prozentpunkte auf nun mehr 63 Prozent. Die USA verloren 16 Prozentpunkte und rangieren nun bei 49 Prozent – ein Wert, der zuletzt zu Zeiten von Präsident George W. Bush gemessen wurde.

Die NSA-Programme rund um Prism und das britische Tempora haben offenbar Spuren hinterlassen. Derweil liegt Frankreich nach wie vor auf Rang 1 mit 77 Prozent Zustimmung, ein Minus von fünf Prozentpunkten. Je geringer die Kooperation mit der NSA (respektive je weniger bekannt ist), desto höher fällt die Beliebtheit aus. So verzeichnet China mit einem Rückgang von einem Prozentpunkt den niedrigsten Verlust, liegt mit einer Zustimmung von 22 Prozent aber weiterhin auf dem letzten Platz in der Statistik des Deutschland-Trends.

Für die Umfrage wurden vom 1. bis zum 3. Juli insgesamt 1.505 Personen befragt. Die Fehlertoleranz liegt bei 1,4 bis 3,1 Prozentpunkten.

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    … ist Politikwissenschaftler und berichtet seit 2004 über Netzpolitik, Tech-Ökonomie und den digitalen Wandel der Gesellschaft.
Quelle: Tagesschau

Ergänzungen aus der Community

  • diRAM 08.07.2013 22:44
    All die, die sich hier über fehlende Informationen zur Datengrundlage dieser Befragung echauffieren sei ans Herz gelegt, die hinterlegte Quelle nochmal eingehend zu studieren. An deren Ende ist genau diese nur scheinbar fehlende Datengrundlage einsehbar. Für alle Lesefaulen:

    Untersuchungsanlage
    Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren
    Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Dual Frame (Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
    Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)
    Fallzahl: 1005 Befragte
    Sonntagsfrage: 1503 Befragte
    Zusatzfragen zu Datenspionage: 1505 Befragte
    "Wechselstimmung" und "Regierungswechsel": jeweils rund 500 Befragte
    Erhebungszeitraum: 01. bis 03. Juli 2013
    Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
    Fehlertoleranz bei 500 Befragten: 1,9* bis 4,4** Prozentpunkte
    *bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
    Die Befragung wurde im Übrigen nicht von der ARD selbst, sondern von Infratest dimap durchgeführt, wie man an den im Artikel veröffentlichen Schaubildern erkennen kann.

    Etwas Grundlegendes scheinen allerdings viele Kritiker dieser Befragung und deren Ergebnisse nicht zu wissen: Es besteht ein Unterschied zw. einer im Internet durchgeführten Befragung der Seite xy und einer nach wissenschaftlichen Standards durchgeführten Befragung, z.B. durch o.g. Meinungsforschungsinstitut. Und dieser Unterschied heißt neben anderen (s.u) Repräsentativität.
    Alleine die Auswahl der Grundgesamtheit bei den hier, sozusagen als Gegenbeweis vielfach angeführten Umfragen von tagesschau, spiegel, faz o.a., disqualifiziert diese in Punkto Repräsentativität. Zudem wird dort eine Stichprobe ohne erkennbare wissenschaftliche Kriterien, alleinig über die Besucher eine bestimmten Website, generiert. Die Gütekriterien quantitativer Sozialforschung (Validität, Reliabilität, Repräsentativität, intersubjektiven Überprüfbarkeit) sind so nicht erfüllt. En detail sind diese auch bei der durch den Artikel zitierten Umfrage nicht nachvollziehbar; die vorhandenen Angaben lassen jedoch auf ihre Beachtung schließen.
    Und jetzt kommt das Wichtigste: Unter diesen (wissenschaftlichen) Voraussetzungen ist eine Befragung von "nur" 1000 oder 1500 Personen sehr wohl repräsentativ für alle Deutschen.

    Grundsätzliche Kritik an Statistiken und eine gewisse Skepsis diesen gegenüber ist angebracht, aber nicht in der simplifizierenden Form wie hier geschehen. Dazu zählt m.E. auch eine gewisse Selbstkritik gegenüber der eigenen Meinung und der Erfahrung aus dem persönlichen Umfeld, insbesondere hinsichtlich deren Repräsentativität.