Bundesregierung zankt sich wegen NSA-Aufklärung

Andreas Frischholz
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Die Bundesregierung streitet über die Aufklärung der NSA-Überwachung. Während Innenminister Friedrich (CSU) darauf beharrt, dass mit der schriftlichen Zusicherung der NSA alle Vorwürfe geklärt seien, sieht Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nach wie vor Aufklärungsbedarf.

Kanzleramtsminister Pofalla und Innenminister Friedrich hatten in der letzten Woche erklärt, die zentralen Vorwürfe wären „vom Tisch“. Allerdings basiert die vermeintliche Aufklärung in erster Linie auf den Zusagen der Geheimdienste. „Ich bin immer skeptisch gegenüber Beteuerungen von Seiten der Geheimdienste“, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Sie fordert nun, den Datenschutz in die Verhandlungen über transatlantische Freihandelsabkommen aufzunehmen, um die US-Administration bei der Aufklärung unter Druck zu setzen.

Dass Innenminister Friedrich sich allein auf die Aussagen der Geheimdienste verlässt, quittiert Leutheusser-Schnarrenberger mit der Antwort: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Dementsprechend bestehe noch Handlungsbedarf: „Wir als Bundesregierung haben noch einiges zu tun.“ Dagegen war für Friedrich das Thema in der letzten Woche praktisch geklärt. Im Bonner General-Anzeiger hatte er auf den gesetzlichen Auftrag von deutschen und US-Geheimdiensten verwiesen. Dieser umfasse den Kampf gegen Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und organisierte Kriminalität. „Der Auftrag lautet nicht, unbescholtene Bürger auszuspähen. Deshalb sind die Vorwürfe, die erhoben wurden, auch völlig abwegig“, so Friedrich.

Darüber hinaus verwies er auf das „geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium“, das von der Bundesregierung und den Geheimdiensten „ausführlich unterrichtet wird“. Das ist allerdings ein deutlicher Widerspruch zu den Aussagen der Bundestagsabgeordneten, die in dem Kontrollgremium sitzen. Diese bemängeln praktisch seit den ersten Enthüllungen, dass die Bundesregierung nicht von sich aus über besondere Ereignisse berichtet. Das würde nicht der gesetzlichen Verpflichtung entsprechen, hatte etwa Christian Ströbele (B’90/Grüne) berichtet. Zudem kritisieren die Abgeordneten, dass man sich schlicht darauf verlassen müsse, über alle relevanten Vorfälle informiert zu werden.

So widerspricht der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann (SPD), im aktuellen Spiegel den Einschätzungen von Pofalla. Die zentralen Vorwürfe wären nach wie vor nicht geklärt. „Wir wissen, dass Deutschland ein Ausspähziel der NSA ist, wir wissen, dass Prism und XKeyscore existieren, wir wissen, es gibt kaum rechtliche Grenzen für die Auslandsüberwachung der NSA. Was wir immer noch nicht wissen, ist, von wo und in welchem Umfang die NSA auf die Daten deutscher Bürger zugreift“, sagte Oppermann dem Spiegel.

Zu diesen Punkten würde die NSA aber nichts sagen und die Bundesregierung hätte nichts in Erfahrung gebracht. Dementsprechend dürften diese Themen bei der heutigen Sitzung des Kontrollgremiums auf der Tagesordnung stehen, ebenso wie die jüngsten Berichte über die Gesetzesverstöße der NSA. Diese musste öffentlich eingestehen, in mehreren Tausend Fällen pro Jahr versehentlich US-Bürger überwacht zu haben. Zudem belegen die Dokumente, wie willkürlich der US-Geheimdienst bei den Anhörungen vor dem Geheimdienst-Gerichtshof FISC und den Kontrollgremien im US-Kongress vorgeht.