NSA veröffentlicht „Top Secret“-Dokumente

Andreas Frischholz
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Selbst in den USA bläst der US-Administration und der NSA ein immer schärferer Wind entgegen. In einer Anhörung im US-Kongress müssen sich Vertreter der Geheimdienste der Kritik stellen, ob der Anti-Terror-Kampf die massenhafte Telefondaten-Speicherung in den USA rechtfertigt.

Die US-Geheimdienstdirektion hat im Rahmen der NSA-Enthüllungen erstmals geheime Dokumente freigegeben. Die drei bis dato als „Top Secret“ eingestuften Dokumente befassen sich zunächst mit der massenhaften Telefondaten-Speicherung in den USA – ähnlich der hiesigen Vorratsdatenspeicherung. Die Dokumente stammen vom umstrittenen Geheimgericht FISC („Foreign Intelligence Surveillance Court“), das für die Kontrolle der NSA-Programme zuständig ist. Seit 2007 verlängert der FISC die Überwachung von US-Telefondaten um jeweils 90 Tage.

Unter den veröffentlichten Dokumenten befindet sich auch der FISA-Gerichtsbeschluss vom April dieses Jahres, mit dem Telekommunikationsanbieter verpflichtet wurden, Metadaten von Telefonaten in den USA an die NSA zu übermitteln. Dabei handelt es sich um den Beschluss, mit dem der Guardian die Enthüllungen über die NSA-Überwachung gestartet hatte. Allzu viele neue Details bietet dieser aber nicht. Das meiste ist ohnehin bekannt, zudem wurden einige Passagen geschwärzt.

Demnach haben die FISC-Richter der NSA genehmigt, dass diese mit speziell ausgebildeten Analysten und Algorithmen die Datenbank mit US-Telefondaten durchsuchen darf, sofern die nachrichtendienstlichen Ermittlungen einem RSA-Anspruch haben. „RSA“ steht für „reasonable articulable suspicion“, was grob bedeutet, dass für die Datenabfrage ein begründeter Verdacht vorliegen muss. Die RSA-Klausel ist der rechtliche Standard, mit dem die NSA-Überwachung legitimiert wird. Allerdings wird dieser von den FISC-Richtern nur vorgegeben, eine juristische Kontrolle vor den einzelnen Datenbank-Abfragen findet nicht statt.

Die FISC-Beschlüsse zeigen darüber hinaus, dass die für die Infrastruktur und Einbettung der Metadaten zuständigen Techniker von der NSA und den Partner-Firmen ebenfalls auf die Telefondaten zugreifen können. Die Datenbank-Abfragen der Techniker sind nicht an die RSA-Klausel gebunden und unterliegen damit nicht den rechtlichen Begrenzungen. Allerdings darf die NSA die Ergebnisse nicht für Analysen nutzen.

Die Anhörung im US-Kongress drehte sich insbesondere um die Frage, ob die Überwachung von Telefondaten den Eingriff in die Privatsphäre von US-Bürgern rechtfertigt. Dabei musste FBI-Vizepräsident Sean Joyce eingestehen, dass mit der Speicherung von US-Telefondaten nicht 54 Anschläge verhindert wurden, wie bislang von der NSA behauptet. Die Telefondaten von US-Bürgern sollen laut Joyce bei zwölf verhinderten Anschlägen bedeutsam gewesen sein und lediglich bei einem Fall eine zentrale Rolle gespielt haben. Joyce erklärte allerdings, dass es schwer wäre, die Bedeutung der verschiedenen Überwachungsprogramme einzeln zu bewerten.

Kritiker der NSA-Überwachung wie die Senatoren Wyden und Leahy werfen den Geheimdiensten vor, dass diese mit viel Pathos die Zahlen von mutmaßlich verhinderten Terror-Anschlägen verkünden. Doch sobald man konkret nachhake, würden sich weder die Zahlen belegen lassen, noch könnten die Geheimdienste einen klaren Nachweis für die Bedeutung der Überwachungsprogramme liefern. „Ich habe bislang keinen Beweis gesehen, dass bei dem Vereiteln von Terror-Anschlägen die massenhafte Speicherung von Telefondaten an sich eine bedeutende oder überhaupt irgendeine Rolle spielt“, sagte der Senator Udall.

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