Appelbaum: E-Mails abschaffen, Internet dezentralisieren

Andreas Frischholz
40 Kommentare

E-Mails abschaffen, generell das Internet dezentralisieren – so lauten die Forderungen des Internetaktivisten Jacob Appelbaum, um die globale Überwachung von Geheimdiensten wie der NSA zu erschweren. Unternehmen und die US-Regierung hätten zu großen Einfluss auf das Internet, erklärte er in einem Interview mit Technology Review.

Für die NSA gestalte es sich derzeit recht einfach, E-Mails abzufangen. Diese würden stets über wenige Knotenpunkte laufen, selbst wenn der E-Mail-Verkehr innerhalb eines Landes stattfindet. „Nachrichten, die auf Servern eines Providers warten, von mir abgerufen zu werden – das ist Privatsphäre auf dem Niveau des 19. Jahrhunderts“, so Appelbaum.

Verschlüsselungsverfahren wie PGP hält er indes für keine ausreichende Lösung. Diese könnten keine vollständige Sicherheit bieten und wären aufgrund der mangelhaften Benutzerfreundlichkeit nicht geeignet für den Großteil der Nutzer. Daher sollte die E-Mail komplett ersetzt werden. Appelbaum selbst nutzt etwa Off-the-Record Messaging, ein Verschlüsselungsverfahren für Instant Messenger.

Um „jene Privatheit, Diskretion und Integrität zu ermöglichen, die wir offensichtlich nicht hatten“, müsse darüber hinaus das bestehende System zwar nicht aufgegeben, aber erweitert werden. Deswegen müsse das Internet dezentralisiert werden. Als Beispiel für diesen Ansatz nennt Appelbaum unter anderem das Tor-Netzwerk, das einen Schritt in diese Richtung darstellt und an dessen Entwicklung er beteiligt ist. Eine Garantie für Anonymität ist das Tor-Netzwerk allerdings auch nicht.

Appelbaum ist nicht der einzige, der angesichts der NSA-Überwachungsaktivitäten über ein dezentralisiertes Internet nachdenkt. Derzeit werden in Brasilien entsprechenden Vorschläge diskutiert, nachdem im Zuge der Snowden-Enthüllungen bekannt wurde, dass US-Dienste sowohl die Regierung als auch Unternehmen des südamerikanischen Staates im Visier hat. Teil der Pläne ist laut einem Vice-Bericht, direkt in Brasilien offene Datenzentren zu bauen, die dem dortigen Datenschutzgesetz unterliegen. Zudem soll das Brics-Unterseekabel fertiggestellt werden, um Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika direkt zu verbinden.