Arma 3 im Test: Die Community, dein Freund

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Sasan Abdi
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Arma 3 auf einen Blick

Eine umfassende Einordnung von „Arma 3“ ist aktuell noch nicht möglich, da mit der Kampagne, bei welcher der Iran eine Naturkatastrophe in der Türkei nutzt, um bis nach Griechenland vorzustoßen und dort auf die NATO zu treffen, ein wichtiger Bestandteil erst noch veröffentlicht werden wird. Genauer soll die Kampagne in drei Kapiteln erscheinen, wobei der erste, „Survive“ genannte Teil binnen der nächsten vier Wochen erhältlich sein soll.

Dieses Vorgehen hat den Entwicklern einige Kritik eingebracht, da dies zumindest für Einzelspieler-Freunde bedeutet: Die Katze wird zum Vollpreis im Sack gekauft, auch wenn die Kampagne immerhin als kostenfreier Download-Inhalt nachgeschoben werden soll.

Arma 3 im Test
Arma 3 im Test

Zum Start verfügt „Arma 3“ somit zunächst vor allem Inhalte, die man bereits aus der Alpha- und Betaphase kennt. Im Einzelspieler bietet der Titel nunmehr zwölf sogenannte Showcase-Missionen, die kurze Aufgaben beinhalten und in Anlehnung an die unterschiedlichen Aufgaben und Waffengattungen als Tutorial dienen. So kann man sich beispielsweise als Kampftaucher versuchen, ein klassisches Infanteriegefecht miterleben oder am Steuer eines der vielen Fahrzeuge Platz nehmen. Die vier neuesten Showcases verschlagen den Spieler auf die größere der beiden Inseln, die als Setting für „Arma 3“ gelten. So kann man sich auf Altis beim Fliegen von einer Drohne versuchen und insbesondere die weiteren Fluggefährte der Fraktionen auf Herz und Nieren testen. Darüber hinaus kann man sich in vier sogenannten „Fire Drills“ mit den unterschiedlichen Waffengattungen und den Bewegungsabläufen vertraut machen – allesamt Tutorials, die nicht nur von „Arma“-Neulingen wahrgenommen werden sollte, da hier insbesondere mit Blick auf die Steuerung fundamentale Eigenschaften vermittelt werden, deren Unkenntnis sich massiv auf den Spielspaß auswirken kann.

Wer auf die große Kampagne schielt, bekommt in den Showcases nicht nur jede Menge Wissen, sondern auch einen ersten Eindruck dazu vermittelt, wie Bohemia den Einzelspieler-Bereich aufziehen könnte. Dazu lässt sich sagen, dass vor allem auf Altis die Atmosphäre stimmt: Es kommt zu einem sehr guten Spielerlebnis, wenn das eigene Squad von Gegnern eingekreist und gezielt unter Beschuss genommen wird, man sich durchschlägt und am Ende dann doch das Missionsziel erreicht.

Andererseits leistet sich auch die Release-Version nach wie vor grobe KI-Schnitzer, die – typisch für die „Arma“-Reihe – die gute Atmosphäre unterminieren. Dementsprechend stolpert man immer mal wieder über regungslose Team-Mitglieder oder Gegner, die mitunter einfach in den Himmel starren. Die Möglichkeit, die KI-Kompetenz stufenlos zu verändern, ist eine passable Antwort auf dieses Probleme. Gänzlich aufgelöst wird der Schwachpunkt dadurch aber nicht, denn eine hohe KI-Einstellung ist im Falle von „Arma 3“ nicht unbedingt gleichbedeutend mit einer „guten KI“.

Grund hierfür ist, dass die KI schon auf niedrigeren Stufen im Fernkampf extrem stark ausfällt. So kann es schon auf geringer Kompetenzstufe passieren, dass die KI-Gegner durchs Gehölz blicken und den Spieler selbst auf höchste Entfernung extrem präzise aufs Korn nehmen können – klar, dass sich dieser Aspekt verschärft, wenn die KI kompetenter ausfällt. Problematisch ist dabei, dass die genannten Probleme sich mit einer hohen KI-Stufe nur bedingt verbessern, was den Spieler vor ein Dilemma stellt, weil hier einerseits übertriebene Kompetenz und andererseits extreme Unfähigkeit aufeinanderprallen, sodass man sich auch in der finalen Version von „Arma 3“ schnell fragt: KI hoch- oder doch lieber herunterstellen?

So problematisch die KI auch ist, muss man Bohemia auf der anderen Seite in diesem Kontext doch zu einem gewissen Grad auch in Schutz nehmen. Denn anders als in „Call of Duty“ oder „Battlefield“ agieren die NPCs nicht größtenteils auf Basis von Scripten, sondern aufgrund von Echtzeitberechnungen. Dies stellt nicht nur extreme Anforderungen an die Technik (dazu gleich mehr), sondern auch an die Entwickler – ein Umstand, der als wichtige Einschränkung der KI-Kritik angeführt werden muss.

Im Mehrspieler-Bereich bietet „Arma 3“ zum Start insgesamt neun überwiegend gelungene Koop-Szenarien, die zumeist auf Seiten der NATO dazu einladen, im Team gegen eine KI-Fraktion auf Altis oder Stratis ins Gefecht zu ziehen. Je nach gewähltem Modus verteidigt man dabei mit bis zu neun Mitstreitern gegen eine übermächtige Gegnerschaft oder versucht, bestimmte Punkte auf der Inselkarte einzunehmen. Mehr Potential bieten Fluchtmissionen, bei denen man mit seinem Team auf der Karte platziert wird und sich gemeinsam zu einem Exfiltrationspunkt durchschlagen muss.

Arma 3 im Test
Arma 3 im Test

Damit ist der von Bohemia erstellte Inhalt zunächst aber auch erschöpft. Umso wichtiger, dass dank der intensiven Einbindung der Community und eines vergleichsweise zugänglichen Editors bereits jetzt umfangreicher „User Generated Content“ zur Verfügung steht. Dieser kann über die Anbindung an Steam Workshop problemlos abonniert werden, sodass man über wenige Mausklicks in den Genuss von neuen, qualitativ teils sehr hochwertigen Inhalten gelangt. Sehr gut ist dabei aber nicht nur die Qualität, sondern auch die Varianz: Ob kurze, eher actionreiche Matches oder tiefgehende, strategische Auseinandersetzungen mit Quasi-Basenbau – die Beta von „Arma 3“ zeigte bereits, dass der Fantasie der engagierten Community kaum Grenzen gesetzt sind. Hierbei handelt es sich um ein starkes Standbein des Titels, der für einige Momente fast schon vergessen lässt, dass die Entwickler höchstselbst noch eine umfassende Kampagne nachreichen möchten.

Gerade bei den aufwändigen, von Spielern erstellten Inhalten wird aber besonders deutlich, dass auch „Arma 3“ – genauso wie seine Vorgänger – mit einem gehörigen Hardwarehunger zu kämpfen hat. Dies ist erneut dem Ansatz der Entwickler geschuldet, bei dem Dynamik eben nicht im Schlauchlevelformat durch den massiven Einsatz von Scripten vorgegaukelt wird, sondern die Geschehnisse auf der Inselwelt von Altis und Stratis tatsächlich simuliert werden.

Je nach Umgebung, je nach Missionsdetails, je nach Tageszeit kann es deswegen passieren, dass man auf einem aktuellen System entweder mit 150 oder mit 20 Bildern pro Sekunde durch die Umgebungen zieht. Genau dies passierte uns auf unserem Testsystem unter „hohen“ Einstellungen und in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixeln ständig. Ein Herunterstellen der Details und der Auflösung bringt natürlich Linderung, doch auch hier gilt: Richtig aufgelöst wird das Problem dadurch nicht.

„Arma 3“-Spieler müssen sich deswegen darauf einstellen, dass man selbst mit einem potenten System mehrere Stunden auf die Feinjustierung der Einstellungen verwenden kann – und trotzdem kein absolut reibungsloses Spielerlebnis erfahren wird. Weiter getrübt wird das Gesamtbild aus technischer Perspektive durch eine nicht bugfreie Physik, die Fahrzeuge kurzzeitig springen oder durch Wände fahren lässt und durch den ein oder anderen Texturenfehler, der eine Hauswand plötzlich schwarz erscheinen lässt.

Diese Punkte sind ärgerlich und typisch „Arma“, können aber nicht übertünchen, dass sich Bohemia viel Mühe mit der Ausgestaltung von Stratis und Altis gemacht hat. Die umfassenden Studien, die die Entwickler auf der realen griechischen Insel Limnos durchgeführt und die eine Festnahme wegen Spionage samt diplomatischer Verwicklungen zur Folge hatten, haben sich also gelohnt. Während die kleinere der beiden Inseln, Stratis, etwas karg wirkt, fällt die Hauptinsel Altis mit einer detailliert gestalteten, vielseitigen Umgebung auf, die in Kombination mit einer optisch ansprechenden Grafik das Flair des mediterranen Raumes gekonnt einfängt und so maßgeblich zur Spielatmosphäre beiträgt.