Die 39. Greenlight- & Crowdfunding-Woche im Rückblick

Andreas Schnäpp
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Unser regelmäßiger Rückblick fasst die interessantesten Neuheiten rund um Crowdfunding-Projekte und Neuerscheinungen abseits des Videospiele-Mainstreams zusammen. Dieses Mal im Fokus: Zweierlei Horror-Nachschub, rundenbasierte Taktik aus Deutschland und ein zweiter Anlauf für ein ambitioniertes Action-Adventure.

The Vanishing of Ethan Carter – klammes Unbehagen statt „jump scares“

Als Epic Games im August 2012 das polnische Entwicklerstudio People Can Fly (Painkiller, Bulletstorm, Gears of War: Judgement) übernahm, verkündete der Miteigentümer und Creative Director Adrian Chmielarz noch am gleichen Tag, dass er die Firma verlassen werde. Im gleichen Monat stampfte er mit den ursprünglichen Gründern von People Can Fly eine neue, mittlerweile achtköpfige Spieleschmiede aus dem Boden: The Astronauts arbeiten seither an einem Horror-Spiel mit dem Titel „The Vanishing of Ethan Carter“ (TVoEC), das Einflüsse aus der „weird-fiction“-Horror-Literatur ins Spielgenre bringen soll. In einem Interview mit Gamasutra spricht Chmielarz unter anderem über die Designgrundlagen, mit denen TVoEC gänzlich ohne den Einsatz von Zwischensequenzen oder „jump scares“ (Schockmomente) Spieler vor den Bildschirm fesseln soll.

In TVoEC übernimmt der Spieler die Rolle des Detektivs Paul mit übernatürlichen Fähigkeiten, die ihn Szenen tödlicher Verbrechen vor seinem geistigen Auge vorstellen lassen. Im Lauf der Untersuchung rund um die Entführung eines Jungen wird die stark verstümmelte Leiche einer der Kidnapper in den Bergen entdeckt. Mit Hilfe moderner Detektiv-Werkzeuge und seiner übernatürlichen Fähigkeiten geht der Spieler dem Mysterium weiterer Leichen im Tal, einer sonderbaren uralten Kraft und dem Schicksal des Jungen auf den Grund. Gespielt wird TVoEC in der Ego-Perspektive und verzichtet dabei komplett auf ein Kampfsystem. Laut Chmielarz ginge es viel mehr um Immersion statt um Gefechte.

The Vanishing of Ethan Carter
The Vanishing of Ethan Carter

Chmielarz betont, dass in TVoEC die Glaubhaftigkeit des Geschichtenerzählens an höchster Stelle stehe. Er selbst liebe „diszipliniertes Storytelling“ und die Geschichte erzähle von merkwürdigen Dingen, die echten Leuten passieren – Surrealismus hingegen sei schon einen Schritt zu weit. Ferner drehe sich der Horror-Part des Spiels primär um Angst und das Makabere, nicht um „jump scares“ oder besonders viel Blut. Chmielarz vergleicht es mit Werken von H. P. Lovecraft: Man verstecke sich beim Lesen nicht direkt unter dem Bett und die Geschichten seien, zumindest oberflächlich, nicht so gruselig. Jedoch liege „immer etwas in der Luft“ und dementsprechend seien die Bilder, die Lovecraft mit seinen Geschichten malt, deutlich furchteinflößender als „die Schrecken des Fleischs“.

Nach Painkiller hätte People Can Fly versucht „Come Midnight“ zu entwickeln, das eine Mischung aus Horror- und Thrillerelementen werden sollte. Das Spiel wurde jedoch, wie eine Reihe anderer nicht näher benannter Titel, nach einem Jahr Entwicklungszeit von THQ im Anschluss an „einen der vielen Wechsel in der Chefetage gecancelt“. Man wollte sich schon seit Langem düstereren Themen widmen und dazu habe man nun „endlich“ die Möglichkeit, so Chmielarz.

The Vanishing of Ethan Carter

Auf die Frage, was das Studio dazu bewegte die Geschichte des Spiels rund um das Verschwinden eines Kindes zu spinnen, griff Chmielarz die Worte von Gabe Newell auf: Viele Half Life Fans seien mittlerweile Erwachsene und hätten dementsprechend andere Ängste – beispielsweise den Tod der eigenen Kinder oder das Nachlassen der individuellen Fähigkeiten. Videospiele könnten eine kathartische Rolle spielen, um sich diesen Ängsten zu stellen. Es ginge nicht darum auf einfache Weise Ängste in den Spielern hervorzurufen, sondern Erwachsene mit echten Ängsten zu konfrontieren, mit denen sich besonders Eltern Tag für Tag auseinandersetzen müssen. Chmielarz hebt jedoch hervor, dass die Geschichte auch gut auf Spieler wirken werde, die keine Eltern sind – sie würde möglicherweise bei einem erwachsenen Publikum „mehr Nachhall finden“ statt bei „Teenagern“.

Um einen kleinen Eindruck der angestrebten Mischung aus „klammer Unbehaglichkeit“ und feinsinniger, kopflastiger Story-Erkundung zu vermitteln, haben die Entwickler einen Prequel Mini-Comic auf ihrer Webseite bereitgestellt. The Vanishing of Ethan Carter soll noch in diesem Jahr für PC erscheinen. Gegenüber Eurogamer merkte Chmielarz an, dass er zukünftig gerne Oculus Rift sowie andere 3D-Geräte und -Displays unterstützen möchte.

Halfway – rundenbasierte Taktik im Pixelart-Stil aus Deutschland

Das zwei Mann starke Entwicklerstudio „Robotality“ arbeitet aktuell an einem rundenbasierten Strategiespiel mit dem Namen Halfway: Einige hundert Jahre in der Zukunft angesiedelt, handelt das Spiel vom Überlebenskampf in einem Raumschiff, das während des „Cryo-Schlafs“ von einer unbekannten Spezies überfallen wurde. Der Spieler kämpft sich auf der Suche nach weiteren Überlebenden durch die dunklen Gänge und Korridore des Schiffs und kann dabei sich und die anderen Gruppenmitglieder mit gefundenen Gegenständen ausstatten oder neue Fähigkeiten erlernen.

Als angedachtes Feature möchten die Entwickler neben den rundenbasierten Kämpfen im Raumschiff eine Art von improvisiertem „Basis-Management“ einbauen: Während der Spieler mit einem Teil der Überlebenden in Missionen auf dem Raumschiff unterwegs ist, soll er anderen Überlebenden Aufgaben erteilen können, die sie während der Mission unabhängig vom Spieler ausführen. Darunter fällt beispielsweise die eigenständige Suche nach Equipment oder einfach nur die Verteidigung der Rückzugsräume.

Zur Inspiration für den Titel gehören laut Aussagen der Entwickler ein bunter Mix an Spielen und Genres: X-Com sei als offensichtlichster Punkt zu nennen, wenn es um den Kampfaspekt rundenbasierter Strategie ginge. Weitere Einflüsse seien unter anderem „Jagged Alliance 2“, auf visueller Ebene „Chaos Engine“ sowie seitens des Storytellings „System Shock“.

Halfway
Halfway

Halfway soll im späteren Verlauf dieses Jahres für Windows, Mac und Linux veröffentlicht werden. Eine Version für Tablets soll möglicherweise später folgen. Die Entwickler gewährten Mitte des Monats einen Einblick in den Level-Editor, der nach Erscheinen des Spiels das Anfertigen eigener Karten und Kampagnen ermöglichen soll.

Alone – kreativer Virtual-Reality-Horror

Hinter Alone verbirgt sich eine der kreativsten Ideen, die bisher für Oculus Rift umgesetzt wurden: Ein Horror-Spiel im Horror-Spiel. Die kostenlos verfügbare Demoversion setzt eine Oculus Rift VR-Brille, Kopfhörer und ein Xbox 360 Gamepad voraus, um sich dem Horror im virtuellen Wohnzimmer hinzugeben. Wie Greenwood Games auf der offiziellen Webseite verkünden, plant man eine Finanzierung des Horror-Titels im Oktober auf Kickstarter. VR Brotherhood demonstriert im folgenden Video, auf was sich Nutzer bei dieser Spielerfahrung einstellen müssen:

Cornerstone: The Song of Tyrim – zweiter Anlauf bei Kickstarter

Anfang dieses Jahres scheiterte Cornerstone in einer früheren Fassung bei der Finanzierung über Kickstarter. Nun wagen die Entwickler den zweiten Anlauf und haben sich mit The Legend of Zelda: Wind Waker und Dark Souls nicht gerade kleine Vorbilder für ihr Kickstarter-Projekt gewählt. Cornerstone: The Song of Tyrim soll „Open World“-Elemente zusammen mit auf Physik-basierenden Rätseln und herausfordernden Kämpfen in einem Action-Adventure vereinen. Ferner soll ein Crafting-System für genügend Abwechslung beim Experimentieren mit der Spielumgebung sorgen.

Bisher hat das Team Zusagen für knapp ein Viertel der angepeilten Summe von 30.000 US-Dollar sammeln können. Cornerstone soll sowohl für PC, Mac als auch Linux erscheinen – ein etwaiger Veröffentlichungszeitraum wurde jedoch noch nicht genannt. Die Entwickler versprechen eine DRM-freie Version des Spiels sowie Zugang zur Beta und entsprechende Steam-Codes ab einer Spende von 10 US-Dollar. Zusätzlich können interessierte Spieler bei Greenlight für Cornerstone abstimmen.