EU: „National Routing“ keine Lösung für NSA-Überwachung

Andreas Frischholz
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Die Enthüllungen von Edward Snowden hätten verdeutlicht, dass in der EU Handlungsbedarf besteht, erklärte EU-Kommissarin Neelie Kroes im Interview mit dem Spiegel. Daten müssten besser geschützt werden, Vorhaben wie die „National-Routing“-Pläne der Telekom bewertet sie allerdings skeptisch.

Dass der Traffic von Cloud-Diensten und E-Mails nur noch über innerdeutsche Internet-Knotenpunkte geleitet werden soll, hält Kroes für den falschen Ansatz: „Ich verstehe ja, wenn Deutschland seine hohen Sicherheitsstandards besser vermarkten will.“ Es ergebe aber keinen Sinn, wenn in Europa bald 28 Cloud-Netze bestehen würden. „Wir können den globalen Markt nicht erobern, wenn wir unsere Daten in nationalen Grenzen einsperren“, so Kroes.

Die von Edward Snowden enthüllten Informationen über die NSA-Aktivitäten bezeichnet die EU-Kommissarin als „durchaus hilfreich“ – über die Methoden bei der Veröffentlichung könne man allerdings streiten. Nichtsdestotrotz wäre es offensichtlich, dass Europa aufwachen müsse. Kroes: „Wir brauchen eine starke europäische IT-Industrie – und wir müssen schlicht besser aufpassen, was mit unseren Daten angestellt wird.

Bei den Reaktionen auf die Enthüllungen habe die EU-Kommission bis dato keine gute Figur abgegeben. Dass die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA trotz der NSA-Überwachung fortgesetzt werden, wäre in puncto Glaubwürdigkeit wenig hilfreich. Das gilt auch für die Beteiligung von Großbritannien an den Spionage-Programmen der NSA: „Wenn wir uns in Europa nicht mal auf eine gemeinsame Abwehrstrategie gegen Cyber-Attacken verständigen können, wie sollen wir dann mit einer Stimme gegenüber der NSA auftreten?

Ähnliches gilt auch für die EU-Datenschutzreform, die unter anderem auf einen stärkeren Schutz persönlicher Daten abzielt. Das EU-Parlament will heute Abend eine Regelung beschließen, die von den Fraktionen im Parlament über Monate hinweg ausgehandelt wurde. Damit ist die Reform aber noch nicht beschlossene Sache, der Gesetzesvorlage müssen zuvor noch die EU-Kommission und der EU-Rat zustimmen. Insbesondere die Vertreter der einzelnen Mitgliedsstaaten im EU-Rat haben sich bislang aber als Bremsklotz für die Reform präsentiert. Ob europäische Datenschutz-Gesetze überhaupt der richtige Hebel sind, um die NSA-Überwachung in Europa einzudämmen, ist aber ohnehin äußerst fraglich.