Amerikanische Tech-Riesen fordern NSA-Reformen

Andreas Frischholz
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Amerikanische Tech-Unternehmen fordern unter dem Banner „Reform Government Surveillance“ Reformen, um die weltweite Internet-Überwachung durch die Geheimdienste einzuschränken. Zu der Allianz zählen AOL, Apple, Facebook, Google, LinkedIn, Microsoft, Twitter und Yahoo.

Der Aufruf, der heute als offener Brief in zahlreichen US-Zeitungen veröffentlicht wird, ist zwar allgemein formuliert, richtet sich im Prinzip aber an die US-Administration und die NSA. Im Kern lautet die Forderungen: Befugnisse von Behörden sollen beschränkt werden, damit der staatliche Zugriff auf persönliche Daten limitiert wird. „Berichte über die staatliche Überwachung haben verdeutlicht, dass ein großer Bedarf an weiteren Veröffentlichungen besteht und neue Grenzen benötigt werden, um die Datensammlungen zu limitieren“, erklärt Facebook-Chef Marc Zuckerberg.

Offener Brief: Internet-Überwachung soll reformiert werden.
Offener Brief: Internet-Überwachung soll reformiert werden. (Bild: reformgovernmentsurveillance.com)

Die beteiligten Unternehmen haben zwar Verständnis, dass eine Regierung für den Schutz der Bevölkerung sorgen müsse. Doch bei dem aktuellen Ausmaß an Überwachung müsse das Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit neu ausbalanciert werden. Dass die globale Internet-Kommunikation praktisch vollständig überwacht und Daten massenhaft gespeichert werden, müsse ein Ende haben. Stattdessen soll die Überwachung spezifisch erfolgen, also nur verdächtige Ziele betreffen. Ein präziser rechtlicher Rahmen wäre zudem nötig, in dem unabhängige Kontrollinstanzen einen Gegenpol zu der Regierung bilden. Derzeit erfolgt die Kontrolle durch die Geheimdienst-Gremien im US-Kongress sowie dem geheim arbeitenden Gerichtshof FISC – und beide sind mit den NSA-Programmen überfordert.

Zudem wollen die Unternehmen nicht zwischen Stühle geraten, wenn sich die Gesetze einzelner Staaten widersprechen. Das droht zum Beispiel mit der geplanten EU-Datenschutzreform. Im Rahmen der Verhandlungen wurden unter anderem Pläne vorgelegt, die etwa US-Unternehmen wie Google, Facebook und Konsorten dazu verpflichtet hätten, NSA-Anfragen gegenüber den europäischen Behörden zu melden, sofern Daten von EU-Bürgern betroffen sind.

Das wäre aber gleichzeitig ein Verstoß gegen die rechtlichen Vorschriften in den USA, die Auskünfte über NSA-Anfragen strikt untersagen. Dementsprechend bekräftigen die Unternehmen auch ihre bereits bekannte Forderung nach mehr Transparenz. Seit Monaten fordern diese, die genaue Anzahl der NSA-Anfragen veröffentlichen zu dürfen. So wollen die Internetdienste den Nutzern beweisen, dass man der NSA keinen unbegrenzten Zugriff auf die Server gestattet. Dass die Unternehmen ohnehin wirtschaftliche Einbußen befürchten, ist ein weiterer Grund für den lautstarken Protest – obwohl dieser im Bericht nur am Rand auftaucht. „Nutzer verwenden keine Technologie, der sie nicht vertrauen. Die Regierung hat das Vertrauen auf's Spiel gesetzt, und nun soll die Regierung helfen, um es wieder herzustellen“, sagt Brad Smith, Microsofts Leiter der Rechtsabteilung.

Obama kündigt Reformen an

Mit dem Aufruf wächst der Druck auf die US-Administration. Reformen für die NSA hatte Präsident Barack Obama bereits in der letzten Woche angekündigt. Doch diese zielen offenbar in erster Linie darauf ab, den ramponierten Ruf der NSA wieder zu verbessern. Das Prinzip hinter den Überwachungsprogrammen verteidigte er. So teilte Obama lediglich mit, er wolle „einige Selbstbeschränkungen für die NSA“ vorschlagen und Reformen anstoßen, sodass die US-Bevölkerung wieder „mehr Vertrauen“ für die NSA-Aktivitäten aufbringt.

Als Grundlage sollen die Ergebnisse der Expertenkommission dienen. Diese prüft momentan die NSA-Programme und soll noch in diesem Jahr den Abschlussbericht vorlegen. Konkrete Reformpläne sollen dann Anfang nächsten Jahres folgen. Die NSA würde einen guten Job machen, um keine Telefonate und Online-Kommunikation innerhalb der USA zu überwachen, erklärte Obama.

Wenn überhaupt gilt das aber nur für US-Bürger. „Außerhalb der [US-] Grenzen geht die NSA aggressiver vor. Da gelten die rechtlichen Beschränkungen nicht“, so Obama. Angesichts der Snowden-Enthüllungen wären die Bedenken über das Ausmaß der NSA-Überwachung in manchen Bereichen aber berechtigt. Die jüngsten NSA-Enthüllungen kommentierte Obama allerdings nicht. Zu diesen zählt etwa, dass die NSA weltweit rund fünf Milliarden Standortdaten von Mobiltelefonen pro Tag sammelt.