NSA strauchelt bei Telefondaten-Sammlung in den USA

Andreas Frischholz
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Die NSA sammelt in den USA lediglich 20 bis 30 Prozent der täglich anfallenden Telefondaten, berichtet die Washington Post unter Berufung auf hochrangige US-Beamte. Eigentlich lautet das Ziel, sämtliche Verbindungsdaten zu speichern, doch die stetig zunehmende Nutzung von Mobiltelefonen bereitet der NSA einige Schwierigkeiten.

Im Jahr 2006 verarbeitete die NSA noch annähernd 100 Prozent der Telefondaten, die von den großen US-Telefonanbietern übermittelt werden. Doch die Kapazitäten des Geheimdienstes reichen offenbar nicht aus, um die rasant wachsende Menge von Verbindungsdaten aus Mobilfunk-Telefonaten zu verarbeiten. So ist die Quote im Verlauf der folgenden Jahre deutlich gesunken, mittlerweile werden weniger als 30 Prozent der Verbindungsdaten gespeichert.

Das überrascht, denn bislang haben selbst die öffentlichen Erklärungen von Regierungsvertretern den Eindruck erweckt, dass die Telefondaten von US-Bürgern vollständig erfasst werden. Angesichts des Berichts erklärte Edward Felten, Computerwissenschaftler von der Universität Princeton, es stelle sich „die Frage, ob die öffentliche Begründung des Programms überhaupt in Einklang steht mit der Art, wie es in der Praxis betrieben wird“.

Die US-Administration plant nun verschiedene Schritte, um den Anteil der erfassten Verbindungsdaten wieder deutlich zu steigern. Derzeit wird etwa an einer Datenbank gearbeitet, die speziell auf die Anforderungen der Verbindungsdaten von Mobilfunkanbietern angepasst wird. Aufgrund der Komplexität könne es aber noch Monate dauern, bis das Programm in Betrieb geht, sagte ein ranghoher US-Beamter, die nicht namentlich genannt wird, im Gespräch mit der Washington Post.

NSA kämpft mit Verbindungsdaten von Handy-Telefonaten

Bis dato waren die NSA-Programme in erster Linie darauf ausgelegt, eine große Menge an Verbindungsdaten von Festnetz-Telefonaten zu erfassen. Doch die Anzahl der Festnetz-Anschlüssen sinkt, stattdessen werden immer mehr Handys eingesetzt und US-Bürger telefonieren über Mobilfunk oder VoIP. Verbindungsdaten von Festnetzgesprächen weichen den Aussagen des US-Beamten zufolge aber deutlich von den Datensätzen ab, die bei Mobilfunk-Telefonaten generiert werden.

Letzte beinhalten etwa Standortdaten – also ein Datentyp, den die NSA laut dem Beschluss des Geheimdienst-Gerichtshofs FISC nicht speichern darf. Zumindest bei der Telefondaten-Sammlung innerhalb der USA soll die NSA lediglich erfassen, welche Nummern wie lange und zu welchem Zeitpunkt miteinander telefoniert haben. Dementsprechend muss die NSA die Datensätze, die von den Mobilfunkanbietern übermittelt werden, entsprechend der FISC-Vorgaben bereinigen, um diese in die Telefondaten-Sammlung aufnehmen zu können.

Einigen Branchenvertretern reichen die fehlenden Mobilfunk-Daten als alleiniger Grund aber nicht aus. Dass lediglich 20 bis 30 Prozent der US-Telefondaten erfasst werden, wäre nur dann erklärbar, wenn auch die Anbieter von IP-Telefonie keine Verbindungsdaten an die NSA übermitteln.

Kritiker erstaunt, NSA unbeirrt

Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) zeigen sich angesichts der geringen Ausbeute zwar erstaunt, allerdings hätte diese keinen Einfluss auf die grundlegenden Probleme des Überwachungsprogramms. „Für unschuldige Amerikaner sind 20 oder 30 Prozent immer noch eine erhebliche Anzahl, rechtlich legale Aktivitäten ausbremsen wird“, sagte Christopher Soghoian, Forscher und Datenschutz-Aktivist bei ACLU. Selbst wenn die NSA nur ein Viertel der Telefondaten erfasst, summiert sich das bei einer Speicherdauer von fünf Jahren auf eine Sammlung von mehreren zehn Milliarden Verbindungsdaten.

Regierungs- und Geheimdienstvertreter erklärten infolge der Enthüllungen von Edward Snowden, dass die Telefondaten sogar innerhalb der USA vollständig erfasst werden müssten, um Terror-Anschläge zu verhindern. Ob dieses Programm tatsächlich einen Beitrag im Anti-Terror-Kampf leistet, ist jedoch umstritten. Studien und Untersuchungen tendierten in dieser Frage zuletzt zu einem „Nein“. NSA-Vertreter erklären mit Blick auf den aktuellen Bericht, dass die Telefondaten-Sammlung nützlich wäre, selbst wenn nur ein Viertel der Verbindungsdaten erfasst werde. „Es ist besser als Nichts“, so ein NSA-Direktor.

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