The Elder Scrolls Online im Test: MMORPG für Genre-Liebhaber

 3/6
Sasan Abdi
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Frei begehbare Spielwelt

Darüber hinaus hat die Wahl von Fraktion bzw. Volk auch Auswirkungen darauf, wo der Charakter des Spielers nach dem Tutorial (das beim zweiten von maximal acht Charakteren nicht mehr gespielt werden muss) erwacht. Unseren Hauptcharakter, einen bretonischen Magier, verschlug es beispielsweise seiner Allianz entsprechend nach Dolchsturz.

Hier wird der Spieler zunächst etwas von der bereits beschriebenen Erzählmechanik erschlagen: Weitgehend lose entlässt ihn TESO nach der Erklärung der Hintergrund-Story in die Spielwelt. Frei nach dem Motto „mach einfach mal“ begibt man sich zunächst grob auf die Suche nach den Ursachen, die dazu führten, dass man als Seelenloser in Kalthafen erwachte.

Dabei stolpert der Spieler allerdings schon in den ersten Minuten über zahlreiche Nebenquests, die nicht nur aktiv aufgenommen, sondern teilweise direkt an einen herangetragen werden.

The Elder Scrolls Online im Test
The Elder Scrolls Online im Test

Bereits in den ersten fünf Spielstunden wird dabei deutlich, was zu den großen Stärken von TESO zu zählen ist. Erstens wird man in eine Spielwelt entlassen, die nicht nur wunderbar vielfältig ist, sondern obendrein auch wirklich weitgehend frei begehbar: Anders als etwa beim schlauchige SWTOR lassen sich die meisten angenehm großen Gebiete von Tamriel in TESO wirklich nach Belieben erkunden und werden immer wieder von separaten, meistens unterirdischen Instanz aufgebrochen.

Zweitens zeigt sich, dass TESO tatsächlich wie ankündigt „storydriven“ ist. In dieser Hinsicht ähnelt der Titel wiederum einem SWTOR: Sämtliche Dialoge sind voll vertont, fast jeder Quest liegt eine durchdachte und meistens auch durchaus spannende kleine Geschichte zugrunde.

Dies führt dazu, dass man sich schnell gerne treiben lässt: Die große Bedrohung durch Molag Bal verblasst, als wir uns anschicken, Komplotte gegen den König aufzudecken, eine Mordserie aufzuklären, einer Piraten-Kapitänin zur Hand zu gehen und einem ausgebüchsten Schwein nachzustellen.

Freiheit an der kurzen Leine

Wer möchte, kann dabei tief in die Spielwelt eintauchen. Immer wieder bieten diverse Schriftstücke und Informationen die Möglichkeit, sich noch weiter mit den Umständen und Geschehnissen in Tamriel vertraut zu machen. Schade ist in dieser Hinsicht, dass man die allermeisten NPC dazu zwar ansprechen kann; in vielen Fällen erhält man aber nur Ein-Satz-Antworten oder der Dialog endet spätestens nach zwei, drei Nachfragen. Noch etwas mehr Dialogmasse und -möglichkeiten würden TESO nach aktuellem Stand der Dinge guttun.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt ist, dass die stets durch eine interessante Erzählung verpackten Standard-Tätigkeiten immer voll durchstrukturiert sind. Auch wenn TESO den Spieler ab und an – und manchmal offensichtlich ungewollt – von der Leine lässt und man so beispielsweise eine gute Stunde darauf verwenden kann, etwas frustriert nach einem Äffchen (unter vielen, vielen Vorbesteller-Äffchen!) zu suchen: Meistens zeigt einem die Bedienung des Spiels doch völlig klar, wo es lang geht, was dort zu tun ist und sogar, welche Überraschungen einen potentiell erwarten.

Die dennoch hohe Güte und das reichliche Aufkommen der Quests führen unserem Eindruck nach zu einem Effekt, der schon bei SWTOR vorhanden war, hier aber noch viel stärker auftritt: Obwohl TESO ein MMORPG ist, funktioniert es auch ziemlich gut für Einzelspieler.

Dies ist zunächst mal positiv, denn nicht alle Spieler sind zwingend und immer daran interessiert, in Gruppen-Quests zu ziehen. Dies gilt umso mehr dann, wenn man nicht Teil einer Gilde ist – und so auf Gedeih und Verderb auf die Kompetenz und Freundlichkeit seiner zufälligen Mitspieler angewiesen ist.

Auf der anderen Seite ist es aber schon paradox, dass man in einem MMO mindestens bis zum Midgame problemlos alleine zurecht kommt. Dieser Umstand birgt eine Gefahr, denn an die Dichte eines Offline-„Skyrim“ reicht TESO als MMORPG für Einzelspieler logischerweise nicht heran. Man sollte deswegen nicht den Fehler machen, TESO vorrangig als Einzelspieler-Titel zu spielen – auch wenn einem das Spiel diese Möglichkeit ohne große Scham anbietet.