Auch die Bundeswehr will soziale Netze überwachen

Andreas Frischholz
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Neben dem Bundesnachrichtendienst (BND) verfolgt auch die Bundeswehr den Plan, soziale Netzwerke künftig in Echtzeit zu überwachen. In den nächsten zwei Jahren sollen die entsprechenden Analyse-Methoden im Rahmen des Projekts „WeroQ“ („Wissenserschließung aus offen Quellen“) erforscht werden.

Das geht aus Unterlagen der Bundesregierung hervor, die Zeit Online vorliegen. Bereits bekannt ist, dass es sich bei WeroQ um ein Forschungsprojekt handelt, bei dem das Verteidigungsministerium mit einem Fraunhofer Institut aus dem Raum Bonn und IBM zusammenarbeitet. Der Startschuss erfolgte im Mai 2014. Für die Forschungen hat das Verteidigungsministerium einen Zeitraum von zwei Jahren und einen Etat von 1,35 Millionen Euro angesetzt.

Ziel der Forschungen ist, Informationen aus offen zugänglichen Massendaten zu erhalten, die für die Gefahrenabwehr relevant sind. Neu ist allerdings, dass Aktivitäten in sozialen Netzwerken wie Tweets, Facebook-Likes und Postings beobachtet werden, um die Erkenntnisse mit Daten aus bestehenden Datenbanken zusammenzuführen. Auf diese Weise will man an Informationen gelangen, die präzisere Vorhersagen ermöglichen. Sofern sich das Forschungsprojekt bewährt, sollen die gewonnen Informationen in das Führungsinformationssystem der Bundeswehr einfließen.

Als Grundlage dient die Analyse- und Such-Software „Content Analytics“ von IBM. Diese ist eigentlich für Unternehmen konzipiert und soll laut der Produkt-Webseite Erkenntnisse liefern, um „Geschäftsergebnisse vorherzusehen und zu beeinflussen“. Dafür nutzt das Programm eine Rich-Text-Analyse, um „Trends, Muster und Beziehungen aus unstrukturierten Daten und zugehörigen strukturierten Daten abzuleiten“. Unternehmen soll so ermöglicht werden, wertvolle von wertlosen Inhalten zu unterscheiden und die Präferenzen von Kunden zu ermitteln.

Inwieweit die Bundeswehr das Programm nutzen will, um soziale Netzwerke zu überwachen, ist noch offen. Politisch fragwürdig ist zudem, dass die Bundesregierung noch im März erklärte, im Rahmen von WeroQ sollen keine sozialen Netzwerke beobachtet werden. In einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage der Linken hieß es: „Soziale Medien sind davon ausgenommen und werden nicht betrachtet. An diesem Vorhaben sind keine weiteren Teilnehmer und Beobachter beteiligt.“ Dass diese Aussage schlicht falsch ist, gehe laut Innenministerium bedauerlicherweise auf ein „Büroversehen“ zurück.

Ohnehin ist WeroQ aber nur eines von mehreren Data-Mining-Projekten, die deutsche und europäische Sicherheitsbehörden vorantreiben. Grundsätzlich zielen diese Projekte darauf ab, Sicherheitsbehörden durch das automatisierte Sammeln und Auswerten von offen zugänglichen Daten neue Erkenntnisse für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu verschaffen. So will etwa auch der BND künftig soziale Netzwerke wie Flickr, Facebook oder Twitter in Echtzeit überwachen, um bessere Erkenntnisse über die Gesamtlage im Ausland zu erhalten.