Regierung will schärfere Regeln für Googles Datensammlung

Andreas Frischholz
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Im Wettbewerbsverfahren gegen Google soll die EU-Kommission keiner vorschnellen Einigung zustimmen, mahnt das Bundesjustizministerium. Der zuletzt vorgeschlagene Kompromiss berücksichtige nicht das Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten, sodass „nachteilige Wettbewerbsverzerrungen“ zulasten der Nutzer entstehen.

Das schreibt der für Verbraucherschutz zuständige Staatssekretär Gerd Billen in einem Brief an den EU-Verbraucherkommissar Neven Mimica, berichtet der Spiegel. Bislang erhebt die EU-Kommission den Vorwurf, Google benachteilige Wettbewerber mittels manipulierter Suchergebnisse. Das wäre laut Billen nicht ausreichend, da „die Marktmacht von Google auch auf den über [die Nutzer] gesammelten und für die zielgerichtete Werbung jederzeit verfügbaren Daten (...) beruht“.

Diesen Aspekt müsste die EU-Kommission berücksichtigen, wenn über ein Wettbewerbsverfahren gegen Google entschieden wird. Die bisherigen Kompromissvorschläge von Google wären nach Ansicht von Billen „verbesserungswürdig“ und zum Teil „auch gefährlich“, zitiert der Spiegel. Dass die Einigung zwischen Google und der EU-Kommission vom Februar dieses Jahres nochmals überarbeitet wird, hatte die EU-Kommission aber ohnehin durchblicken lassen.

Monopol ist nicht zwingend ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht

Dass das Sammeln und Auswerten von persönlichen Daten nicht nur mit Blick auf den Daten- und Verbraucherschutz relevant ist, sondern auch das Wettbewerbsrecht berührt, hat die Monopolkommission bereits Anfang Juli in einem Gutachten beschrieben. In diesem mahnen die deutschen Wettbewerbsbeobachter zur Besonnenheit im Umgang mit den Internetdiensten. Vor weiteren Maßnahmen sei zunächst eine vertiefte Analyse von den Problembereichen der Internetwirtschaft nötig. Forderungen wie eine Zerschlagung von Google werden abgelehnt.

Als Grund für das zurückhaltende Vorgehen nennt Monopolkommission-Vorsitzender Daniel Zimmer im Interview mit Zeit Online die dynamischen Märkte der Internetwirtschaft. „In Deutschland galten SchülerVZ und StudiVZ noch vor noch nicht allzu langer Zeit als Platzhirsche. Heute ist praktisch jeder bei Facebook. Und morgen kann wieder ein anderer Anbieter vorne sein“, so Zimmer. Angesichts dieser Ausgangslage wäre selbst eine große Marktmacht in der digitalen Ökonomie „möglicherweise weniger schädlich als in traditionellen Industrien“, weil diese sich nicht mehr so leicht ausnutzen lasse. Entscheidend ist also nicht nur die Monopolstellung eines Unternehmens, sondern vielmehr die Frage, ob potentielle Wettbewerber noch eine Chance haben, sich gegen den Marktführer durchzusetzen.

Daten-Ökonomie und das Wettbewerbsrecht

In dem Gutachten (PDF-Datei) erklärt die Monopolkommission allerdings auch, dass das Instrumentarium aus dem klassischen Wettbewerbsrecht nicht ausreicht, um einer datenbezogenen Internetwirtschaft gerecht zu werden. Denn die Geschäftsmodelle von erfolgreichen Internetdiensten wie Google und Facebook basieren oftmals auf einem weitreichenden Zugriff auf Nutzerdaten. Das habe sowohl positive als auch negative Aspekte: „Ein solcher Datenzugriff kann einerseits (personalisierte) Dienstleistungen erst ermöglichen. Andererseits können auf Grundlage von Netzwerk- und Kundenbindungseffekten sowie Größenvorteilen wirtschaftliche Machtpositionen entstehen und es kann zur Marktverschließung kommen.

Für die Zukunft müsse allerdings geklärt werden, welchen Stellenwert der Zugriff auf Nutzerdaten in Kartellverfahren einnehmen soll. Bereits heute wäre es erforderlich, dass Internetnutzer bessere Möglichkeiten erhalten, um „eine missbräuchliche Verwendung ihrer Daten zu erkennen und darauf reagieren zu können.“ Das würde in der Praxis bedeuten, dass Nutzer separat auswählen können, auf welche persönliche Daten ein Internetdienst zugreift – und auf welche nicht.