Early Access: Nur ein Viertel aller Spiele wird fertiggestellt

Max Doll
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Early Access: Nur ein Viertel aller Spiele wird fertiggestellt

Über Steams „Early-Access“-Programm können Entwickler früher Versionen ihrer Spiele veröffentlichen und so Feedback ihrer Nutzer in ihre Arbeit einfließen lassen. Wie eine aktuelle Untersuchung feststellt, ist jedoch nur ein Viertel der in diesem Rahmen veröffentlichten Titel tatsächlich fertiggestellt worden.

Die Marktforscher von Electronic Entertainment Design and Research (EEDAR) stellen grundsätzlich eine zunehmende Beliebtheit des Modells bei Anbietern fest. Während kleinere Studios mit den auf diese Weise generierten Einnahmen die Entwicklung neuer Marken finanzieren könnten, die 85 Prozent aller Early-Access-Spiele ausmachen, würden Publisher wie InExile und Paradox mit dieser Methode bestehende Serien ausbauen, die auf ein spezifischen Publikum zielen. Seit dem Start der Kategorie auf Steam wären jedoch nur 25 Prozent aller Spiele tatsächlich als Vollversion veröffentlicht worden.

Diese Zahl, stellt die Analyse heraus, sei nicht durch den starken Anstieg an Early-Access-Spielen in diesem Jahr bedingt, sondern lasse sich in ähnlicher Größenordnung auch für die im Jahr 2013 eingestellten Titel belegen. Von den neun im März 2013 eingestellten Spielen seien nur drei erschienen, begründet EEDAR, womit die Marktforscher allerdings mit einem einzelnen Monat argumentieren. Während die Quote in den darauf folgenden Monaten steigt, sinkt sie ab dem September 2013 stark. Fraglich ist allerdings, warum in die Statistik Titel der letzten drei Monate aufgenommen wurden: Dort fällt die Anzahl der fertiggestellten Spiele naturgemäß minimal aus. Betrachtet man anhand der aufgestellten Statistik nur das Jahr 2013, wurden immerhin rund 42 Prozent aller Spiele fertiggestellt. Für Titel, die vor mindestens zwölf Monate im „Early-Acess“-Programm eingestellt wurden, liegt die Quote hingegen bei fast 50 Prozent.

Tatsächlich fertiggestellte Spiele
Tatsächlich fertiggestellte Spiele (Bild: EEDAR (via Games Industry))

Zu den populärsten Genres, die über Early Access entwickelt werden, zählen Rollen- und Actionspiele, Shooter und Simulationen. Diese Gattungen gehören gleichzeitig zu denjenigen mit der geringsten Quote veröffentlichter Produkte. Wie bei anderen Geschäftsmodellen, bei denen ein unfertiges Produkt finanziert werden soll, bestehe die Gefahr des Scheiterns sowie von nicht eingehaltenen Versprechen gegenüber dem Kunden. Als besonders problematisch stellen die Marktforscher das Fehlen eines festen Veröffentlichungstermins heraus. Während bei Kickstarter-Kampagnen oder beim Kauf eines Season Pass ein fester Zeitplan existiere, könne ein Spiel ewig im „Early-Access“-Programm bleiben. Early Access habe zwar bezahlte Beta-Programme legitimiert, aber bislang nicht die gleiche Kritik erfahren wie diese Geschäftsmodelle und genieße noch einen positiven Ruf.

Veröffentlichte Spiele sind im Schnitt günstiger
Veröffentlichte Spiele sind im Schnitt günstiger (Bild: EEDAR (via Games Industry))

Insbesondere auf Kickstarter ist der Trend des letzten Jahres zu großen Projekten, der zahlreiche Spiele mit Millionenbeträgen finanzierte, merklich abgeflacht. Neben erfolgreich veröffentlichten Titeln wie „Wasteland 2“ wurden Nutzer durch Fehlschläge wie Yogscast oder das erst zur Hälfte veröffentlichte Adventure Broken Age zurückhaltender. Auch fragwürdige Kampagnen wie diejenige um den Ego-Shooter Areal tragen zur Zurückhaltung bei der Schwarmfinanzierung bei. Zuletzt verfehlte etwa das Strategiespiel Human Resources seine Zielvorgaben deutlich – auch in Anbetracht des unfertig veröffentlichten „Vorgängers“ Planetary Annihilation. Diese Gefahr droht auch Early Access.

Quote veröffentlichter Spiele nach Genre
Quote veröffentlichter Spiele nach Genre (Bild: EEDAR (via Games Industry))

Aufschlussreich sind zudem weitere Zahlen der Analyse. Im Schnitt erreicht ein Spiel, das den Schritt zur Vollversion schafft, diesen Zustand rund sechs Monate nach dem Erscheinen der Early-Access-Fassung. Der Grundpreis für die Basisversion liegt jedoch im Durchschnitt um einen US-Dollar höher als bei der späteren und besseren Verkaufsversion. Insofern kommen die Marktforscher zu dem Schluss, dass „Spieler im Endeffekt einen Aufpreis für frühen Zugang zu einem Titel“ bezahlen müssen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die im Schnitt teuersten Genres – Shooter und Rollenspiele – auch die längste Zeit bis zur finalen Veröffentlichung benötigen.

Entsprechend sollten, so das abschließende Fazit, „Publisher und Entwickler aller Größenordnungen Risiken und mögliche Vorteile dieser neuen Modelle im Kopf behalten“. Diese würden zwar eine Chance bieten, frühzeitig Feedback zu erhalten und einen Menge von Fans zu gewinnen. Ihnen könnte jedoch bald ein negativer Ruf anhaften, „wenn die gegenwärtigen Trends zur Veröffentlichung der fertigen Spiele und den verlangten Preisen anhalten“. Indie-Entwickler hatten schon zur Jahresmitte befürchtet, dass die Idee hinter der Alpha-Finanzierung durch das vermehrte Aufkommen gescheiterter oder fragwürdiger Projekte „den Bach runtergeht“, äußerten sich aber positiv über das erhaltene Feedback der frühen Käufer und damit einhergehend auch über das prinzipielle Konzept.

Kurz darauf sorgte die plötzliche Einstellung des Double-Fine-Strategiespiels „Spacebase DF-9“ für eine Kontroverse. Der Titel sprang von einer unfertigen Alpha- zur Vollversion, wobei viele der angekündigten Spielelemente nicht realisiert wurden. Gegenwärtig rufen Nutzer wie Entwickler daher nach Kontrollmechanismen für Early Access, welche die Qualität und Seriosität des Angebots sichern sollen.