Far Cry 4 im Test: Mit mehr Hirnschmalz im fantastischen Himalaya

 3/4
Sasan Abdi
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Detailänderungen am Gameplay

Von der Strahlkraft des Settings profitiert auch das Gameplay. Es macht einfach Spaß, sich mit einem Gleitschirm von Hang zu Hang zu schwingen und dabei das Panorama zu betrachten. Durch die abwechslungsreichen Umgebungen fällt es zudem weniger auf, dass sich manche Aufgaben wie schon in den Vorgängern auch hier oft wiederholen. Wir fliegen mit einem Minikopter durch bedrohliche Schluchten, erforschen dunkle Höhlen, durchsuchen verlassene Siedlungen, bekämpfen die Armee im ewigen Eis der Berge und gleiten zwischendurch über in die Zwischenwelt von Shangri-la, die im Himalaya den Ruf eines Paradieses hat.

Die Vielfalt ist enorm wichtig, weil sie ein schlagendes Argument dagegen ist, „Far Cry 4“ als „Far Cry 3.5“ zu bezeichnen. An der grundlegenden Spielmechanik hat sich nämlich nicht viel geändert. Nach wie vor wird der Spieler in die offene Spielwelt entlassen, in der ihr oder ihm das weitere Vorgehen offen steht. Als Anker dienen dabei wie gehabt die auf der Karte markierten Missionen der Kampagne. Hinzu kommen allerlei Nebenmissionen, die beispielsweise für Waffenhändler oder andere schräge Gestalten durchgeführt werden können. Diese laufen zwar in aller Regel darauf hinaus, dass Ajay irgendjemandem den Hintern versohlt. Positiv ist aber, dass auch diese Aufgaben meistens cineastisch eingebett sind, sodass Videosequenzen und Dialoge immer wieder den sich im Kern wiederholenden Charakter der Aufgaben überspielen.

Und natürlich locken auch dieses Mal wieder allerlei Sammel- und Spaßaufgaben. Mit den vielen zur Verfügung stehen Gefährten kann an Wettrennen teilgenommen werden, was aufgrund der nach wie vor arcadigen, ziemlich schwammigen Steuerung durchaus eine Herausforderung sein kann. Und auch in der Kampfarena des Landes kann sich Ajay immer wieder an unterschiedlichen Herausforderungen versuchen.

Beim Sammelteil ist gelungen, dass dieser – anders als beispielsweise bei „Assassin's Creed“ – nicht Selbstzweck ist, sondern oft mit einer inhaltlichen Komponente verknüpft ist. Besonders motivierend sind in dieser Hinsicht die erwähnten Shangri-la-Missionen, die nur dann zur Verfügung stehen, wenn Ajay Stück für Stück einen in alle Teile des Landes verstreuten Wandteppich wieder zusammensetzt. Hier erhält der Spieler für seine Mühen einen echten Mehrwert – gut so!

Neu ist schließlich auch, dass der Protagonist immer mal wieder vor Entscheidungen gestellt wird. Konfrontiert mit den unterschiedlichen Sichtweisen der beiden Anführer vom Goldenen Pfad ist es immer wieder am Gründersohn zu bestimmen, welche Vorgehensweise gewählt werden soll. Sollen eher die Menschen eines Dorfes beschützt werden? Oder sollen die militärischen Ressourcen stattdessen lieber in die Aufklärung von Feindaktivitäten investiert werden? Derlei Entscheidungen muss Ajay immer wieder treffen, wobei die Wahl nicht nur darüber entscheidet, welcher der beiden Anführer in der Folge über mehr Macht verfügt: Auch die Missionen variieren entsprechend der gewählten Vorgehensweise.

Trotz dieser Detailänderungen muss für diesen Betrachtungsbereich festgehalten werden: Das Gameplay bleibt im Kern nahezu unverändert.

Koop als optionaler Bestandteil

An diesem Umstand ändert auch die weitreichendste Gameplay-Anpassung, die vergleichsweise schonende Integration von Koop-Missionen, nichts. Diese werden auf der Karte genauso prominent markiert wie die Hauptmissionen. Mit bis zu drei Mitspielern kann man so kurzerhand aus dem Solospiel aussteigen und sich beispielsweise an der Erstürmung einer Armee-Hochburg versuchen. Darüber hinaus können sich die Gruppen dank eines Map Editors auch auf eigenen Karten ausstoben, wobei der Editor allerdings wirklich nur für den Koop und nicht für den kompetitiven Teil des Mehrspielers verwendet werden kann.

Anders als etwa bei „Assassin's Creed Unity“ kann dazu vorab ausgewählt werden, ob Koop-Aufgaben überhaupt eingeblendet werden sollen. Entscheidet man sich für ein reines Offlinespiel, wird man erst gar nicht behelligt. Die Variante mit Koop-Missionen hat allerdings den Nachteil, dass das Spiel abgebrochen wird, sobald die Verbindung zu uPlay unterbrochen ist. Das muss nicht nur an der Internetverbindung liegen: Zum Start von „Far Cry 4“ flogen wir immer wieder raus, weil die Ubisoft-Server vom Ansturm überfordert waren. Ärgerlich, denn die zu dem Zeitpunkt gerade laufende Mission startet beim erneuten Login natürlich vom letzten Speicherpunkt, der mit etwas Pech Minuten weit zurückliegt – ein für die Entwickler kaum lösbares Problem, das deutlich macht, wie löblich die klare Unterteilung in Offline- und Online-Kampagne ist.

Darüber hinaus steht ein konventioneller Multiplayer-Part bereit, in dem je fünf Spieler in zwei Teams gegeneinander antreten können. Die drei zur Verfügung stehenden Modi bieten dabei die konventionellen Mechaniken von Punktehalten und Ziele zerstören. Interessant sind die aus der Handlung der Kampagne entlehnten Fraktionen: Auf den Goldenen Pfad trifft eine Eliteeinheit von Pagan Min, die mit unkonventionellen Waffen arbeitet und dadurch für etwas Pepp sorgt. Für ein paar spaßige Stunden reicht dieses Gemisch durchaus – mehr sollten die Spieler aber nicht erwarten.

Gute Grafik, kleine Fehler

Grafisch bewegt sich „Far Cry 4“ auf einem hohen Niveau, das maßgeblich zur Strahlkraft des Settings beiträgt. Kirat ist nicht nur schick und variantenreich angelegt, es ist auch malerisch in Szene gesetzt.

Dies bedeutet aber nicht, dass die technische Umsetzung fehlerfrei wäre. Auffällig sind zum einen verkraftbare kleinere Makel wie Clippingfehler, eine mit der Fahrzeugsteuerung überforderte KI und Details wie Adler, die auf der Spitze von unsichtbaren Bäumen im Nichts sitzen.

Ein weitaus groberer Schnitzer ist aber das beim Führen von Fahrzeugen auftretende Mikroruckeln, das die Handhabung je nach Situation und Umgebung nah an die Unspielbarkeit treiben kann. Unverständlich, warum dieses Problem auch nach zwei Updates noch besteht – hoffentlich wird Ubisoft hier schnell nachbessern.

Und auch sonst sollte man ein aktuelles System sein Eigen nennen, um FC 4 in annähernd voller Pracht genießen zu können. Auf unserem Testsystem lief der Titel in „sehr hohen“ Einstellungen und einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixeln mit gerade noch vertretbaren Bilderraten, die in einfachen Situationen bei 60 klebten (VSync aktiviert), in besonders fordernden Momenten aber auch mal auf 27 bis 30 einbrechen konnten.

Ein kleines Lob verdient sich in technischer Hinsicht die KI. Zwar können viele NPCs noch immer nicht so richtig zuverlässig Autofahren, insgesamt aber hat sich doch spürbar etwas getan. So richtig stumpf sind die Gegner in FC 4 nämlich nicht mehr: Bogenschützen versuchen verdeckt anzugreifen und bleiben auf Distanz, Granaten werden gezielt geworfen und mit etwas gutem Willen kann man sogar erkennen, wie einen die Soldaten des irren Herrschers einkreisen und teilweise richtig hartnäckig verfolgen. Eine überfällige, positive Entwicklung!

Gelungen ist schließlich auch die Vertonung, die mit überwiegend bekannten, meist sehr guten deutschen Sprechern punktet. Klar, dass auch die gute Synchronisation zur Atmosphäre beiträgt.

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