Übernahme-Poker: BlackBerry-Übernahme durch Samsung noch nicht begraben

Sasan Abdi
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Übernahme-Poker: BlackBerry-Übernahme durch Samsung noch nicht begraben

In der letzten Woche machte ein Gerücht die Runde, das für Aufsehen sorgte: Unterschiedliche Medien berichteten, dass Samsung den Kauf von BlackBerry erwägen würde. Nach großen Dementi von beiden Seiten berichtet nun die Financial Post: An der Information ist doch etwas dran.

Als Quelle nennt das kanadische Wirtschaftsblatt ein internes Dokument, in dem eine Investmentbank ausführt, wie der Kauf möglicherweise von statten gehen könnte. In dem Papier werden unterschiedliche Modelle erwogen, etwa die Vor- und Nachteile einer Minderheitenbeteiligung. Zwar stammt das Dokument aus dem vierten Quartal des letzten Jahres – laut einer mit der Sache befassten Quelle der Financial Post (FP) ist der Inhalt aber nach wie vor aktuell.

Demnach ist Samsung sehr interessiert an einer Übernahme, sofern der Preis stimmt. „Samsung verfolgt diese Möglichkeit weiterhin“, zitiert die FP ihre Quelle. „Sie prüfen ihre Optionen.“ Es sei noch immer alles offen.

Sowohl bei BlackBerry als auch bei Samsung will man von solchen Plänen weiterhin nichts wissen. Beide Unternehmen dementieren auch dieses Mal, dass ein Verkauf thematisiert worden ist. Im Gespräch mit dem Wall Street Journal verwies Samsung-CEO J.K. Shin darauf, dass der Konzern lediglich daran interessiert sei, bestimmte Technologien von BlackBerry für seine mobilen Geräte zu nutzen. „Wir wollen mit BlackBerry zusammenarbeiten und eine Partnerschaft entwickeln, wir wollen es nicht kaufen“, sagte Shin.

Diese Aussage deckt sich mit dem Papier, das von der Investmentbank zur Struktur einer möglichen Übernahme entworfen wurde. Laut FP wird darin detailliert diskutiert, inwieweit Samsung gerade von den Softwarelösungen von BlackBerry profitieren könnte. Produkte wie die BES12 Server-Software, heißt es in dem Dokument, könnten dabei helfen, Samsungs zuletzt schrumpfende Marktanteile im Geschäft mit Unternehmenskunden zu stärken.

Übernahme-Poker als möglicher Hintergrund

Eine mögliche Interpretation der klaren Dementis ist, dass die ersten Medienberichte zu einer Übernahme Samsungs Pläne für einen schnellen und günstigen Zuschlag durchkreuzten. Auf einem solchen Wege, so Beobachter, wäre es dem Konzern mit Blick auf den derzeit relativ geringen Aktienwert von BlackBerry möglich gewesen, die Akquisition für eine eher übersichtliche Summe herbeizuführen. Mit einem nun nervösen Markt im Hintergrund dürfte ein solcher Deal jetzt schwerer fallen. Allein die kurzzeitig undementiert wieder aufflammenden Gerüchte um eine Übernahme ließen das BlackBerry-Papier kurzzeitig wieder steil steigen.

Kein Wunder also, dass mancher Analyst davon ausgeht, dass die Information zu einem möglichen Verkauf von BlackBerry selbst an die Nachrichtenagentur Reuters durchgestochen wurde. Demzufolge hätte sich Samsung verpokert: Mit der Hoffnung auf ein Schnäppchen unterbreitete es ein zu niedriges Angebot, was BlackBerry zugunsten des eigenen Börsenwertes und der Eigen-PR auffliegen ließ.

Einer anderen Lesart zufolge erfuhr BlackBerry erst durch die Reuters-Meldung, dass Samsung ein Angebot erwägt – und fand sich durch die Veröffentlichung prompt in einer gestärkten Position wieder.

Banker sehen BlackBerry aus dem Gröbsten heraus

In beiden Fällen gilt: Für Samsung ist das vorzeitige Bekanntwerden ein gravierender taktischer Nachteil, der eine Erklärung dafür sein kann, weshalb sich beide Unternehmen schnell hinter vergleichsweise umfassende Dementis zurückgezogen haben. Ob die Übernahme damit vom Tisch ist, ist schwer zu sagen.

Das von der FP ausgegrabene Dokument liefert jedenfalls den Hinweis darauf, dass die von Samsung beauftragte Bank BlackBerry mittlerweile auf dem richtigen Weg sieht: Binnen der nächsten Jahre würden sich die Umsätze mit dem Hardware-Geschäft stabilisieren, während das Unternehmen die Umsätze bis 2017 auf 636 Millionen US-Dollar verdreifachen werde, heißt es in dem Bericht der Banker.

Sollte Samsung dieser Interpretation folgen, kann die Implikation nur lauten: Ein Zuschlag dieser Tage könnte sich als sehr lohnendes Geschäft entpuppen.