BND-Skandal: Hilfe für NSA-Spionage gegen Frankreich und EU

Andreas Frischholz
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BND-Skandal: Hilfe für NSA-Spionage gegen Frankreich und EU
Bild: Jean-Pierre Dalbéra | CC BY 2.0

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat sich offenbar jahrelang von der NSA ausnutzen lassen, um für den US-Dienst in erster Linie europäische Politiker und Staaten auszuspionieren. Hinweise auf gezielte Wirtschaftsspionage würden laut einem Bericht von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR nur vereinzelt vorliegen.

So lautet zumindest der aktuelle Stand bei der Analyse der Selektoren, die die NSA zwischen 2002 und 2013 übermittelt hatte und vom BND in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist wurden. Dabei soll es sich um 690.000 Telefonnummern und 7,8 Millionen IP-Suchbegriffe handeln, von denen bis dato 40.000 im Widerspruch zu dem Überwachungsauftrag des BND stehen.

Bei diesen würde die NSA jedoch in erster Linie nach Informationen suchen, die hochrangige Beamte des französischen Außenministeriums, des Élysée-Palastes und der EU-Kommission betreffen. Deutsche Politiker sollen sich bislang nicht auf der Liste befinden. Ebenso wären Unternehmen aus Deutschland nur am Rande betroffen. „Der Kern ist die politische Ausspähung unserer europäischen Nachbarn und von EU-Institutionen“, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person laut dem Bericht der Süddeutschen Zeitung.

Inzwischen soll der BND die Suchpraxis jedoch geändert haben. E-Mails mit der Endung .eu würden etwa automatisch aussortiert werden. Und auch für europäische Partnerstaaten habe der Geheimdienst nun ähnliche Filter eingebaut.

Politischer Druck steigt

Derweil befindet die Bundesregierung zunehmend in Erklärungsnot. So wehrt sich etwa Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gegen den Vorwurf, er habe das Parlament bewusst belogen. Der Hintergrund ist eine Antwort auf eine Anfrage der Linken vom 14. April (PDF-Datei). In dieser heißt es, der Bundesregierung würden „weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten“ vorliegen. Mittlerweile ist allerdings bekannt, dass das Bundeskanzleramt vom BND bereits 2008 erste Hinweise erhalten hatte. Und im März dieses Jahres informierte BND-Präsident Gerhard Schindler den derzeitigen Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) über das bis dato bekannte Ausmaß des Spionage-Skandals. So soll nun auch Altmaier für die falsche Antwort – und damit die bewusste Täuschung des Parlaments – verantwortlich sein, weil das Innenministerium die entsprechenden Informationen vom Bundeskanzleramt erhalten hatte.

Derweil erklärte de Maizière, er wolle die Vorwürfe möglichst schnell aufklären. Die entsprechenden Informationen wären jedoch als „geheim“ oder „streng geheim“ klassifiziert. „Deswegen bin ich außerstande, mich öffentlich zu diesen Vorwürfen oder Fragen zu äußern“, so der Innenminister laut einem Bericht von Spiegel-Online. Aussagen will er nur vor den parlamentarischen Kontrollgremien und im NSA-Ausschuss.

Dort wird auch zu klären sein, welche Kenntnisse er in seiner Amtszeit als Kanzleramtsminister zwischen 2005 und 2009 hatte. Laut dem Bericht der Süddeutschen Zeitung soll er lediglich erfahren haben, dass „die US-Seite versucht, die Erfassung auf Bereiche auszudehnen, die nicht im gemeinsamen Interesse liegen“. Einzelheiten über die Vorfälle sollen dann erst seinem Nachfolger Roland Pofalla (CDU) im Jahr 2010 vorgelegt worden sein.

Grüne wollen Snowden befragen

Die Opposition aus Linken und Grünen sowie einige Vertreter der SPD fordern nun, dass das Parlament eine vollständige Liste mit den Suchbegriffen erhalten müsse. Doch das Kanzleramt gibt sich in dieser Frage noch zurückhaltend. Eine entsprechende Anfrage wurde bei den US-Behörden eingereicht, doch bislang gebe es noch keine Antwort, berichtet die Zeit.

In der Zwischenzeit haben Abgeordnete der Grünen erneut die Forderung aufgestellt, dass Edward Snowden im NSA-Ausschuss aussagen soll. Angesichts der aktuellen Vorwürfe müsse die Anhörung möglichst schnell erfolgen, erklärte Hans-Christian Ströbele am Dienstag in Berlin. Und Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte, Snowden sei vor allem mit Blick auf die NSA-Spionage gegen Unternehmen und politische Kreise ein sehr interessanter Zeuge.