F1 2015 im Test: Der McLaren-Honda im Rennspielgenre

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Max Doll
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Präsentation

Weil Überholvorgänge trotz allem gut möglich sind, kommt das weniger der echten Formel 1 als dem Idealziel der Rennserie nahe – und zeigt, dass darin ordentliches Unterhaltungspotenzial verborgen liegt. Auf diesem Fundament setzt Codemasters an, um aus der Rennsimulation eine Rennfahrersimulation zu machen: Kameras werfen einen Blick in die Boxen, das gewählte Alter Ego darf nun zum Ändern von Setup-Einstellungen ein Tablet entgegennehmen und vor dem Rennen in der Startaufstellung warten. Kurzum: Es ist nicht mehr nur das Fahren, sondern das gesamte Rennwochenende, das Codemasters aufgreift. Die Auswirkungen dieser an sich eigentlich kleinen Änderungen sind erstaunlich. Sie versetzen weit stärker in das Geschehen, als die unpersönliche und oft distanzierte Präsentation der Vorgänger.

Daran anknüpfend verspricht Codemasters ein „TV-ähnliches Spielerlebnis“. Vor dem Beginn einer Saison, eines Grand Prix und jeder seiner einzelnen Sitzungen geben deshalb Kommentatoren einen kurzen Überblick. Nach dem Rennen warten analog ein paar Statistikinfos zu dem siegreichen Piloten – Happen, über die sich die datenbegeisterten Fans der Rennserie besonders freuen. Umso störender ist die letztlich flache Umsetzung dieser erstklassigen Idee. Zum einen wiederholen sich die Sprüche schnell, zum anderen bleiben sie fürchterlich oberflächlich, anstatt mit Fachwissen ins Detail der Hintergrundinformationen zu gehen, also das zu tun, was gute TV-Übertragungen auszeichnet.

Bekannte Stimmen sollen den Unterschied zum Original möglichst in den Hintergrund treten lassen. In der deutschen Version hat Codemasters allerdings RTL-Kommentator Heiko Wasser verpflichtet, der sich beim Ablesen seiner Sprechzeilen merklich schwer tut und, vorsichtig formuliert, ohnehin keine Beliebtheitsrekorde bei Formel-1-Fans aufstellt. Besser funktioniert die Variante im englischen Original, wo David Croft und Anthony Davidson, die bei Sky F1 kommentieren, wesentlich professioneller auftreten. Über Plattitüden kommt aber auch dieses Duo nicht hinaus, liefert also keine echte TV-Qualität. Die „TV-Atmosphäre“ komplettieren kurze Szenen mit dem gewählten Fahrer, wenn auch in geringer grafischer Qualität, bis hin zur Siegerehrung: Die gab es in diesem Genre seit Ewigkeiten nicht mehr. In der Kohärenz der neuen Features zeigt sich so immerhin, dass Codemasters mit F1 2015 wieder ein Konzept verfolgt.

Inhalt

Auf inhaltlicher Seite belässt es F1 2015 wie schon bei der Präsentation mit einem Magergemisch, was, verglichen mit älteren Spielen der Reihe, einen veritablen Rückschlag markiert: F1 2015 bietet einen „Season Mode“ sowie Einzel- und Zeitfahren. Der „Pro Season Mode“ erzwingt lediglich die Deaktivierung aller (Fahr-)Hilfen inklusive HUD, bietet also spielerisch keinen Mehrwert und ist für Profis lediglich ein Komfort-Extra. Einen Karrieremodus sucht man vergebens, ebenso wie andere Ideen, die Codemasters früher einmal präsentiert hat: Die Formel-1-Klassiker aus F1 2014 oder der unsäglich schlecht umgesetzte Young-Drivers-Test als Tutorial und Einstieg in eine Karriere glänzen durch Abwesenheit.

Detaillierte Boliden sind ein Blickfang
Detaillierte Boliden sind ein Blickfang

Dass sowohl die Saison 2014 als auch die aktuelle Saison 2015 gefahren werden können, bietet insofern kaum Mehrwert: Beim Start des Spiels müssen sich Spieler für einen Jahrgang entscheiden, danach ist ein Wechsel nur umständlich per Optionsmenü möglich. Damit entfällt die Option, etwa zwei Saisons am Stück zu fahren. Codemasters muss sich hinsichtlich dieses Sparpakets fragen lassen, warum etwa in Anbetracht von Turbo- und Lautstärkedebatten, welche die Formel 1 seit dem letzten Jahr begleiten, die aktuelle Saison nicht mit einer Classic-Challenge und alten Turboboliden der 1980er-Jahre flankiert wird, die auf dem Spielberg-Ring in Österreich seit zwei Jahren ein Publikumsmagnet sind. Für ansprechende Inhalte gäbe es zweifelsohne genug Möglichkeiten.

Wenn nahezu jedes aktuelle Rennspiel weit mehr Fahrzeuge, Serien und damit Vielfalt anbietet, gerät der Umfang daher deutlich zu klein. Nur eine Saison am Stück in der Haut des Lieblingsfahrers antreten zu können, reicht zum Vollpreis nicht (mehr) aus. Immerhin kann der inhaltliche Rückwärtsgang als positives Zeichen für die Zukunft verstanden werden: F1 2015 konzentriert sich zunächst auf wesentliche Aspekte und hat viel halbgaren Ballast der Reihe abgeworfen, anstatt sich wie zuletzt gehörig zu verzetteln. Dies schafft zumindest die Grundlage für den langsamen Ausbau der neuen Plattform.

Rudimentäre Optionen im Mehrspieler-Modus
Rudimentäre Optionen im Mehrspieler-Modus

Im Mehrspielermodus warten darüber hinausgehend Matches verschiedener Schwierigkeitsgrade; eigene Rennwochenenden lassen sich aber nur mit Freunden fahren. Über mehrere Tage hinweg war es ComputerBase aber nicht möglich, eine Sitzung erfolgreich ohne Verbindungsabbrüche zu starten. Feststellen lässt sich lediglich, dass die Sprachübertragung standardmäßig aktiviert ist, was sich per Optionsmenü nicht ändern lässt. Laufenden Sitzungen beizutreten, scheint ebenso unmöglich. F1 2015 kann Project CARS, das auch einen Serverbrowser anbietet, nicht das Wasser reichen und ist klar auf jährliche Iteration denn auf langfristige Etablierung angelegt.

Neben dem Mehrspielermodus machen Nutzern aktuell auch andere Aspekte des Ports zu schaffen. Abgesehen von Framedrops gehören zu den Problemen, die Spieler in einem Thread in den Steam-Foren sammeln, unter anderem Abstürze, fehlende Konfigurationsoptionen für die Steuerung oder das oberflächliche Force-Feedback.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.