Tiptoi im Test: Neue Version des Lern- und Spielstiftes von Ravensburger

Michael Schäfer
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Tiptoi im Test: Neue Version des Lern- und Spielstiftes von Ravensburger

Vorwort

Im Herbst 2010 sorgte der Ravensburger-Verlag mit dem audiodigitalen Lernsystem Tiptoi in den Kinderzimmern für eine kleine Revolution. Fortan war es wissbegierigen Heranwachsenden möglich, ihre Umwelt auf völlig neue Art zu entdecken und das Medium Buch mit interaktiven Möglichkeiten zu verknüpfen. Bis heute folgten unter anderem Brettspiele, Puzzles sowie Tierfiguren, mit denen das System eine Vielzahl von Verwendungszwecken bietet. Seit der Markteinführung hat der Verlag weltweit über drei Millionen Stifte verkauft.

Nun hat Ravensburger eine neue Version des Lern- und Spielstiftes veröffentlicht. ComputerBase klärt im Test, ob sich auch für bestehende Nutzer ein Umstieg auf das neue Modell lohnt und welche Möglichkeiten dieser bereithält?

Der Tiptoi-Stift samt Kopfhörer
Der Tiptoi-Stift samt Kopfhörer

Der Stift

Die Technik hinter dem Tiptoi-System ist im Grunde so einfach wie wirkungsvoll. Diese ist komplett im Stift verbaut, die jeweiligen Bücher, Spiele oder Figuren enthalten selbst keinerlei Elektronik. Die Information, welche Audio-Datei wiedergegeben werden soll, erhält diese durch ein auf die Bilder angebrachtes Netz aus für das menschliche Auge unsichtbarer Tinte, dem sogenannten OID-Code. Die in der Spitze des Stiftes enthaltene kleine Kamera samt UV-Filter erkennt diesen Code und ordnet die Informationen den entsprechenden Audio-Dateien zu. Dazu reicht ein Gleiten über das entsprechende Medium bereits aus. Somit ist der Stift eher mit einen Stylus für Tablets als mit einem richtigen Stift vergleichbar, was bei Eltern zu Beginn nicht selten für Verwirrung sorgt.

Der neue Tiptoi-Stift mit Hörbuch-Funktion
Der neue Tiptoi-Stift mit Hörbuch-Funktion
Leicht zugänglichere Anschlüsse beim neuen Tiptoi-Stift
Leicht zugänglichere Anschlüsse beim neuen Tiptoi-Stift
Die Kameraspitze ist im neuen Modell besser geschützt
Die Kameraspitze ist im neuen Modell besser geschützt

Audio-Player mit proprietärem Audio-Format

Die neue Stiftversion unterscheidet sich in technischer Hinsicht kaum vom Vorgänger. Nach wie vor fasst er knapp über drei Gigabyte eigene Audiodateien. Im Gegensatz zum vorherigen Modell spielt der neue Stift nun auch Hörbücher ab, von denen mit „Olchi-Detektive: Das Mikado-Komplott“ und „Tafiti und die Reise ans Ende der Welt“ zwei Vertreter mit jeweils zwischen 45 und 50 Minuten Spielzeit sowie zwei Kinderlieder vorinstalliert sind.

Viele Eltern dürften sich hierbei jedoch vor den Kopf gestoßen fühlen. Ravensburger setzt beim neuen Audio-Player ausschließlich auf das eigene proprietäre RAV-Format, dessen Inhalte aktuell lediglich im hauseigenen Shop zu erstehen sind. Ein Abspielen von Audio-Dateien in anderen Formaten ist nicht möglich. Dies ist vor allem ärgerlich, da der Hersteller nicht nur auf der Verpackung mit der neuen Funktion wirbt, die Bindung an das eigene Format jedoch zunächst verschweigt und erst in der Bedienungsanleitung auf den Umstand aufmerksam macht. Der Quasi-Standard MP3 wird nicht wiedergegeben. Damit sind die Restriktionen jedoch noch nicht zu Ende: So werden die im eigenen Shop erworbenen Hörbücher einem Stift zugeordnet, von welchem aus diese ausschließlich abgespielt werden können – ein einfaches Verwenden auf zwei verschiedenen Stiften ist somit nicht ohne Weiteres möglich.

Wer nun meint, dass die Hörspiele und Hörbücher aufgrund der genannten Einschränkungen im Shop günstiger zu erstehen sind, wird ebenfalls enttäuscht: Die dort geforderten Preise decken sich mit den MP3-Downloads anderer Verkaufsplattformen – einer Preisbindung unterliegen Hörbücher jedoch nicht. Damit muss die Art der Formatunterstützung und der Handhabung als nicht mehr zeitgemäß eingestuft werden, womit die neue Hörbuch-Funktion nur für die wenigsten Eltern einen Mehrwert bietet.

Zusätzliche Bedienelemente für die Hörbuch-Funktion
Zusätzliche Bedienelemente für die Hörbuch-Funktion

Teilweise umständliches Aufspielen von Audio-Dateien und mittelmäßige Klangqualität

Auch bei der Handhabung der Audio-Dateien für Medien beweist Ravensburger kein gutes Händchen: Konnten die im proprietären GME-Format gehaltenen Dateien bisher neben dem Tiptoi-Manager noch über eine separate Download-Seite innerhalb der Ravensburger-Website via USB-Verbindung direkt auf den Stift geladen werden, gestaltet der Hersteller diese Prozedur nun deutlich umständlicher: So muss der Nutzer zunächst die jeweilige Produktseite ansteuern, um dort über ein Formular die Zusendung des Links zur Audio-Datei per E-Mail anzufordern. Darüber, wie Ravensburger mit der angegebenen E-Mail-Adresse umgeht, schweigt sich das Unternehmen jedoch aus – auf dem Formular findet sich kein Hinweis darüber. Da der Tiptoi-Manager lediglich für Windows und OS X zur Verfügung steht, werden Linux-Nutzer ausgeschlossen. Die Kompatibilität zwischen den Generationen wurde seitens des Herstellers allerdings gewahrt, womit die neue Stift-Generation auch auf ältere Medien wie auch die älteren Geräte auf zukünftige Medien zugreifen können.

Ein weiterer Kritikpunkt spiegelt sich in der Klangqualität wider, denn die Hörbücher und Hörspiele sowie weitere Audioausgaben werden nur in Mono und mit hörbar niedriger Bit- sowie Abtastrate wiedergegeben. Das mag dem Speicherverbrauch dienlich und bei der Wiedergabe über den Stift, welcher lediglich über einen Lautsprecher verfügt, verständlich sein – beim Hören über einen Kopfhörer jedoch nicht. Dies zeigt sich besonders beim ebenfalls von Ravensburger angebotenen Tiptoi-Kopfhörer. Lobenswert ist hierbei, dass Ravensburger bei diesem die Lautstärke begrenzt, um das Kindergehör zu schützen – aber gerade der fehlende Stereo-Effekt sorgt für ein schlechteres Verstehen der Wiedergabe. Bei der Wiedergabe über andere Kopfhörer kann das Audio-Signal zudem deutlich lauter ausgegeben werden.

Der Tiptoi-Kopfhörer mit begrenzter Lautstärke
Der Tiptoi-Kopfhörer mit begrenzter Lautstärke

Gute Verarbeitung und kleine Verbesserungen

Positiv sind hingegen die äußerlichen Änderungen. Waren Anschlüsse und Entriegelung für das Batteriefach beim Vorgänger noch von einer nicht immer einfach schließenden Lasche geschützt, sind beim neuen System alle nötigen Elemente frei zugänglich – lediglich der USB-Anschluss wird von einem Schieber verdeckt. Erfreulich ist zudem, dass ein Batteriewechsel nun auch ohne Schraubendreher durch einfaches Drücken des Entriegelungsknopfes durchgeführt werden kann. An oberster Front kreisen die Bedienelemente für den Audio-Player den Lautsprecher ein und sind auch für Kinderhände gut bedienbar, gleiches gilt für die grundsätzliche Größe des Stiftes.

Die Spitze wird im neuen Modell nun durch eine zusätzliche Kunststoffhülle geschützt. Damit weist der Tiptoi-Stift wie schon der Vorgänger eine gute Stabilität auf, um in Kinderzimmern bestehen zu können. Darüber hinaus beinhaltet das Paket einen kleinen separaten Ständer, in welchem der Stift aufrecht abgesetzt werden kann. Dies ist vor allem beim Hören von Hörbüchern von Vorteil.

Ravensburger bietet den Tiptoi-Stift einzeln oder in diversen Starter-Sets an, von denen mit „Schatzsuche in der Buchstabenburg“ eines im Test Verwendung findet.

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