Just Cause 3 im Test: Explosionen und Enterhaken für Alleinunterhalter

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Max Doll
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Keine klare Linie

Inhaltlich hat sich Just Cause kein Stück weiterentwickelt, eine Anlage, die Fluch und Segen zugleich ist. Die einzige Ausnahme: Protagonist Rico Rodriguez, der ausgewiesene „Dictator Removal Specialist“, wird nun in seiner eigenen Heimat tätig, noch immer aber in einem sonnigen Inselstaat, der von einem Alleinherrscher brutal unterdrückt wird. Um die Geknechteten zu befreien, gilt es erneut, Ricos altes Patentrezept anzuwenden – Rebellen unterstützen, Städte befreien und vor allem Dinge in die Luft jagen. Dabei bleibt die Idee, Freiheit durch totale Zerstörung (und auf dem Rücken der Inselbewohner) erlangen zu können, durch ihre völlig überspitzte Präsentation weiterhin der beste Witz der Serie.

Zusammen mit der fröhlich-bunten Optik liefert das eigentlich eine Steilvorlage für eine humorige Erzählung, die hinter allem Scherz eine kritische Dimension verbirgt. Dafür fehlt es Just Cause jedoch an einem roten Faden und einer Portion Mut, letztlich schwankt das Spiel zwischen verstaubten Witzen akzentbewehrter Protagonisten in konservativer Komposition und ausgetretenen Gags – die Bezeichnung des Diktatoren-Militärs mit der Buchstabenfolge „DRM“ abzukürzen, mutet an wie ein schaler Scherz um des Scherzens willen, oftmals fehlt dem Humor zündende Wirkung. Gags wie ein Propagandavan, der nach dem Einsteigen nicht mehr langweiliges Diktatorengerede, sondern scheppernde Technomusik aus den Lautsprechern röhrt, sind eher eine Ausnahme. Dabei bleibt das Gefühl, dass sich das Spiel ganz im Gegensatz zu seiner Welt selbst zu ernstnimmt, ohne über das Niveau eines C-Movies hinausgehen zu können – überzogenen Szenarien steht eine gewisse Reflektiertheit meist gut zu Gesicht.

Die Spielwelt ist der doppelte Boden

Eine solche Kritik trifft jedoch nur die erzählerische Seite, die schnell an Bedeutung verliert: Spieler werden im Sicherheitsnetz der Spielwelt sanft vor einem Sturz auf dem harten Boden der Langeweile bewahrt. Die ersten paar Tutorialmissionen sind zwar ein wenig hakelig, danach finden sich Spieler aber mit einer Menge explosiver Waffen bewehrt in einer Welt wieder, in der Militärgerät aller Größenordnungen wie Zucker auf einem Kindergeburtstag verteilt wird.

Wenig überraschend ist folglich die Entdeckung, dass Just Cause' Explosionen kaum groß genug sein können. Eine achtlos geworfene Granate mag so mitunter eine ganze Kettenreaktion auslösen, die den Bildschirm schnell mit Rauch und Feuerwerk füllt – von Rico mit einem „Ups“ grinsend kommentiert. Brisante Substanzen jedweder Art sind quasi der Betriebsstoff, der das Spiel am Leben hält und werden konsequent überall in der Welt verteilt. Dabei wird eine quasi perverse Lust an der Zerstörung zelebriert: Treibstoff-Tanks stürzen um und reißen benachbarte Objekte mit in den Untergang, Fahrzeuge explodieren bildhübsch. Dass sich die explosiven Elemente wie auch die zu befreienden Städte schnell wiederholen, also aus derselben Klonfabrik stammen, wird erst langfristig zu einem Problem.

Sandbox als Zwang

Im Prinzip ist jede Art von Missionen der Story also lediglich ein Vorwand, um Dinge in die Luft sprengen zu können; das Spielerlebnis wird dabei dediziert nicht an die begleitende Erzählung gekoppelt – sobald der Spieler im Mittelmeerstaat Medici von der Leine gelassen wird, lässt sich das gesamte Land fast im Alleingang durch das Erobern von Städten und Militärstützpunkten befreien, ohne so schnell eine weitere Zwischensequenz ansehen zu müssen. Daraus ergeben sich neue Probleme, weil die Welt in Missionen nicht erneut mit Gegnern befüllt wird. Werden Basen befreit, auf denen eine Aufgabe zu erledigen ist, wird aus einer möglicherweise interessanten Passage ein Abklappern von Wegpunkten.

Herausforderungen wie Wingsuit-Parcours wirken generisch
Herausforderungen wie Wingsuit-Parcours wirken generisch

Den Aufgaben an sich mangelt es also auch an wirklich besonderen Szenarien oder Settings, auch hier bleibt die Strukturierung stark konservativ, die Freiheit in gewissem Maße Zwang: Just Cause versteht die Sandbox tatsächlich als Spielplatz – die Aufgaben verfehlen es, neue Gadgets vorzuführen oder ihren kreativen Einsatz in die Ziele einzubinden. Überaus interessante Upgrades für die bereits zu Beginn fast vollständig freigeschaltete Ausrüstung wird zudem hinter Grind und beliebig anmutenden Aufgaben versteckt.

Der Spaß lebt von der eigenen Kreativität

Anstatt Verbesserungen in einer passenden, gerne bockschweren, aber darauf maßgeschneiderten (Neben-)Mission freischalten und zugleich ausprobieren zu dürfen, wird die Karte mit verschiedenen „Herausforderungen“, darunter Schießständen und Rennen gegen die Zeit, gespickt. So muss die Kreativität vom Nutzer kommen, so er denn die Geduld aufbringt, spaßige Zusatz-Upgrades überhaupt freizuschalten – weniger Copy-&-Paste-Material und die eine oder andere kreative Inspiration durch die Entwickler hätten der riesigen Welt von Just Cause eine ganz andere Qualität verliehen; so läuft die Progression eindeutig dem Sandbox-Genre zuwider.

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