Netzneutralität: Nächste Runde im Streit um Spezialdienste

Andreas Frischholz
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Netzneutralität: Nächste Runde im Streit um Spezialdienste
Bild: Rock Cohen | CC BY 2.0

Neben den Regelungen für die Roaming-Gebühren umfasst die ab 30.04. gültige EU-Verordnung auch neue Vorgaben für die Netzneutralität. Diese sind aber immer noch nicht final, sodass sich in den kommenden Wochen und Monaten eine erneute Debatte über die Spezialdienste anbahnt.

Daher hat der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco nun ein Positionspapier vorgelegt. In diesem heißt es zunächst, dass das „Best-Effort“-Prinzip grundsätzlich erhalten bleiben soll. In der Praxis bedeutet das: Sämtlicher Datenverkehr wird von den Providern gleich behandelt. „Dieses nach dem Best-Effort-Prinzip geregelte Verfahren ist die Grundvoraussetzung für ein offenes und diskriminierungsfreies Internet“, erklärt eco-Vorstandsmitglied Oliver Süme.

Internetdienste sollen sich am Breitbandausbau beteiligen

Allerdings müsse es auch Ausnahmen geben. Süme: „Dennoch müssen wir bei der dynamischen Entwicklung der Netze auch die zeitkritischen oder bandbreitenintensiven Dienste im Blick behalten und nach interessengerechten Lösungen suchen.“ Die zentrale Frage sei dabei, ob Internetdienste an der Finanzierung des Breitbandausbaus beteiligt werden sollen, wenn diese Angebote wie Video-Plattformen, Spiele und Streaming-Dienste betreiben, die hohe Bandbreiten beanspruchen.

Prinzipiell ist das im Rahmen der EU-Verordnung möglich. Denn diese garantiert zwar ein offenes Internet mit einem gleichberechtigten Zugang für alle Bürger und Unternehmen. Doch es gibt eine Ausnahmeregelung, die Spezialdienste gestattet, sofern diese das offene Internet nicht beeinträchtigen.

Entscheidung soll im August fallen

Wie weit diese Ausnahmen gehen dürfen, steht allerdings noch nicht fest. Die entsprechenden Richtlinien soll das Gremium Body of European Regulators for Electronic Communication (BEREC) zusammen mit den nationalen Regulierungsbehörden erarbeiten. Der Zeitplan sieht eine finale Entscheidung bis Ende August vor.

Der Verband eco fordert nun einen Kompromiss mit Blick auf „die vielen Start-ups und innovativen Geschäftsmodelle“, um den Internet-Markt auf diese Weise mit neuen Impulsen zu bereichern. Der Haken ist allerdings: Wie solche „innovativen“ Geschäftsmodelle in der Praxis aussehen sollen, ist derzeit unklar. Selbst Branchengrößen wie die Deutsche Telekom bleiben vage, wenn es um das Thema geht.

Befürworter der Netzneutralität befürchten daher, dass die Ausnahmeregelungen für die Spezialdienste als Hintertür missbraucht werden, um doch noch ein Zwei-Klassen-Internet durchzusetzen. Ein weiterer Vorwurf lautet zudem, dass die Netzneutralität ausgehebelt wird, um den Breitbandausbau in Europa zu finanzieren.

Zero-Ratings als weitere offene Flanke

Neben den Spezialdiensten sind auch noch die Zero-Ratings einer der offenen Punkte in der EU-Verordnung. Zero-Ratings bezeichnen grundsätzlich ein Modell, bei dem Provider den Datenverkehr von bestimmten Diensten nicht auf das Inklusivvolumen der Kunden anrechnen – ein prominentes Beispiel ist die Kooperation zwischen der Deutschen Telekom und Spotify. Doch an dieser Stelle werden bereits die Probleme deutlich. So hatte die Telekom zuletzt verkündet, dass künftig auch Spotify gedrosselt wird, wenn Kunden das Datenvolumen aufgebraucht haben. Als Grund für diesen Schritt wurde die EU-Verordnung genannt.

Netzaktivisten und Verbraucherschützer kritisieren, dass die Kooperation immer noch nicht mit der Netzneutralität vereinbar sei, weil der Spotify-Datenverkehr nach wie vor nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet wird, wenn Telekom-Kunden die „Music-Streaming“-Option gebucht haben.

Der grundsätzliche Kritikpunkt ist dabei: Sobald ein Provider den Datenverkehr von einem bestimmten Internetdienst nicht anrechnet, bevorzugt er diesen. Das erschwere vor allem kleineren und neuen Diensten den Zugang zum Markt, so der Vorwurf.

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