Störerhaftung: Bundestag beschließt Gesetzesänderung

Daniel Kurbjuhn
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Störerhaftung: Bundestag beschließt Gesetzesänderung
Bild: Norbert Blech | CC BY 2.0

Spätestens nach dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs galt die Abschaffung der Störerhaftung – mindestens für Funknetze – als wichtiges Ziel. Doch mit der heute beschlossenen Gesetzesänderung des Telemediengesetzes bleibt zumindest noch eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen.

Abstimmung ohne Probleme

In der heutigen Plenarsitzung des Bundestages wurde unter Tagesordnungspunkt 7 die Änderung des Telemediengesetzes abschließend beraten und zur Abstimmung gestellt. Wirkliche Zweifel daran, dass es die Gesetzesänderung durch den Bundestag schaffen würde, gab es nicht, denn dafür zeigte die Große Koalition in diesem Punkt zu starke Einigkeit. Zudem waren sich die Regierungsparteien beim eigentlichen Ziel auch mit der Opposition einig: Die Störerhaftung für die Betreiber von drahtlosen Netzwerken muss abgeschafft werden.

Doch das Ergebnis der heutigen Plenarsitzung wirft erneut Fragen auf und sorgt somit wieder für Kritik. Erst vor zwei Tagen stellte die Bundesregierung ihren geänderten Entwurf vor und entfernte den zuerst vorgeschlagenen aber heftig kritisierten Absatz 4 in § 8 des Telemediengesetzes. Damit wurden die Punkte Sicherung des WLANs und Kontrolle der Nutzer entfernt, womit das Funknetz auch ohne Passwortschutz betrieben werden kann.

Es bleibt ein „Aber“

Anstoß nehmen die Kritiker aber an dem Wortlaut des neuen Absatz 3, der besagt: „Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.“ Hier stören sich manche Stimmen an der Beschränkung auf die drahtlosen Netzwerke. Hotels, Geschäfte oder andere Anbieter, die Ihren Besuchern oder Kunden ein Netzwerkkabel zur Verfügung stellen, sind theoretisch nicht von der Privilegierung erfasst.

Viel wesentlicher ist aber, dass der Gesetzestext keine Aussagen darüber trifft, ob zivilrechtliche Ansprüche in Form von verschuldensunabhängiger Haftung, sowie Kosten für Abmahnungen oder Gerichtskosten ausgeschlossen sind. Diese Klarstellung der Situation erfolgt erst in der Begründung der Gesetzesänderung. Dies geht den Kritikern jedoch nicht weit genug, denn Richter sind nicht dazu gezwungen, die Begründung eines Gesetzes bei der Auslegung zu berücksichtigen. Rein rechtlich bleibt damit noch ein gewisser Spielraum, der für eine Abmahnung oder gar eine zivilrechtliche Klage ausreicht. Zumindest solange, bis eine höchstrichterliche Entscheidung dem ein Ende setzt.

Warten auf den Europäischen Gerichtshof

Die Befürworter des Gesetzes verweisen vor allem auf die Begründung der Änderung und unterstreichen, dass Anwälte, aber vor allem Richter, diese nicht einfach ignorieren werden, um dennoch eine Verurteilung durchsetzen zu können. Netzpolitiker Thomas Jarzombek (CDU) betont zudem im Gespräch mit der Tagesschau, dass die Streichung des Unterlassungsanspruchs gegen die europäische E-Commerce-Richtlinie verstoßen und so zu einer Klagewelle geführt hätte.

Für die Kritiker bleibt zumindest die Erkenntnis, dass am Ende mehr dabei heraus gekommen ist, als noch vor einem Jahr vermutet wurde. Der damalige Entwurf konnte die Befürworter der offenen Funknetze nicht überzeugen, da diese de facto nicht offen sein durften. Nun dürfen diese doch offen sein, auch wenn ein kleines Restrisiko besteht. Dieses könnte aber der Europäische Gerichtshof in Kürze weiter ausräumen, wenn die Richter im Fall Tobias McFadden gegen Sony Entertainment dem Gutachten des Generalanwalts folgen.