ATi Radeon HD 4870 X2 im Test: Zwei GPUs greifen nach der Krone

 24/30
Wolfgang Andermahr
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Problem: Mikroruckler

Wenn es um das Thema Multi-GPU geht, taucht in diversen Fachkreisen immer wieder ein Begriff auf: Mikroruckler. Und da die Radeon HD 4870 X2 ebenfalls auf zwei GPUs setzt, ist auch die neue ATi-Grafikkarte von dem Phänomen betroffen. Denn obwohl es diverse Gerüchte und angebliche Tests des 3D-Beschleunigers oder Untersuchungen mittels zweier Radeon-HD-4850- oder Radeon-HD-4870-Karten gegeben hat, die besagten, dass es bei der Radeon-HD-4800-Serie keine Mikroruckler mehr gibt, stimmten diese schlicht und ergreifend nicht. Durch die generell deutlich höhere Performance der Karte bemerkt man die Mikroruckler jedoch erst in sehr hohen Qualitätseinstellungen (oder je nach Spiel überhaupt nicht mehr), obwohl eine Radeon HD 3870 X2 genau dort noch sehr unregelmäßige „Frametimes“ aufzeigte.

Doch was sind Mikroruckler überhaupt? Genau das haben wir in einem unserer früheren Artikeln ausführlich erklärt und wir wollen uns an dieser Stelle ausnahmsweise nur kurz selbst zitieren: [...] als „Mikroruckler“ bezeichneten Unstimmigkeiten gibt es sowohl auf SLI- als auch auf CrossFire-Systemen. Dem Problem auf die Schliche zu kommen ist dabei kein leichtes Unterfangen, denn es tritt nicht in jedem Spiel auf. Darüber hinaus muss die Bildwiederholrate bei etwa 30 FPS oder darunter liegen, damit das Problem überhaupt zu einem als unstetig wahrgenommenen Spielablauf führen kann. Schaffen es zwei Grafikkarten weit über diesem Limit zu bleiben, treten die Ruckler nur noch schwer wahrnehmbar und irgendwann gar nicht mehr auf.

Doch worin besteht das Problem genau? Nehmen wir als Beispiel eine Darstellung mit 30 Bildern pro Sekunde (FPS), bei der eine Einzelkarte alle 33 Millisekunden (eine Sekunde geteilt durch 30 Bilder) ein Bild an den Monitor schickt - ganz so wie es sein sollte. Im optimalen Fall wird das erste Frame nach 33 Millisekunden, das zweite Frame nach 66 Millisekunden, das dritte nach 99 Millisekunden und so weiter fertiggestellt. Auf CF- und SLI-Systemen kann es aufgrund des Problems allerdings dazu kommen, dass die Abstände zwischen den einzelnen Bildern stark variieren. Wird der Abstand zu groß, kann das Auge den Unterschied zwischen den beiden Frames wahrnehmen – das Bild ruckelt. Da hilft es auch nicht, dass einige Bilder in extrem verkürzten Abständen zum Monitor wandern. Was zählt, ist die kritische, obere Grenze.

Mittels des Tools Fraps kann man jene Frametimes aufzeichnen und hat somit einen Beweis, dass die Ruckler nicht nur Einbildung sind (es ist aber ohne weiteres möglich, dass die Zahlen nicht komplett der Wahrheit entsprechen, da der Grafikkartentreiber noch Einfluss auf die Bildausgabe hat, was von Fraps aber unbemerkt bleibt). Um die Frametimes auf der Radeon HD 4870 X2 zu kontrollieren, haben wir uns neben der Multi-GPU-Karte eine einzelne Radeon HD 4870 geschnappt und überprüfen in den für das Problem anfälligen Spielen Call of Juarez, Crysis sowie Clive Barker's Jericho in verschiedenen Qualitätseinstellungen (um etwa 30 FPS zu erreichen) die Frametimes.

Wir verlassen uns dabei aber nicht nur auf die Zahlen, sondern achten mit unseren eigenen Augen auf die Mikrorucklern. Wir starten Fraps erst dann, wenn wir der Meinung sind, dass das Spiel „unrund“ läuft. Damit schließen wir eine Fehlmessung von Fraps aus und kontrollieren mit zwei voneinander unabhängigen „Systemen“ den Spielfluss. Dieses Mal möchten wir es dem Leser etwas leichter machen und stellen die Frametimes in mehreren Verlaufsdiagrammen dar und nicht mehr nur als nackte Zahlen. Die Diagramme stellen die Zeit dar, die die Grafikkarte benötigt, um von Frame A nach Frame B und anschließend nach Frame C bis hin zum 30. Frame zu schalten.

Mikroruckler – Call of Juarez
0102030405060Millisekunden Frame 1Frame 2Frame 3Frame 4Frame 5Frame 6Frame 7Frame 8Frame 9Frame 10Frame 11Frame 12Frame 13Frame 14Frame 15Frame 16Frame 17Frame 18Frame 19Frame 20Frame 21Frame 22Frame 23Frame 24Frame 25Frame 26Frame 27Frame 28Frame 29Frame 30
Mikroruckler – Crysis
0102030405060Millisekunden Frame 1Frame 2Frame 3Frame 4Frame 5Frame 6Frame 7Frame 8Frame 9Frame 10Frame 11Frame 12Frame 13Frame 14Frame 15Frame 16Frame 17Frame 18Frame 19Frame 20Frame 21Frame 22Frame 23Frame 24Frame 25Frame 26Frame 27Frame 28Frame 29Frame 30
Mikroruckler – Jericho
010203040Millisekunden Frame 1Frame 2Frame 3Frame 4Frame 5Frame 6Frame 7Frame 8Frame 9Frame 10Frame 11Frame 12Frame 13Frame 14Frame 15Frame 16Frame 17Frame 18Frame 19Frame 20Frame 21Frame 22Frame 23Frame 24Frame 25Frame 26Frame 27Frame 28Frame 29Frame 30

Wie man anhand der Diagramme gut erkennen kann, erzeugt selbst eine Single-GPU-Karte keine völlig gleichmäßigen Frametimes. Die Differenzen sind aber so gering, dass das menschliche Auge sie in der Regel nicht wahrnehmen kann. Anders dagegen sieht es bei der Radeon HD 4870 X2 aus, bei der die Frametimes regelmäßig hin und her springen, wodurch der Spielverlauf massiv beeinflusst wird. Sämtliche drei Testanwendungen zeigen sichtbar Mikroruckler, wobei Call of Juarez der Extremfall ist. In Crysis sind die Ruckler minimal weniger auffällig und auch Jericho läuft spürbar flüssiger, jedoch hakt der Spielverlauf dort ebenfalls.

In diesem Zusammenhang wollen wir aber anmerken, dass wir uns absichtlich diese drei Spiele heraus gesucht haben, da man bei ihnen die Mikroruckler am ehesten bemerkt. Es gibt durchaus Spiele, die gar bei FPS-Raten unter 30 FPS keinerlei störender Mikroruckler zeigen.

Unter dem Strich hat sich an der eigentlichen Problematik also nichts verändert. Man muss auf einer ATi Radeon HD 4870 X2 in aktuellen Spielen aber schon extreme Qualitätseinstellungen und Auflösungen benutzen, um die Geschwindigkeit weit genug in den Keller drücken zu können.

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