Ideologie in Videospielen

Der Nachbar schrieb:
Wohl die wenigsten Spiele ermöglichen einen gewaltfreien Umgang mit Nazis und anderen Verbrechern.
Ist ein solcher Umgang denn überhaupt möglich? Eine Glatze mit Baseballschläger wirst du wohl kaum in den Schlaf quatschen können... Manche Probleme lassen sich nur durch Blut und Eisen lösen, willkommen in der Realität.

Wäre dem anders, wären selbst Waffenexporte als Menschenrechtsverletzung angesehen und weltweit unter Strafe mit Vermögensenteignung verboten.
Quatsch mit Soße. Weißt du, warum du hier so einen Pazifisten-Nonsens verbreiten kannst? Weil ein paar Leute mit spitzen Stöcken dir den Rücken frei halten.

Fakt ist: Es wird immer Menschen geben, die anderen ans Hab & Gut oder gar ans Leben wollen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Gier, eigene Not, religiöse Verblendung, purer Wahnsinn und Bosheit... Oder glaubst du, ein Ted Bundy hätte noblere oder zumindest tiefgreifendere Motive als ein paar komplett fehlgeschaltete Synapsen als Begründung ins Feld führen können?

Wenn du jetzt jeglichen legalen Waffenhandel unterbindest, woher haben die Sicherheitskräfte dann die Mittel, um sich gegen genau diesen Typus Angreifer zu verteidigen? Oder glaubst du, die Angreifer hätten dann auch maximal ein Taschenmesser und n abgesägten Ast?
Das ist genauso bescheuert, als würdest du ernsthaft glauben, Drogen zu kriminalisieren würde den Konsum verhindern.

Die Bösen haben Waffen und werden immer Waffen haben. Die Guten haben nur dann eine Chance leidlich in Frieden zu leben, wenn sie mindestens genau so gute Waffen haben. Si vis pacem para bellum.
 
Ich habe nie Psychologie oder Philosophie studiert... Ich bin halt Naturwissenschaftler.

Wie schon mehrmals geäußert, scheint mir da der Hund begraben zu liegen. Du legst Kriterien an einen Erkenntnisgegenstand an, die ihm gar nicht angemessen sind. Dafür braucht man weder ein Studium der Psychologie oder Philosophie, man darf nur nicht sein (naturwissenschaftliches) Methodenverständnis oder seine Meinung absolut setzen und sollte ein wenig sparsamer mit allzu allgemeinen Aussagen und Spekulationen umgehen und ein wenig mehr darauf reflektieren, was man wirklich über diesen Gegenstand zu sagen vermag. Wenn du der Meinung bist, dass du das nur als 'Naturwissenschaftler' kannst, dann mache halt ein Experiment und präsentiere hier die Ergebnisse. Alternative dazu: Du lässt dich auf den Gegenstand ein oder - um das mal autoritär zuzuspitzen - erörterst ihn im Rahmen seines bisherigen Forschungsstandes... und der geht nunmal davon aus, dass Ideologie ein objektives, gesellschaftliches Verhältnis ist (es kommt ja auch niemand auf die Idee, Atome oder Infrarotstrahlung mit einer Theorie der sozialen Interaktion erklären zu wollen, das wäre dem Gegenstand nicht angemessen....). Was das bedeutet - objektiv, gesellschaftliches Verhältnis-, habe ich ja weiter oben bereits versucht, zu erklären.

Ich tauche da auch nicht genauer in irgendwelche Erklärungsversuche ein, warum jemand einer gewissen Idee oder Ideologie anhängt. Warum auch? Das ist viel zu speziell und in einer theoretischen Überlegung ohne ein reelles Fallbeispiel (praktisch ein Versuch) gar nicht effektiv möglich.
Reden wir also weiter von Computerspielen und ihrer Ideologie

Da ja mit deiner 'Definition' von Ideologie schlechthin schon alles gesagt ist über Ideologie und Computerspiele und du keinen anderen Ausweg siehst, als jetzt in die Empirie zu flüchten, wäre deine Konsequenz dann ja auch, dass du folglich dazu schweigen kannst. Denn der Rest sind nämlich "Erklärungsversuche [], warum jemand einer gewissen Idee oder Ideologie anhängt". D.h. man muss entlang gewisser Faktoren differenzieren, wie ich schon einige vorgeschlagen habe, z.B. America's Army vs. Battlefield. Da wäre ein Unterschied, dass das eine Ideologie i.S. von Manipulation zum Zweck erhebt, das andere Ideologie als Mittel zum besseren Verkauf nutzt.
Das andere wäre WoW, das mehr exemplarisch dafür herhalten kann, wie Menschen sich Gesellschaft vorstellen: Als eine ausdifferenzierte Form von Horde/Sippe, anstatt etwas davon qualitativ verschiedenes. Der Erfolg von WoW (pars pro toto für eine Myriade Computerspiele, die genau dieses Setting von Horde/Stamm/Sippe nutzt) und anderen Spielen dieser Art läßt auf die Bedürfnisse schließen, die dahinter stecken, die ihren Grund in Ideologie finden
 
Im Bezug auf soziale Interaktion kann es Objektivität (verstanden als Unabhängigkeit vom Beobachter) nicht geben - das sollte gerade ein Psychologe wissen (so er sich denn mit Wahrnehmung und Interpretation auseinandergesetzt hat).

Wahrnehmung muss immer gefiltert und interpretiert werden, sonst ist Erkenntnis allgemein logisch nicht machbar. Bei diesem Filtervorgang - der einer Interpretation des übriggebliebenen vorangeht - werden stets für den momentanen Handlungsvollzug unwichtige Informationen ausgeblendet. Die Folie, auf der dies geschieht, beinhaltet neben den Erfahrungen des wahrnehmenden Individuums auch dessen momentane Ziele. Das Ergebnis ist dann ein gefilterter Informationsfluss, welcher in den seltensten Fällen wirklich alles relevante berücksichtigen kann - meist stehen uns bei Entscheidungen (und um die geht es hier) nichtmal alle relevanten Informationen zur Verfügung.
Auch das Umfeld des wahrnehmenden Individuums spielt eine Rolle - in Form von Erfahrungen, welche dieses Individuum in DIESEM und ähnlichen Kontexten gesammelt hat, und aus denen es eine Vorstellung davon gewonnen hat, was in diesem speziellen Diskurs überhaupt gehört werden kann ("gehört" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein anschlussfähiger Diskursbeitrag geleistet wird, welcher vom System - dem Diskurs - verarbeitet werden kann).

Ich möchte dabei betonen, dass sich alle beteiligten Komponenten in einem ständigen Entwicklungsprozess befinden, miteinander "im Diskurs" stehen, sich einander beinflussen und dass die wenigsten Selektionsleistungen in diesem Prozess bewusst ablaufen.
Ein sehr großer Teil der subjektiven Komponente unseres Handlungsvollzuges ist uns nicht bewusst, z.T. wird schon direkt im Hinblick auf mögliche "Kontrahenten" oder anerkannte Positionen im Diskurs gefiltert (Stichwort "Disziplinierung", als wissenschaftssoziologischer Begriff wie bspw. bei Stichweh)....

Kurz: Auch die individuelle Erfahrungswelt, persönliche Interessen, das soziale, institutionelle und sonstige Umfeld, die dort vorhandenen oder angenommenen Interessenlagen, Fähigkeiten und Erfahrungswelten, das zur Verfügung stehende Vokabular und seine Passung zum Diskurs (hier als Umwelt einer Aussage), entscheiden darüber, wie eine Aussage auszusehen hat, um in diesem speziellen Kontext erfolgreich oder einfach überlebensfähig zu sein.
Unter Umständen kann es wichtiger sein, ein paar Namen zu nennen ("namedropping" als wissenschaftliche Basiskompetenz), als die dahinter stehenden Theorien zu diskutieren - der Name impliziert eine Theorie (z.B. Foucault -> Diskurstheorie, Bourdieu -> Kapitalsorten), die je nach Kontext bei allen Diskutanden vorausgesetzt werden kann. Es käme mir aber nicht entfernt in den Sinn, bei allen Diskutanden das gleiche Verständnis dieser Theorien vorauszusetzen - ganz einfach weil es ohne Wahrnehmung der Theorie (gehen wir der Einfachheit davon aus, sie wird aus 1. Hand rezipiert) keine Kenntnis dieser geben kann, Wahrnehmung nicht ohne Selektion und Interpretation funktioniert und es einfach keine "falsche Interpretation" geben kann (weil eine Interpretation nichts anderes ist, als eine "Lesart", die weniger von einer objektiv erkennbaren Realität abhängig scheint, als von den, dem Individuum zum Zeitpunkt der Interpretation zugänglichen UND von ihm im Hinblick auf die "Aussage-Umwelt" relevant gesetzten Informationen).
Ich beende das mal hier - ich habe schon mal über 100 Seiten dazu geschrieben.
Ein kleines Beispiel noch: Ein Röntgenbild kann man als "objektiv" betrachten (darauf lasse sogar ich mich ein), aber die Diagnose, die ein Arzt daraus erstellen kann fußt auf der Interpretation des diagnostizierenden Arztes - wie oben gesagt, wird die Diagnose dadurch zu einer subjektiven Enschätzung, die nur dadurch etwas mehr Objektivität erlangen kann, dass andere Meinungen eingeholt werden. Allerdings wird die Diagnose dadurch nicht objektiviert, sondern stellt lediglich ihre intersubjektive Nachvollziehbarkeit unter Beweis - bis jemand anderer Meinung ist.

Für die Begriffe Wahrheit oder Objektivität bedeutet dies allerdings zumindest im Bezug auf soziale Interaktion und deren Erforschung das Aus.
Das höchste der Gefühle ist hier intersubjektive Nachvollziehbarkeit, gerade WEIL man die subjektive Komponente nicht vollständig eliminieren kann, ohne dabei auf annähernd jede Aussagekraft zu verzichten.

Was bedeutet das nun für die Frage nach Ideologie in Videogames?
Jedes Spiel enthält Ideologie, denn die Etikettiereung mit diesem Begriff bezeichnet Denkmuster, an denen sich die Geister scheiden. Polarisation schafft Ordnung im Kopf (genau deswegen werden wir Rassismus und Sexismus ja nicht los), denn sie gibt uns eine vermeindlich einheitliche Wahrnehmungsfolie und nimmt uns damit viel Interpretationsarbeit ab.
Ideologische Einfärbungen geben dem Spiel ein Stück seiner Attraktiviät - es bietet die Einfachheit, die das alltägliche Leben nicht bieten kann - weil man es dort nicht mit gegnerischen Truppen zu tun hat, die eine (mMn natürlich böse) Ideologie vertreten oder mir einfach ans Leder wollen, sondern weil man es mit Individuen zu tun hat. Für die gilt vielleicht das gleiche, aber ich kann mir eben nicht sicher sein - im Ego-Shooter habe ich genau das - schwarz/weiß, gut/böse, ganz klar und eindeutig.
Vielleicht gibt es ideologielastige Spiele genau deswegen, weil Ideologie ein negativ konnotierter Begriff ist. Alles ideologische ist zwangsweise schlecht (per Definition: "objektiv notwendig falsches Bewusstsein" ), also kann man diese Seite der eigenen Individualität nur im Privaten er- und ausleben - im öffentlichen Raum fällt man damit meist auf die Schnauze (wenn man nicht gerade die Ideologien vertritt, die gesellschaftlich akzeptiert, und daher nicht als Ideologie etikettiert sind).

Das "falsche Bewusstsein" halte ich übrigens für einen der übelsten Ideologie-Bausteine überhaupt, denn das ist geradezu die Basis aller Ideologie. Niemand würde sich selbst ein falsches Bewusstsein attestieren -> das falsche Bewusstsein gibt es nur als Fremdzuschreibung, die impliziert, dass der der diese Zuschreibung macht, fest davon überzeugt ist, dass sein Bewusstsein "richtig" ist.
Daher ist die Definition von Ideologie als "objektiv notwendig falsches Bewusstsein" selbst ein Stück übelste Ideologie. Denn damit kann man dann getrost alles, was einem nicht in den Kram passt als Ideologie abtun, solange man es intersubjektiv nachvollziehbar begründen kann (innerhalb der eigenen Bezugsgruppe) - das höhlt nicht nur den Begriff aus, das ist obendrein auchnoch hochgradig dogmatisch.
Die Forderung, dass ein ideologisiertes Bewusstsein "objektiv notwendig falsch" sei wurde schon vor langer Zeit ad absurdum geführt - selbst wenn es eine objektiv Erkennbare Realität gibt, woher soll man bitte wissen, dass man so etwas wie Wahrheit (oder das objektiv notwendig richtige) erkannt hat? Wenn man sich hier nicht sicher sein kann, woher soll man dann etwas als "objektiv notwendig falsch" erkennen.
Das geht nur auf einer art Schablone - z.B. eine Ideologie vom richtigen Bewusstsein.
Das "richtige" Bewusstsein (oder den einzig wahren Glauben) hat immer nur die Gruppe mit der man sich gerade identifiziert. Es ist ein Phantasiemerkmal, das Zugehörigkeit (und damit auch Auschluss) zu einem bestimmten "Wir" signalisiert - mMn der Kern JEDER Ideologie.
Von einem falschen Bewusstsein kann ich vielleicht ausgehen, wenn jemand z.B. bei einer simplen Addition (z.B. 2+2) IMMER das gleiche, falsche Ergebnis liefert (z.B. 5 oder 3), und er sogar beim Abzählen (1+1+1+1, meinetwegen an den Fingern) nicht auf die 4 kommt.

Im richtigen/falschen Bewusstsein steckt für mich zu viel Politik, als dass der wissenschaftliche Begriff der Objektivität in diesem Kontext nicht NUR lächerich wirkt.
Und der Rest ist Alltagstheorie oder instrumentiert den Begriff für die eigene Ideologie.


Abe81 schrieb:
Man kann viel mehr ideologiekritisch ausschlachten, was in den Projektionsleistungen der Diskutanten für Ideologie steckt, gar nicht so sehr, was im kulturindustriellen Produkt XY vorhanden sein soll.

Als ich das las, musste ich sofort vervollständigen:
"... und findet dabei sehr viel mehr über über die eigenen Projektionsleistungen heraus, als über tatsächlich in den Autoren vorhandene Ideologien".
Den Beobachter wirst du nicht los - und erst in dem bekommt die Wirklichkeit konkrete Züge, über die er dann eine Aussage machen kann, das ist bei Psychologen nicht anders als bei Naturwissenschaftlern, Hausmütterchen oder Pädagogen. Die meisten merken es wohl nur nicht - oder einfach auf andere Weise als ich, oder jedes andere Individuum - eben individuell und subjektiv.
 
Zuletzt bearbeitet:
In meinen Augen gibt es grundsätzlich keine Berechtigung zu Kriegsspielen. Immer wird manipulativ die Psyche beeinflusst.
Vielleicht kommt mal ein Zeitalter, wo wenn man eine Kriegsmontur, Waffen und Blut sieht, man sich geschockt und angewidert abwendet...

LG

PS. in Vergessenheit geraten: "Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin"
 
Zuletzt bearbeitet:
Crebase schrieb:

Etwas zeitgemäßer: "Stell dir vor es ist Krieg, und dein Live-Stream funktioniert nicht".
(der kaputte Fernseher ist mir mittlerweile zu lange her).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (überflüssiges Zitat entfernt!)
Crebase schrieb:
Vielleicht kommt mal ein Zeitalter, wo wenn man eine Kriegsmontur, Waffen und Blut sieht, man sich geschockt und angewidert abwendet...
Wann ist etwas eine Waffe, wann ein Werkzeug? Wird die Jagdflinte, mit der der Jäger unseren Sonntagsbraten erlegt, erst dann zur Waffe, wenn er sie auf einen Menschen richtet? Ist die große Axt, mit der das Feuerholz gespalten wird, schon eine Waffe, bloß weil man damit auch einen Einbrecher spalten könnte? Der große Vorschlaghammer, der 5cm starke Stahlpflöcke in harte Erde drischt... eine Waffe?
Oder anders: ist die 9mm des Polizisten, die sich grade in einen Kinderschänder entladen hat, eine Waffe? Oder ein verdammt nützliches Werkzeug?

Und was ist denn eine Kriegsmontur? Ein Sportfechter trägt genauso Kevlar wie ein Soldat.

Und wieso sollte man sich von Blut geschockt abwenden? Wenn jemand blutend auf der Straße liegt neben seinem verbeulten Fahrrad, soll man sich da abwenden und vor Schock hyperventilieren? Oder soll man eher eiskalt bleiben und der Person helfen? Ist doch bloß etwas Blut und n paar Knochenfragmente. Nix besonderes.

PS. in Vergessenheit geraten: "Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin"
Jaja, durchgeistigte Zitate durchgeistigter Menschen, die die objektive Realität nie begriffen haben. So wie der Mensch tickt, hast du im Mindesten ein paar Psycho- und Soziopathen, die garantiert hin gehen. Wenn du dann nicht noch ein paar Normale dabei hast, was wird das erst für ein Gemetzel?
Nur durch strikte Euthanasie könnte man solch natürlich auftretende zerebrale Fehlpolung ausschließen. Ist es das, was du willst?
 
Der Waffenbegriff ist de facto indiskutabel, denn alles kann als Waffe verwendet werden (wenn man weiß wie, kann man wahrscheinlich sogar mit einer Stecknadel töten). Der Begriiff ist aufgrund mangelnder Trennschärfe jenseits von Schusswaffen absolut unbrauchbar, denn da eigentlich alles als Waffe dienen kann, ist der Begriff "Waffe" nichts weiter, als die Bezechnung für einen Gegenstand, den ein Wesen benutzt um etwas zu beschädigen - das macht eigentlich den Halter des Gegenstabnd zur Waffe, denn erst seine Intention macht aus dem Ast einen Knüppel.
Das Beispiel mit der Jagdflinte ist diesesmal auch nicht besser gewählt, als wir das von dir gewohnt sind, denn derartige "Werkzeuge" sind zu nichts anderem brauchbar, als zum Beschädigen auf Distanz. Schusswaffen haben nur diesen einen Zweck - das sind tatsächlich nur Waffen, aber es gibt nicht vieles, auf das dieser Begriff so haargenau passt.
Ausserdem sehe ich als Vegetarier natürlich nur einen recht winzigen unterschied zwischen deinem Sonntagsbraten, und z.B. einem Polizisten - beides Lebewesen und ich würde auf beides nicht schießen wollen. Jetzt kommt sicherlich wieder ein Notwehr-Beispiel mit ein bisschen "Blut und Eisen"-Ideologie.

Du könntest dich ausnahmsweise mal ein bisschen um Verständnis bemühen (statt nur darum, die Beiträge möglichst falsch zu verstehen).
Einen Sportfechter und einen Berufssoldaten wirst du wahrscheinlich recht einfach auseinanderhalten können. Letzterer trägt "Kriegsmontur", ersterer nicht (denn zur modernen "Kriegsmontur" gehört mehr, als ein bisschen Kevlar, und das weißt sogar du).

Stell dich doch nicht dümmer als du bist - oder ist das alles bloß Rhetorik? Reine Sprachjonglage mit dem einzigen Ziel, den "Gegner" zu vernichten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Begriff "Waffe" ist relativ klar definiert: Ein Werkzeug gemacht um vermeintlich feindliche Lebewesen zu besiegen, ob defensiv oder offensiv ist egal.
Eine Sportwaffe ist lediglich eine Abwandlung vom kriegerischen Zweck zum Freizeitgerät.
Die Waffe hat in der frühen Evolution zur tierischen Nahrungsbeschaffung gedient, (korr.) um u.a. auch bei andern Sippen zu stehlen.
Somit dient die Jagdwaffe in der heutigen Zeit ausschliesslich zur Hege des Tierbestandes und sollte auch nur von offiziell legitimierten Stellen dafür ausgeliehen werden. Safari-Jagd ist ein kranker Auswuchs der Zivilisation.
Mit einer Axt zerteilt man Holz, mit Messern totes Fleisch und Pflanzen, usw....
Mit Baseball-Schlägern schlägt man einzig Lederbälle...

Grundsätzlich wird selbstverständlich zweckentfremdeter Geräte-Missbrauch nicht als Waffe bezeichnet.
ich fühle mich ins 1. Schuljahr zurück versetzt. :baby_alt:

Edit: Auf die Frage hin, ob ich Sportwaffen zuliesse, wäre meine Antw: Langsame Rückentwicklung, zuerst todbringende Munition abschaffen... ganz zuletzt spielen wir Federball oder "Erdball" :evillol:
 
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Crebase schrieb:
Safari-Jagd ist ein kranker Auswuchs der Zivilisation.

Das kommt auf die genauen Umstände an. Wenn du das hier aber so pauschal und drastisch verteufelst, dann hoffe ich doch du bist zumindest Vegetarier.


Crebase schrieb:
Grundsätzlich wird selbstverständlich zweckentfremdeter Geräte-Missbrauch nicht als Waffe bezeichnet.
ich fühle mich ins 1. Schuljahr zurück versetzt. :baby_alt:

Ganz schön großspurig. Hier liest sich das anders...
Waffen sind tragbare Gegenstände, die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

//edit

Crebase schrieb:
In meinen Augen gibt es grundsätzlich keine Berechtigung zu Kriegsspielen. Immer wird manipulativ die Psyche beeinflusst.

Na was kommt dir dann als nächstes in den Sinn? Vielleicht ein Verbot von Rockmusik? Da werden pausenlos Gewalt, Drogen und Sex verherrlicht.

DIe Welt von der du träumst ist eine Welt von unmündigen Infantilen die in Tyrannei leben.
 
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DerOlf, diese Haudegen-Theorie der Objektivität, die da oben ziemlich assoziativ gelockert bedient wurde, geht völlig am Gegenstand der Diskussion vorbei und wirft tausend Ebenen durcheinander - Erkenntnistheorie, Ontologie, Metaphysik, Subjektkonstitution usw. usf. Diesen Wust an lockeren Assoziationen zu beantworten, übersteigt meinen Willen zum Masochismus. Das liest sich eher so, als hättest du gerade ein Seminar "Erkenntnistheorie für Systemtheoretiker" belegt und gibst das jetzt hier preis, anstatt über das Thema zu diskutieren.

Was man allerdings herausschälen kann, ist die in deinem Beitrag systematische Verzerrung, Subjekt und Objekt dualistisch auseinanderzureißen, anstatt sie als vermittelt zu begreifen. Wenn man das täte, käme man auch dahinter, in dem Kontext von Ideologie Objektivität zu diskutieren (und nicht daran vorbei ganz allgemein über Objektivität querbeet durch alle möglichen Disziplinen). Also der Objektivität ihrem intersubjektiven Gehalt nach als etwas zu begreifen, das Subjekte in der Gesellschaft konstituieren, dem man sich aber nicht einfach voluntaristisch entziehen kann (also nicht nur konstituieren, sondern auch konstituiert). Geld wäre so etwas Objektives, das man nicht einfach voluntaristisch hintergehen kann. Und - so meine Position in dieser Diskussion: Eben auch Ideologie ist sowas Objektives, das man nicht voluntaristisch hintergehen kann, nur weil man das 'erkannt' hat. Daher ist eine Diskussion über Ideologie nicht zu haben, ohne eine über Objektivität zu führen - sofern das nicht von allen als Prämisse anerkannt wird, dass Ideologien etwas objektiv Gesellschaftliches darstellen. Da das weiter oben jemand bestritt, und eine völlig entleerte Definition von 'Ideologie' lieferte, hat sich darüber eben die notwendige Diskussion entsponnen.

Daran hätte man ansetzen sollen, und nicht einfach wildes Denken über Objektivität schlechthin aneinanderreihen.

Das "falsche Bewusstsein" halte ich übrigens für einen der übelsten Ideologie-Bausteine überhaupt, denn das ist geradezu die Basis aller Ideologie. Niemand würde sich selbst ein falsches Bewusstsein attestieren -> das falsche Bewusstsein gibt es nur als Fremdzuschreibung, die impliziert, dass der der diese Zuschreibung macht, fest davon überzeugt ist, dass sein Bewusstsein "richtig" ist. Daher ist die Definition von Ideologie als "objektiv notwendig falsches Bewusstsein" selbst ein Stück übelste Ideologie...

Deine komische Assoziation mit diesem Begriff der Ideologie - dem einzigen der in einer Diskussion über Ideologie in Videospielen Sinn ergibt - krankt allein daran, dass es völlig falsch ist, zu behaupten, ihn gebe es nur als Fremdzuschreibung. Dieses Missverständnis lässt sich wiederum auf das falsche Verständnis von Objektivität, das dieser 'Definition' zugrunde liegt, verstehen. Das Bewusstsein ist objektiv notwendig falsch. D.h. man kann sich dem nicht einfach entziehen, weil man erleuchtet wurde. Wie bereits oben angerissen, wäre Geld so ein objektiv notwendig falsches Bewusstsein. Notwendig und objektiv ist es, um überhaupt innerhalb einer Gesellschaft, die es als ihre primäre Form der Vermittlung gesetzt hat, zu überleben. Objektiv und notwendig bei Strafe des Untergangs. Warum es dennoch falsch ist, dass muss dir mit dem erkenntnistheoretischen Relativismus ein Rätsel bleiben, ich sehe mich aber auch nicht in der Position, dir die Lösung dieses Rätsels nun in den Schoß zu legen. Was hilfreich zum Verständnis dieser 'Definition' ist, wäre z.B. das Vor- und Nachwort des ersten Bandes des Kapitals; da steht ganz prägnant, auf welchem Begriff der Wissenschaft diese Erkenntnis des 'Falschen' fußt.

Wie ich in einem Beitrag weiter oben bereits erwähnt habe, schießt du dir mit solchen Bemerkungen selber ins Knie: Performativer Widerspruch. Du gibst an, erkennen zu können, was Ideologie sei, sogar ihr Wesen zu erkennen ("das ist geradezu die Basis aller Ideologie..."), und willst dieses Wesen an der Möglichkeit der Scheidung von Wahrem und Falschem festmachen. Dadurch, dass du diese Scheidung aber ja selbst vorgenommen hast (indem du ja genau weist anzugeben, was das Wesen der Ideologie ist, hast du ja den Anspruch Wahrheit zu sprechen), bist du deiner Auffassung nach selbst "übelster Ideologe"... chapeau vor solcher Logik. :p


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Übrigens, noch ein großer Verfechter einer 'neutralen Theorie der Ideolgie', ein großer Vertreter des Relativismus sagte mal:
Alles, was ich in diesen letzten Jahren gesagt und getan habe, ist Relativismus aufgrund von Intuition. Wenn Relativismus Verachtung für feste Kategorien und diejenigen, die die Träger der objektiven und unsterblichen Wahrheit zu sein behaupten, bedeutet, [...] dann gibt es nichts Relativistischeres als die faschistische Haltung und Aktivität. [...] Ausgehend von der Tatsache, dass alle Ideologien den gleichen Wert haben, dass alle Ideologien bloße Fiktionen sind, kommt der moderne Relativist zu der Einsicht, dass jeder das Recht hat, seine eigene Ideologie zu erschaffen und zu versuchen sie mit aller Energie, die ihm zur Verfügung steht, durchzusetzen.
(Mussolini in Diuturna)
 
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Abe81
Es übersteigt meine Fähigkeiten bei weitem, dir das alles so zu erklären, dass du es verstehen würdest (dafür müsste ich dich erstmal besser kennenlernen) ...
Also lasse ich es und empfehle dir stattdessen zwei Bücher, aus denen man diesen "Disziplinensalat" oder "Wust" mit ein bisschen Arbeit bekommen kann:

1. Andreas Diekmann: Empirische Sozialforschung - Grundlagen, Methoden, Anwendungen; Rowohlt TB, Reinbek bei Hamburg, 2008.
2. U. Flick, E. v. Kardorff, I. Steinke (Hg.): Qualitative Forschung - Ein Handbuch; Rowohlt TB, Reinbek bei Hamburg, 2003.

Aber du kannst eigentlich jedes forschungsmethodische Standardwerk dazu nutzen, vielleicht verstehst du dann auch, warum es Objektivität mMn nicht wirklich geben kann (sondern nur eine Annäherung in Form intersubjektiver Nachvollziehbarkeit).

Der größte Teil des Themenfremden, was ich in Post #43 geschrieben habe (die obere Hälfte) stammt sinngemäß aus einigen Lehrbüchern für's Psychologiestudium - "Allgemeine Psychologie für Bachelor" (4 Bände, erschienen im Springer-Lehrbuch Verlag) - vor allem aus den Bänden 1 (Wahrnehmung und Aufmerksamkeit) und 2 (Denken - Urteilen, Entscheiden, Problemlösen), da ist lediglich ein bisschen Popper (logik der Forschung) beigemischt und wahrscheinlich auch eine kräftige Prise Platon (soweit der sich mit Popper verträgt).
Wenn dich Interdisziplinarität überfordert, dann tut mir das leid - ich werde versuchen, mir das zu verkneifen - und zukünftig alles in disziplingerechten Häppchen präsentieren - dauert dann halt was länger.

Abe81 schrieb:
Das liest sich eher so, als hättest du gerade ein Seminar "Erkenntnistheorie für Systemtheoretiker" belegt und gibst das jetzt hier preis, anstatt über das Thema zu diskutieren.

Soll mich das beleidigen? Nur zur Info: Meine letzten Seminare sind über 1 Jahr her und nannten sich "multivariate Datenanalyse", "qualitative Forschungspraxis", "materielle Kultur" und "vorurteilssensible Bildungsarbeit".

Deine komische Assoziation mit diesem Begriff der Ideologie [...] krankt allein daran, dass es völlig falsch ist, zu behaupten, ihn gebe es nur als Fremdzuschreibung.

Das ist nun wirklich arg. Die Fremdzuschreibung bezog sich nicht ansatzweise auf den Ideologiebegriff, sondern auf das falsche Bewusstsein (und das nichtmal als Teil deiner verschrobenen Ideologie-Definition) - das falsche Bewusstsein gibt es mMn nur als Fremdzuschreibung.

Soll ich jetzt auch die Nazi-Keule rausholen, oder warum das Zitat vom Duce?

Ich vertrete nebenbei keinesfalls eine "neutrale Theorie der Ideologie" (soll heißen, ich stehe Ideologien nicht neutral gegenüber, wenn ich denn meine eine zu sehen). Eigentlich halte ich mich für einen Empiriker, der ständig "Daten" sammelt und seine Meinung dadurch weiterentwickelt, statt sie nur auf eine Ideologie, ein Dogma oder den für Disziplin X spezifischen Wissenskanon zurückzuführen. Wenn es die Daten mMn nahelegen, nehme ich auf diese 3 generell kaum Rücksicht.
Wenn es darum geht, Erklärungen für soziale Phänomene zu suchen, dann suche ich eben nicht nur in meinem engeren Fachgebiet, sondern schaue auch mal in Publikationen aus Bereichen, die mit dem Thema scheinbar zunächst garnichts zu tun haben.

Ich finde die Ergebnisse ab und zu mal erstaunlich, aber leider ist es etwas aufwendig, meinen individuellen "Erkenntnisprozess" für andere verständlich und komplett aufzuarbeiten (beides zusammen geht iwie nur selten).
 
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Der größte Teil des Themenfremden, was ich in Post #43 geschrieben habe... Popper... Platon... soweit der sich verträgt

Ja, genau das habe ich dir doch auch unterstellt, das musst du jetzt nicht nochmal ausführen:
...und wirft tausend Ebenen durcheinander

Theorie als Steinbruch, so funktioniert der Positivismus.

Die Fremdzuschreibung bezog sich nicht ansatzweise auf den Ideologiebegriff, sondern auf das falsche Bewusstsein (und das nichtmal als Teil deiner verschrobenen Ideologie-Definition) - das falsche Bewusstsein gibt es mMn nur als Fremdzuschreibung.

Wenn man behauptet, so wie ich, Ideologie sei objektiv notwendig falsches Bewusstsein, und du letzteres kritisierst, hängt das nunmal mit dem Ideologiebegriff zusammen. Ich habe ja auch ausgeführt, warum falsches Bewusstsein kein Begriff der Fremdzuschreibung ist, das ist ubiquitär. Die 'Bösen' sind nicht immer die anderen (Fremdzuschreibung), sondern das Böse ist - diesem Begriff der Ideologie nach - ein gesellschaftliches (Un-)Verhältnis. Wir sind bei Strafe des Untergangs Ideologien ausgesetzt und konstituieren sie. Sie in begrifflicher Distanz fassen zu können, d.h. begreifen zu können, dass das ideologisch ist, heißt noch nicht, dass sie nicht weiterhin existieren (weil= objektiv und notwendig). [Mal so metatheoretisch und begriffslogisch eingeworfen: Du könntest jetzt zwar schreiben: "Nein, ich verstehe Ideologien immer als etwas, was Fremdzuschreibung beinhaltet"; du kannst aber nicht, wie du das oben gemacht hast, behaupten: Mein Ideologiebegriff (nämlich falsches Bewusstsein zu sein) beinhaltet Fremdzuschreibung. Das habe ich ja erklärt, warum das nicht stimmt. Wenn du also ersteres behauptest, kannst du selbst nicht das Wort Ideologie im Munde führen, weil für dich Fremdzuschreibung ja bereits ideologisch ist, da du das aber ja als etwas böses ansiehst, willst du das wohl kaum selbst sein...]

Wenn man bei Videospielen darüber diskutieren möchte, was daran nun Ideologie sei und das nicht neutral verstanden wissen will (=Ideologie seien die Werte in Spielen) dann zielt das ja darauf, was an ihnen - grob im Sinne des Themenerstellers - schlecht sei, also 'böses Gedankengut'. Wäre dieses nicht gesellschaftlich objektiv, wäre es keine Ideologie, sondern lediglich individueller Wahn, Idiosynkrasie, ... usw. also Zufall.

Du hast ja in deiner Definition von Ideologie selbst Bezug auf ihr Wesen genommen und es auch als etwas 'schlechtes' definiert. Du trennst also auch Gutes von Schlechtem/Bösen - unterstellst also implizit selbst ein falsches Bewusstsein*. Dafür benötigst du also einen Maßstab, nach dem du das scheiden kannst, einen Maßstab für deine Urteilsfähigkeit. Dein Relativismus, den du hier behauptest, beißt sich also mit deiner eigenen Definition von Ideologie. Das muß er notwendig auch, sonst kann man schlechthin nicht von Ideologie sprechen...
(* Es sei denn, du reißt den Zusammenhang von dem Guten und Wahrem auseinander. Das wäre arg anti-platonisch... aber wenn es bei dir vermutlich Popper vs. Platon heißt, sieht es schlecht für Platon aus...)

Du schreibst ja selbst ... "wenn ich eine sehe". Was lässt dich denn eine erkennen? Das ist ja kein Vorgang, der auf den Vorgang des Sehens beschränkt ist, sondern auf Erfahrung. Erfahrung heißt aber, neue Informationen in die Kategorien seiner Erkenntnis 'einzusortieren', d.h. vor dem Hintergrund historischer Urteilskraft. Woher nimmst du die? Klar, wenn dir mal ein Nazi auf's Mal gehauen hat, könntest du sagen, das war eine schmerzvolle, daher schlechte Erfahrung. Aber wir sind uns wohl darin einig, dass das keine Möglichkeit ist, das zu entscheiden.

Aus der reinen Sammlung von Daten, also aus reiner Empirie kann an ja nicht urteilen, wann etwas schlecht oder dogmatisch sei. Das leistet ja erst die begriffliche Fassung von Empirie, mag sie auch noch so systematisch erhoben worden sein. Das ist eine synthetische Leistung des Bewusstseins. Du hast also gar keinen Maßstab dafür, warum Nazis nun doof sind, oder, um beim Thema zu bleiben, die Manipulation von Menschen zum Zwecke ihrer Ausbeutung, wie es z.B. America's Army macht.

Soll ich jetzt auch die Nazi-Keule rausholen, oder warum das Zitat vom Duce?

Das Mussolini-Zitat galt den Vertretern eines neutralen Begriffs der Ideologie. Das war übrigens weder 'Nazi' (es bestehen ja Unterschiede zwischen dem ursprünglich linken Faschismus italienischen Modells und dem deutschen Faschismus), noch eine 'Keule', sondern ein Hinweis darauf, was passiert, wenn eine Gesellschaft ihren Maßstab für Rationalität aufgibt. Das ist dann z.B. mit den Mitteln der immanenten Kritik nicht mehr zu fassen. Du hättest dem Duce noch so oft sagen können, dass er böse sei, das hätte er ganz foucaultianisch zurückgewiesen als ein Urteil, das aus der Position der Macht kommt. Du hättest den Deutschen noch so oft positivistisch 'nachweisen' können, das Juden nicht 'rassisch' unterschiedlich sind, dass sie nichts von Biologie verstünden, das hat sie offensichtlich nicht gejuckt. Faschisten sind ja keine Konservativen, sondern sehr progressiv, dafür braucht es aber Teleologie in der Geschichte und die kann man sich eben nur selbst setzen. Es ist ja nicht so, dass der Faschismus keine Empirie betrieben hätte, die haben massig 'Rassenforschung' betrieben (Himmler wollte sogar den Juden das Geheimins entlocken, wie sie den 'Wert' beherrschen), nur seine Form, diese Erkenntnisse zu 'synthetisieren' war eben eine irrationale.

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Btw: Lustig, dass du Flick und Diekmann erwähnst, die habe ich für meine Dissertation auch lesen müssen, da man ja im Studium selbst geradezu davon abgehalten wird, sich mit sowas auseinanderzusetzen, sondern stattdessen mit 'multivariater Datenanalyse' abgespeist wird und vorgegaukelt bekommt, ein gute Faktoranalyse mit möglichst viel Varianzaufklärung würde irgendwas über die Realität aussagen. Das Problem an den von dir genannten Büchern: Die haben sich natürlich von Objektivität als Begriff gesellschaftlicher Geltung verabschiedet, weil sie sich dem Positivismus durch die Hintertür des z.B. sozialen Konstruktivismus andienen müssen - ist halt alles subjektiv und relativ und so - aber trotzdem total wichtig, 'seht her, wir qualitative Forscher haben auch Gütekriterien, die es mit eurer Trinität aufnehmen können, bitte nehmt uns euren Riegen auf'. Es ist wohl nicht zu Holzhammer-materialistisch, wenn man behauptet, da geht es mehr um die Drittmittelbalgerei, als um Erkenntnis von irgendwas. Da steht im Übrigen auch nichts über Ideologie in diesen Büchern, so viel kann ich dir verraten. Du tust so, als läge dieser Widerspruch nicht in der Sache begründet, sondern im mangelnden Veständnis. Vielleicht solltest du dich ein wenig vom Kathederdenken distanzieren. Mit Flick und Diekmann ist nun wirklich keine kritische Analyse zu haben. Was willst du nun mit deren Zitation sagen? Oder sollte das sein schales Autoritätsargument sein?

P.S. Auch wenn ich mit diesen Einschüben zur Identitätslogik und der etwas schematischen Herangehensweise an sogenannte 'Basisideologien' nicht d'accord gehe, kann ich diesen Text empfehlen, referiert er doch zumindest über einen Begriff der Ideologie, wie ich ihn meine.

P.P.S. Was sich hier en miniature wiederholt, ist ja eine Art Positivismusstreit. Das sei zur Lektüre empfohlen - nicht, um damit zu sagen 'lies das mal, dann weißt du, warum du falsch bist', sondern weil mir das auch genau die Streitlinie zu sein scheint, die sich hier entspinnt. In dem Buch kommen auch 'beide Seiten' zu Wort...
 
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Bei Flick und Diekmann ging es mir ausschließlich um die Gründe für meine Kritik an dem von dir (scheinbar) verwendeten Objektivitätsbegriff.
Der Absatz liest sich für mich fast so, als würdest du Forschung ganz allgemein für Unsinn halten, solange sie nicht unter Laborbedingungen stattfindet (das ist immerhin die einzige Variante, die du nicht irgendwie in der Luft zerreißt).
Wahrscheinlich liegt das tatsächlich an meinem mangelnden Verständnis.

Vielleicht könntest du deinen Begriff (Objektivität) einfach mal definieren, damit mir klar wird, wie du ihn verwendest, was er bei dir genau bedeutet. Unter Umständen habe ich dann mit deiner Ideologie-Definition auch garkein Problem mehr (abgesehen vom falschen Bewusstsein, an dem ich immernoch anstoß nehme).
Ich versuche diesen Begriff (Obj.) eben gerne zu vermeiden (spreche stattdessen von intersubjektiver Nachvollziehbarkeit), aber dabei ist es eben mein Objektivitätsbegriff, den ich der Kritik zugrundelege. Auf den trifft die Kritik mMn natürlich zu, aber der muss ja nicht zwingend mit deinem identisch sein (Begriffe sind nur selten selbsterklärend).

Popper und Platon waren doch eher "Gewürze" in einer Suppe, die zum größten Teil aus Psychologie-Lehrbüchern bestand.

Zur Trennung von "Gut/Böse": das ist ein Code, der für mich generell nicht wirklich funktioniert (da bin ich dann doch zu sehr Relativist). Ideologie hat für mich mit gut und Böse nichts zu tun, Ideologien können auch eher positives bewirken (immer für ihren Träger/Verfechter und u.U. für einen Großteil der Gesellschaft), allerdings gibt es auch immer Menschen für die eine Ideologie viel negatives bringt.
Meine Ideologiekritik bezieht sich wenn überhaupt darauf, dass eine Ideologie (willkürliche) Setzungen beinhaltet. Davon halte ich generell nicht so viel, denn das ist mMn eben zu vergleichen mit "2+2=5" oder "2+2 =?" - "ich weiß nicht, sagen Sie es mir".
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Abe81 schrieb:
... referiert er doch zumindest über einen Begriff der Ideologie, wie ich ihn meine.

Und damit hast du mir tatsächlich was gegeben, das ich lesen werde (aber nicht mehr heute, ist schon zu spät für solche Kost). Trotzdem sage ich schonmal Danke.
Die "Antwort" kommt bestimmt.

Adorno ist bei mir übrigens unten durch, seit ich die Harmonielehre von Arnold Schönberg gelesen habe (Adorno war eine zeitlang sein Schüler). Da steht sinngemäß im Vorwort: "Ich habe es dem Wiesengrund oft zu erklären versucht, doch er will es scheinbar einfach nicht verstehen" - gemeint ist damit die "12-Ton-Methode" und das Unverständnis Adornos, welches später zu seiner harschen Kritik an dieser Methode geführt hat (die sich für einen Musiktheoretiker nebenbei ganz schon haarsträubend dogmatisch liest, zumindest wenn man die Methode weit genug verstanden hat, um sie anwenden zu können).

Das hat mit dem Positivismusstreit allerdings tatsächlich nichts zu tun und auf anderem Gebiet war der Mann wohl tatsächlich recht gut. Wahrscheinlich werde ich mal wieder ein paar Tage in der Uni-Bib. zubringen. Da steht der Schinken ganz bestimmt irgendwo rum, und die Liste der Autoren klingt auch schon recht vielversprechend. Für neue Bücher ist momentan bei mir leider nicht genug Geld da.

PS:
"Nazis" können für mich nicht nur Rechte sein, ich kennzeichne damit eher eine dogmatische Haltung gegenüber Andersdenkenden. . "Dogmatiker" oder "Betonkopf" trifft es eigentlich besser, aber "Nazi" ist einfach kürzer.
Ist natürlich mein individueller Sprachgebrauch, den du in dieser Weise nicht teilen musst.
Ich halte es da mit Rosa Luxemburg: "Freiheit ist IMMER die Freiheit des Andersdenkenden".
 
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