Formulierungen im Arbeitsszeugnis, schlechte Bewertung?

Smash32

Lt. Commander
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Hallo Communiety,

ich habe hier einmal eine Frage zu Formulierungen im Arbeitszeugnis.
Ich lese das Arbeitszeugnis, das ich erhalten habe mit großem Bedenken. Meiner Meinung nach sind die Formulierungen zum großen Teil für schlechte Bewertungen gewählt, ob dies beabsichtigt oder unwissend geschehen ist, sei mal dahingestellt.

Ich würde euch bitten, die Formulierungen die ich im Folgenden aufführe, einmal zu benoten und werde selbst dazu schreiben, welche Note ich dahinter sehe.



1. XXX verfügte über ein gutes Fachwissen, das er bei der Erfülung der ihm übertragenen Aufgaben effektiv einsetzte.

2. Seine Auffassungsgabe ermöglichte es ihm, auch schwierige Situationen sofort zutreffend zu erfassen und schnell richtige Lösungen zu finden.

3. XXX war ein engagierter und zuverlässiger Mitarbeiter, der besonders durch seine Leistungsbereitschaft überzeugen konnte.

4. XXX handelte konsequent und erzielte auch bei anspruchsvollen Aufgaben Ergebnisse von guter Qualität.

5. Die Leistungen von XXX haben unseren Erwartungen entsprochen.

6. XXX war zudem ein sehr umsichtiger, verantwortungsbewusster und gewissenhafter Mitarbeiter und genoss unser volles Vertrauen.

7. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war jederzeit gut.

8. XXX scheidet mit dem heutigen Tag auf eigenen Wunsch aus unserem Unternehmen aus, um sich beruflich neu zu orientieren. Wir bedauern dies und danken ihm für seine Mitarbeit. Auf seinem weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute und Erfolgt.



Also wo ich mich schwer mit tuhe sind die Sätze 4,5,6 und 7.
Die anderen liegen meiner Auffassung nach im 2er Bereich, diese Sätze sind jedoch eher 3-4.
Wie würdet ihr das bewerten?


Danke schon einmal für eure Hilfe und Antworten.
 
Zu 1) Der Kandidat ist nicht in der Lage, über seinen begrenzten Erfahrungsschatz hinauszudenken. Seine "Lösungen" sind wenig kreativ, erfüllen lediglich die genaue Auftragsformulierung und entsprechen den Verfahren aus dem Lehrbuch.

Zu 2) Der Kandidat war zwar nicht der schnellste, aber immerhin brachte er meistens in der vorgegebenen Zeit ein akzeptables Ergebnis.

Zu 3) Dem Kandidaten fehlt es leider an herausragenden Eigenschaften, weswegen wir eine Selbstverständlichkeit loben müssen, damit wir wenigstens etwas lobend erwähnt haben. Vorsicht vor blindem Aktionismus, der Kandidat ist eher ein Macher als ein Planer.

Zu 4) Wenn er sich einmal für einen Weg entschlossen hatte, ließ der sich auch nicht mehr davon abbringen, aber immerhin führte dies in den meisten Fällen immer noch zu akzeptablen Ergebnissen.

Zu 5) Der Kandidat konnte uns nicht vom Hocker reißen. Er hat die Verpflichtungen, die sich auch seinem Arbeitsvertrag ergaben, erfüllt. Ideen und Verbesserungen braucht man von dem Kandidaten nicht zu erwarten: Er arbeitet nur nach Auftrag.

Zu 6) Der Kandidat fragt gerne mehrfach nach, bevor er einen Handschlag tut. Aber immerhin arbeitet er irgend wann auch mal seinen Auftrag ab, wenn alle seine Fragen mehrfach geklärt wurden.

Zu 7) Der Kandidat blieb distanziert. Es kam zwar hin und wieder in beiden Richtungen zu Reibereien, aber leider nicht genug für arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Zu 8) Endlich ist er weg. Vielleicht findet er ja jetzt etwas, was besser für ihn geeignet ist, als das, was er bei uns machen durfte.

Ggf. habe ich an der einen oder anderen Ecke ein wenig überspitzt interpretiert, aber gut lesen sich die Sätze bei Weitem nicht.

Rede lieber noch einmal mit Deinem Chef darüber, vielleicht hat er ja lediglich Schwierigkeiten bei der Formulierung gehabt.
 
So schlecht hätte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Das Zeugnis wurde von der Personalleitung geschrieben die sich an einem anderen Standort befindet und die Situation deshalb nicht wirklich beurteilen kann und mein Chef hat dies lediglich unterzeichnet.

Die genannten Situationen spiegeln ein komplett anderes Bild als ich selbst von dem Arbeitsverhältniss hatte. Ich saß in einem Großraumbüro mit ~30 Leuten und hab ich mit allen mit denen sich meine Aufgaben überschnitten haben gut verstanden.
Ich habe das Arbeitsverhältnis beendet, da ich studieren möchte und habe dies auch früh genug mit dem Arbeitgeber besprochen und nicht von einem Tag auf den anderen gekündigt. Der Arbeitgeber hat dabei mehrfach versucht mich zu überreden doch zu bleiben, da sie sehr mit mir zufrieden sind.

Deshalb verstehe ich das Zeugnis auch absolut nicht, aber dann war es anscheinend richtig, dass ich es als so schlecht empfunden habe.
 
Dann würde ich da noch mal hin gehen und deinem ehemaligen Chef das Zeugnis vorlegen und fragen ob das denn alles so zutrifft. Das Klingt ja nicht wirklich so. Vor Allem, weil du schreibst, dass er dich behalten wollte?-? Außerdem würde ich soweit gehen und sagen, dass die Person, die das Zeugnis verfasst hat, dich noch nie gesehen hat.

Gruß Andy
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, das ist glaube ich auch das Beste.
Werde mich da morgen einmal melden.
Und die Person die das Zeugnis geschrieben hat, war auch nur bei meinem Vorstellungsgespräch dabei und hatte sonst keinen Kontakt zu mir.
 
Twostone schrieb:
Zu 1) ....
Ggf. habe ich an der einen oder anderen Ecke ein wenig überspitzt interpretiert, aber gut lesen sich die Sätze bei Weitem nicht.

Rede lieber noch einmal mit Deinem Chef darüber, vielleicht hat er ja lediglich Schwierigkeiten bei der Formulierung gehabt.

Ein wenig überspitzt? Du interpretierst da ab und an Sachen rein, die komplett nicht rauszulesen sind. Zumindest hätte ich z.b. 1 oder 6 ganz anders interpretiert. Weit weniger negativ als du.

Das Problem in den Konzernen ist doch immer, da gibt es oft ein paar Eckpunkte die der Personaler schnell abfragt nach Schulnotenmanier und dann fummelt er sich irgendwas zusammen. Der Vorgesetzte kuckt nochmal schnell drüber, der Chef unterschreibt blind weil er eh nicht weiss wer du bist und das wars.

Habe vor 2 min ein Zeugnis unterschrieben, das mir einer meiner Abteilungsleiter vorgelegt hat. Mehr als "Kommt das hin?" kann ich gar nicht fragen, weil ich den Mitarbeiter wenn es hochkommt 5 mal in der Halle gesehen habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe das Zeugis eben einmal von einer Freundin lesen lassen, die aktuell eine Ausbildung zur Bürokauffrau macht und ein Fach in der Schule belegt in dem es um Zeugnissprache geht.

Sie war der Meinung bis auf Satz 4 und 5 die sie ändern lassen würde, wäre das Zeugnis ca. eine 2.

Ich habe jetzt per Email meinen ehemaligen Arbeitgeber darum gebeten das Zeugnis zu korrigieren.
Sie sind jetzt dabei dies zu tun. Ich bin mal gespannt was dabei raus kommt.
 
Ich hätte es auch auf keinen Fall so negativ wie Twostone interpretiert.

Aber an sich ist es nicht das non plus ultra. Es fällt nämlich sehr auf, dass nie Superlative benutzt wurden.
"Er genoss unser volles (nicht vollstes) Vertrauen"
"Ergebnisse von guter (anstatt sehr guter bester) Qualität"
"XY verfügte über ein gutes (nicht sehr gutes) Fachwissen"

Insgesamt würde ichs Notentechnisch bei einer 3+ einordnen.
Ich würde mal mit deinem Chef sprechen - ich weiß ja nicht, inwiefern er den Personalern Anweisungen gegeben hat/ sich mit ihnen abgesprochen hat/ob er selber die "Geheimsprache/Note" entziffern kann (sollte er als Chef zwar, aber gibt genug Konsorten...;))
 
Würde es auch eher als 3-4 einschätzen. Es ist kein einziger Superlativ drin. Wobei man beachten sollte, dass "zu unserer vollsten Zufriedenheit" auch nur eine 2 ist und eine 1 "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit " ist.

Ich würde auch empfehlen den alten Chef anzusprechen. Es muss ja irgendjemand eine Bewertung (idR Fragebogen mit Skala) eingereicht haben!
 
Smash32 schrieb:
3. XXX war ein engagierter und zuverlässiger Mitarbeiter, der besonders durch seine Leistungsbereitschaft überzeugen konnte.

Leistungsbereitschaft? Bereit Leistung zu erbringen? Hat er es den je getan? :o

"Er zeigte jederzeit seine volle Einsatzbereitschaft" :D
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Arbeitsleistung ist ein fester Bestandteil des Arbeitsvertrages, man könnte gar sagen, daß es einer der Hauptgründe ist, warum ein Arbeitsvertrag von Arbeitgeberseite geschlossen wird. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, Arbeitsleistung zu erbringen, wofür sich der Arbeitgeber verpflichtet, ein (nicht immer angemessenes) Entgelt zu zahlen. Die Bereitschaft, Arbeitsleistung in den dafür vorgesehenen Zeiten zu erbringen, ist somit eine Selbstverständlichkeit, die keiner besonderen Erwähnung bedarf (es sei denn, man möchte in positiver Weise auf einen anderweitigen Mangel hinweisen).
 
Das Arbeitszeugnis ist doch so oder so lächerlich, da jeder Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet ist, eines auszustellen und dieses auch noch wohlwollend formuliert sein muss. Es ist auch nicht so, dass man die Leistung eines Einzelnen immer eindeutig feststellen kann (z.B. wenn er im Team arbeitet). Du kannst da hineininterpretieren was du willst, aber objektiv ist kein Arbeitszeugnis als schlecht zu bewerten. Wie auch, wenn es gegen das Gesetz verstößt.

Das wäre so, als dürfte man in der Schule nur noch die Noten 1-2 vergeben. Aber bei der Noten- und Abschlussinflation wird das wahrscheinlich noch kommen. Es gibt ja schon Politiker, die fordern, das Durchfallen abzuschaffen.

Ein Arbeitgeber hätte gerne eine objektive Leistungsbeurteilung eines potentiellen Arbeitnehmers. Er bekommt Angebote (Bewerbungen) von und möchte von diesen logischerweise die am besten Geeigneten einstellen. Es ist auch sein gutes Recht, nur diejenigen Bewerber einzustellen, die er will.

Für so etwas (Leistungsdifferenzierung) wurden Abschlüsse, Zeugnisse und Noten geschaffen.
Nun hat aber der Staat ein Problem: Wenn ein Arbeitgeber in der Lage ist, klar zwischen der Leistung von Bewerbern zu differenzieren, dann wird er von Diesen nur die Besten einstellen. Der Rest bleibt auf der Strecke und bleibt arbeitslos. Da der Staat allerdings für Arbeitslose bezahlen muss, damit diese nicht verhungern, hat er eine (vermeintliche) Lösung des Problems gefunden: Es werden einfach alle Schul- und Hochschulabschlüsse verschenkt und nur noch Bestnoten vergeben, damit die Arbeitgeber nicht mehr zwischen der Leistungsfähigkeit der Absolventen differenzieren können. In den staatlichen Bildungseinrichtungen kann der Staat das kontrollieren, dazu bedarf es keinen Gesetzes (es ist eine interne Richtlinie). Da der Staat in der freien Wirtschaft allerdings keine Arbeitszeugnisse vergibt, wird diese schlichtweg dazu gezwungen, ein wohlwollendes Zeugnis zu erstellen, selbst wenn die Leistung des Arbeitnehmers nicht erfassbar oder schlichtweg unzureichend war. Siehe hier.

Die einzige Möglichkeit für deinen nächsten potentiellen Arbeitgeber bleibt, deinen früheren Chef zu kontaktieren und diesen zu fragen, wie deine Arbeitsleistung war. Das ist allerdings bei vielen Bewerbern ein grosser Aufwand.
 
Zuletzt bearbeitet:
kingler schrieb:
Nun hat aber der Staat ein Problem: Wenn ein Arbeitgeber in der Lage ist, klar zwischen der Leistung von Bewerbern zu differenzieren, dann wird er von Diesen nur die Besten einstellen.

Ach herrje, da ist aber jemand blauäugig. Bisweilen ist es gar von Vorteil, dritte Wahl einzustellen, insbesondere für eine Firma, die sowieso schon zweite Wahl ist. Gute Arbeitnehmer kosten Geld, und ggf. wissen sie gar noch über ihre eigenen Rechte und Pflichten Bescheid. Oft genug sind sie sich auch ihres eigenen Wertes bewußt.

Nimmt man zweite Wahl, kann man sie fördern und unter Druck setzen, und wenn man sie fertig ausgeformt hat auch dafür nutzen, die Horde Arbeitnehmer dritter Wahl zu beaufsichtigen, die man quasi als Zubehör zur zweiten Wahl eingestellt hat. Beides Verschleißartikel, und in ausreichender Stückzahl vorhanden.

Erste Wahl ist zwar immer toll, wenn man sie denn nutzen kann und gut behandelt, wenn nicht, sind sie jedoch schnell wieder weg und man hat Kosten und Klagen am Hals.
 
Twostone schrieb:
Nimmt man zweite Wahl, kann man sie fördern und unter Druck setzen, und wenn man sie fertig ausgeformt hat auch dafür nutzen, die Horde Arbeitnehmer dritter Wahl zu beaufsichtigen, die man quasi als Zubehör zur zweiten Wahl eingestellt hat. Beides Verschleißartikel, und in ausreichender Stückzahl vorhanden.

Menschen zweiter Klasse unter Druck setzen, fertig ausformen und dazu benutzen Menschen "dritter" Klasse unter Druck zu setzen?

Menschen sind Verschleißartikel und in ausreichender Stückzahl vorhanden?

Wenn ich ohnehin nur zweite Wahl bin, dann brauche ich auch nicht arbeiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo
kingler schrieb:
da jeder Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet ist, eines auszustellen und dieses auch noch wohlwollend formuliert sein muss. Es ist auch nicht so, dass man die Leistung eines Einzelnen immer eindeutig feststellen kann (z.B. wenn er im Team arbeitet). Du kannst da hineininterpretieren was du willst, aber objektiv ist kein Arbeitszeugnis als schlecht zu bewerten.
Das stimmt so nicht ganz.

Heutzutage hat man ein Anrecht auf ein positives/wohlwollendes Arbeitszeugnis, was man auch fordern/einklagen kann, das ist auch allen Parteien bewusst und deswegen verliert der Hauptpflichtabschnitt immer mehr an Bedeutung.
Der Schlussabschnitt (also der Dank für die Zusammenarbeit, das Bedauern über das Ausscheiden und die Glückwünsche für die Zukunft) ist ein optionaler Zusatz auf den man kein Anrecht hat und den man auch nicht fordern/einklagen kann. Deswegen ist dieser freiwillige Schlussabschnitt mittlerweile fast der wichtigste Teil eines Arbeitszeugnisses geworden auf den am intensivsten geachtet wird, weil dorthin mittlerweile (indirekt) das negative geschoben wird. Die Arbeitgeber toben sich deswegen mittlerweile durch weglassen dieses freiwilligen Schlussabschnitts oder mit nicht ausreichend positiven Formulierungen aus.

In Kurzform z.B.:
Kein (ausreichender) Dank für die Zusammenarbeit (Hier gibt es diverse Abstufungen) - Er kann nicht viel und war erfolglos.
Kein (ausreichendes) Bedauern über das Ausscheiden (Hier gibt es diverse Abstufungen) - Wir sind froh Ihn los zu sein.
Glückwünsche für die Zukunft: "Wir wünschen Ihm Glück und Erfolg für die Zukunft" - Er kann nicht viel und er hatte keinen Erfolg bei uns und er braucht viel Glück um woanders Erfolg zu haben weil er nicht viel kann.
Glückwünsche für die Zukunft: "Wir wünschen Ihm für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg" - Er hat hier gut und erfolgreich gearbeitet und wird das woanders wahrscheinlich auch so fortsetzen.

Arbeitszeugnisse sind mittlerweile zu einer Perversität verkommen aber Bewerber sind darauf angewiesen weil die meisten Firmen Arbeitszeugnisse sehen wollen.

Grüße Tomi
 
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du schreibst dein zeugnis vor und gibst es ihnen zur unterschrift? zumindest bei uns ist so üblich, sofern man denn wert darauf legen sollte. ich habe mir bis jetzt noch keines von diesem lächerlichen ramsch ausstellen lassen, aber die wichtigkeit dieser zeugnisse ist je nach branche sicher unterschiedlich.
 
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