Digitale Güter vererben und erben

Acrylium

Rear Admiral
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Der Vater eines meiner besten Freunde ist gestorben. Er (also der Vater) war Apple-Fan und hat in seiner iTunes-Mediathek Filme und Musik im Wert von einigen Tausend Euro. Zudem hatte er ein Amazon Kindle und hat auch dort eine beachtliche Buchsammlung angesammelt. Er hatte wohl auch eine XBox mit als Download erworbenen Spielen, aber das ist den Erben nicht so wichtig. Die Passwörter zu den ganzen Accounts sind keinem der beiden Erben bekannt.

Die Frage die sich nun stellt ist, ob diese digitalen Güter überhaupt vererbbar sind oder ob das im Kleingedruckten von den Unternehmen ausgeschloßen wird.

Ich habe bei der Zeit diesen Artikel dazu gefunden, der jedoch schon aus 2013 stammt und daher evtl nicht mehr aktuell ist.

Hat jemand damit eigene Erfahrungen oder weiß sonst wie genaueres darüber? Aufgrund dem oben geannten Artikel in der Zeit habe ich meinem Kumpel geraten die Unternehmen Amazon und Apple vorerst nicht über den Tod des Accountinhabers zu informieren sodern erst mal ab zu warten ob ich etwas brauchbareres dazu recherhieren kann. Leider hat Google nur recht unklare Infos dazu zu Tage gefördert. Daher hier nun an euch die Frage ob sich jemand damit auskennt oder sogar schon eigene Erfahrungen mit dem Vererben digitaler Güter gemacht hat.
 
Sehr interessante Frage.

Über so was denkt man meist gar nicht nacht, wenn man überlegt, ob man sich ein Medium digital oder auf DVD holt.

Bin gespannt, wie die Rechtslage hier aussieht.

Blöd ist nur, dass in einem Forum keine Rechtsauskünfte gegeben werden dürfen.
Hier wäre also der Gang zu einem Anwalt der richtige weg.
 
Ich erwarte auch gar keine Rechtsauskünfte oder gar Beratung, mir würde es reichen wenn mir jemand von seinen eigenen Erfahrungen bezüglich des Erbens und Vererbens von digitalen Gütern erzählen würde. Eventuell kann man diese ja auch gar nicht erben, damit wäre dann das ganze Thema schon erledigt und ich könnte meinem Kumpel sagen dass er sich um das Zeug gar nicht zu kümmern braucht da er es sowieso nicht bekommen kann.

Was ich bisher herausfinden konnte ist jedenfalls, dass es für die Erben wichtig sein kann Zugriff auf ein E-Mail-Postfach eines Verstorbenen zu erhalten weil sich darin möglicherweise wichtige Dokumente finden ohne welche die Erben ihren Pflichten als Nachlassverwalter nicht nachkommen können. Aber in meinem Fall ist der Zugriff auf das E-Mail-Postfach eigentlich gar nicht gefragt, die wollen die E-Mails von ihrem Vater gar nicht lesen soweit ich weiß, es geht denen einzig und allein um die vielen Filme, Musikalben und eBooks die er hat(te).

So als Normaluser dachte ich immer, dass man die Unternehmen einfach anschreibt, den Erbschein vorlegt und die Sachen auf den eigenen Account übertragen werden. Doch wie ich nun sehen muss scheint das ganz und gar nicht so einfach zu sein, tatsächlich gibt es hier praktisch (noch) gar keine Regelungen.
 
Evtl. hilft das hier weiter:

http://www.zdf.de/wiso/tipps-digitaler-nachlass-37533488.html

"Das können Sie nicht vererben
Was ... allerdings nicht vererben kann, sind ihre E-Books, digitalen Hörbücher und Musikfiles, die sie sich in den letzten Jahren gekauft hat. E-Books gehören Ihnen nicht. Für die Bücher auf Ihrem E-Book-Reader haben Sie nur eine personalisierte Lizenz zum Lesen gekauft. Die erlischt, wenn Sie sterben. Das gilt auch für Musik und zum Beispiel bei iTunes. Der Grund: Mit dem Kauf der Lizenz haben Sie als Kunden den AGBs (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zugestimmt."
 
Da ist die Autorin etwas zu pauschal. Dass es sich um Lizenzen handelt, die man gelesen hätte, schließt für sich genommen nicht die Vererblichkeit aus. Auf derselben Seite wird von einem Anwalt etwas genauer beleuchtet, dass es darüber hinaus darauf ankommt, ob man die jeweils verwendeten Klauseln für wirksam erachtet oder nicht; da sollte man nicht vorschnell sein. Allgemein ist es so, dass man als Erbe vollständig in die Rechtsposition des Erblassers eintritt (Universalsukzession) - auch in sämtliche Vertragsverhältnisse, wozu letztlich auch Lizenzverträge und die sonstigen Provider- und Cloudverträge gehören.

Selbst einen Erbschein benötigt man nicht immer; auch hier kommt es auf die Verträge an und die Wirksamkeit der verwendeten Klauseln an. Das wird von der Rechtsprechung in verschiedenen Fällen verneint; so ein Erbschein kostet immerhin gut Geld.

Praktisch ist es wohl ein Wagnis, wenn man sich sein "Erbe" erstreitet. Ich meine aber, dass die Unternehmen nicht einfach vorgeben können dürfen, wie die Sache auszusehen hat. Da darf man sich nicht überlenken lassen. Wer meint, er hätte einen Anspruch auf dieses oder jenes, soll versuchen, das durchzusetzen. Dazu gehört, dass man sich vom "ich nehm einfach bloß so viel, wie ich kriegen kann" verabschiedet und dann klar für sich entscheidet, was man will. Die Gerichte (und nicht ausgerechnet der Vertragsgegner 0o) mögen für oder gegen einen entscheiden - dafür sind sie eben da (und kosten natürlich auch Geld; so wie Straßen auch Geld kosten, ganz normal eigentlich. Gerichtskosten sollen einen eigentlich von nichts abhalten, sondern müssen nun mal bezahlt werden).
 
Hier vll auch noch was dazu http://www.zdf.de/wiso/tipps-digitaler-nachlass-37533488.html

Betätigt mich aber wieder mal in meiner Meinung keine Kohle für "digitale" Güter auszugeben.
Hät der Vatter CDs oder normale Bücher bzw Blurays gekauft - gäbs keinen Stress.

Guck mal nach ob nicht doch entsprechende Passwörter notiert wurden.
Gggf kann man dann über Apple family share oder wie das heißt noch Bücher bzw Mucke weitergeben.
 
Ich würde einfach Zugriff auf die Email-Adresse des verstorbenen erlangen was ja kein Problem darstellen dürfte.
Dann bei Apple das PW-Vergessen und neues anfordern Prozedere an die Email und darüber Zugriff auf die Musik etc. bekommen.
 
Darüber sollte man sicher auch nachdenken; so schlecht finde ich das jedoch nicht. Wie gesagt hängen die letzten Zweifel ua von der Interpretation der Verträge ab. Außerhalb dessen gilt das Prinzip, dass der Erbe vollständig in die Rechtspositionen des Erblassers eintritt; ich denke, dass er so jedenfalls einigermaßen glaubhaft seine Auffassung vertreten kann, er wäre zu diesem Handeln berechtigt, da er mehr oder weniger in Person des ansonsten berechtigten "Erblassers" handelt.

Dieser Auffassung muss weder der Vertragsgegner folgen, noch muss die Aussicht auf Erfolg vor einem Gericht besonders hoch sein. Das Schöne daran ist bloß, dass so nun der Vertragsgegner in Zugzwang ist (wäre) und nicht der Erbe als Bittsteller auftreten muss. Eher im Raum als eine Strafbarkeit stünde dann außerdem "nur" eine Vertragsverletzung; vllt noch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Sich Zugang zu verschaffen kann übrigens schon allein dafür notwendig sein, zu prüfen, welche vertraglichen Abreden genau bestehen; vllt befindet sich im Account auch weitere Korrespondenz. Eine beschränkte Lizenz der Medieninhalte muss nicht schädlich sein, wo sie ja womöglich nicht die einzigen Inhalte sind und zumal die Beschränkung vllt auch nicht alle Inhalte betrifft.
 
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