Frau Leutheusser-Schnarrenberger, nach den Veröffentlichungen der Internetplattform Wikileaks ist ein wahrer Kampf zwischen den Anhängern und Kritikern dieses Projektes entbrannt. Unternehmen, die ihre Zusammenarbeit mit dem Projekt aufgekündigt haben, wurden Ziel von Internetattacken, die ihre Webseiten oder Fax-Anschlüsse lahmlegen sollten. Ist das strafbar?
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Nach deutschem Strafrecht kann man sich durch so genannten Denial-of-Service-Attacken wegen Computersabotage nach [extern] § 303b des Strafgesetzbuchs strafbar machen, weil man eine Datenverarbeitung stört, um jemanden zu schädigen. Das ist quasi eine Sachbeschädigung im virtuellen Raum.
Aber haben die betroffenen Unternehmen nicht zuerst ihre Marktstellung missbraucht, um das Projekt Wikileaks quasi auszutrocknen? Die Reaktionen wären dann so etwas wie ein virtuelles Sit-in.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wer ein virtuelles Sit-in machen möchte, hat dazu nach deutschem Recht auch die Möglichkeit. Proteste per Massen-Email und Boykottaufrufe gegen Unternehmen sind erlaubt und sogar von der Meinungsfreiheit nach [extern] Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt. Die Grenze zwischen straffreiem Protest und Computersabotage liegt da, wo anderen gezielt ein Schaden zugefügt wird, indem man seine Datenverarbeitung lahmlegt. Das ist bei einer richtigen Demonstration aber auch nicht anders, da dürften Sie auch nicht als Zeichen des Protestes die Filialen von Unternehmen verwüsten.