Klarnamenzwang im Internet kaum wirkungsvoll

Max Doll
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Verschiedene Soziale Netzwerke drängen ihre Nutzer schon seit längerem zur Verwendung von Klarnamen. Dabei wird immer wieder auf die positiven Auswirkungen hinsichtlich eines netteren Umgangstones verwiesen, der Tenor dabei: Wer sich nicht hinter Pseudonymen verstecken kann, neigt weniger zur Verbalrandale.

Diesem Ansatz ist bereits die koreanische Regierung gefolgt. 2007 wurde in dem asiatischen Land ein Klarnamenzwang für alle Webseiten mit einer Größe von mehr als 300.000, 2008 sogar ab einer Größe von nur 100.000 Seitenaufrufen eingeführt. Nach einer Untersuchung der „Korean Communications Commission“ wurde das Gesetz bereits vier Jahre später wieder abgeschafft. Den Ergebnissen zufolge bestanden vor der Regulierung 13,9 Prozent aller untersuchten Foreneinträge aus „bösartigen Inhalten“. Diese Menge reduzierte sich aber um lediglich 0,9 Prozent, während wissenschaftliche Studien einen Rückgang um ganze 30 Prozent ermittelten. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass internationale Anbieter wie Facebook oder Twitter nicht reguliert wurden und sich die Ergebnisse kulturell bedingt nicht direkt übertragen lassen.

In beiden Untersuchungen war die Wirkung lediglich auf Gelegenheitsnutzer spürbar, während sich regelmäßige Poster durch den Klarnamenzwang nicht irritieren ließen, ihr Verhalten also nicht änderten. Verantwortlich dürfte der sogenannte „Kameraeffekt“ sein – man gewöhnt sich an potentielle Überwachung, zumal wenn direkte Konsequenzen unerwünschten Verhaltens ausbleiben. Der Sinn hinter dem Streben zu Klarnamen liegt jedoch ohnehin eher im (datenschutzrechtlich bedenklichen) Nutzen für die Geschäftsmodelle von Youtube, Facebook und Co begründet.

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