Gewährleistung trotz Root und Flash?

Michael Schäfer
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Das „Rooten“ eines Android-Gerätes oder das Aufspielen eines Custom-Rom gehören für viele Benutzer bereits zum Alltag. Anders sieht es hingegen bei den Verkäufern aus, vielen Benutzern wird bei defekten Geräten die Reparatur verweigert – oft zu unrecht, wie jetzt die FSFE herausgefunden haben will.

Android bringt zwar von Haus aus schon ein Menge Möglichkeiten mit, das System ganz nach seine Vorstellungen einzurichten und zu verwenden. Doch damit besitzt man keinen kompletten Zugriff auf das jeweilige Gerät. Möchte man das Gerät bis ins Kleinste unter seine Kontrolle bringen, benötigt man einen sogenannten „Root“-Zugriff.

Beliebt ist auch das Aufspielen alternativer Android-Versionen, sogenannten Custom Roms, bei denen es sich um inoffizielle Firmwares handelt, welche nicht vom Hersteller veröffentlicht wurden. Diese sind oftmals die einzige Möglichkeit, um auch aktuelle Android-Versionen verwenden zu können, wenn der Hersteller die Unterstützung schon lange eingestellt hat. Auch zusätzliche Funktionen oder gänzlich andere Android-Versionen, wie zum Beispiel die gerade in Japan und Korea geschätzte MIUI-Variante, welche sich auch bei uns immer größerer Beliebtheit erfreut, stellen einen großen Mehrwert für den Benutzer dar.

Bei defekten Android-Geräten, welche entweder einen Root-Zugriff oder eine andere Firmware verwendeten, haben die verkaufenden Händler in der Vergangenheit unterschiedlich reagiert. Während manche Defekte ohne Murren wieder in Ordnung bringen ließen, verweigerten andere gänzlich die Instandsetzung, da die Mängel ihrer Ansicht nach erst durch den Nutzer hervorgerufen worden waren. Noch undurchsichtiger verhält es sich bei Samsung: Das Unternehmen beauftragt bei eingehenden Gewährleistungsfällen mehrere Partner mit der Reparatur der hauseigenen mobilen Geräte. Samsungs Partner handhaben solche Angelegenheiten aber sehr unterschiedlich: Während das Gerät des einen Benutzers ohne Einwände repariert wird, wird die Reparatur beim gleichen Defekt und unter den gleichen Voraussetzungen bei einer anderen Werkstatt mit Verweis auf den Fremdeingriff verweigert.

Jetzt meint die Free Software Foundation Europe (FSFE) herausgefunden zu haben, dass diese Handhabung gegen europäisches Recht verstößt. Laut der EU-Verordnung 1999/44/CE bleibt die Gewährleistung auch bei modifizierten Geräten bestehen. Diese erlischt innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Schaden eben durch diesen Eingriff des Kunden verursacht wurde. In den darauf folgenden 18 Monaten gilt sie prinzipiell zwar ebenso, jedoch muss dann der Kunde beweisen, dass der Defekt nicht von ihm stammt. Der Defekt muss in beiden Fällen aber zumindest seinem Wesen nach zum Zeitpunkt der Übergabe des Gerätes an den Kunden bestanden haben.

Ein solcher Beweis dürfte sich allerdings im Einzelnen als schwierig erweisen – auch, weil die Kosten für diesen Nachweis oftmals die der eigentlichen Reparatur übersteigen. Nicht selten hat der vorhandene Schaden überhaupt nichts mit der Modifizierung des Gerätes zu tun, zum Beispiel bei einem Defekt im Display oder am Gehäuse.

Im Übrigen ist noch anzumerken, dass es neben der hier behandelten Gewährleistung, die ein gesetzlich gewährleistetes Recht ist – das man beim Händler geltend macht, auch noch die herstellereigene Garantie gibt. Bei dieser ist der Händler rechtlich gar nicht involviert, sie ist vielmehr eine freiwillige Leistung des Herstellers. Daher kann dieser auch die Bedingungen dafür nach seinen Vorlieben ausgestalten. Verstößt der Kunde in weiterer Folge gegen diese und verliert so die Garantie, hat er aber immer noch sein Gewährleistungsrecht.

Wie sich die Hersteller oder Verkäufer in Zukunft verhalten werden, ist aber ungewiss. Wenn diese eine Reparatur ablehnen, bleibt dem Kunden oftmals nur der Gang vor Gericht. Ob sich dieser wegen des geringen Streitwertes allerdings lohnt, steht auf einem anderen Blatt.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.
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  • Michael Schäfer E-Mail
    … widmet sich E-Book-Readern, Headsets, Mikrofonen und mobilen Lautsprechern. Auch Tablets mit Android sind ihm nicht fremd.
Quelle: Giga

Ergänzungen aus der Community

  • andr_gin 07.11.2012 19:06
    Leider schafft es ein Großteil der Leute nicht, Garantie und Gewährleistung auseinander zu halten:

    Gesetzliche Gewährleistung:
    .) Deckt sämtliche Mängel ab, die bereits bei der Lieferung vorhanden waren, aber erste später erkannt wurden
    .) Betrifft nur den Verkäufer, falls dieser eine Firma ist
    .) Trifft nur zu, wenn es sich beim Käufer um eine Privatperson handelt
    .) Hat eine Laufzeit von 24 Monaten, wobei nach 6 Monaten der Käufer beweisen muss, dass das Gerät schon bei der Auslierung defekt war.
    .) Ist gesetzlich vorgeschrieben und man kann auch im Vorheinein nicht darauf verzichten

    Nicht abgedeckt werden Mängel wenn:
    .) Diese erst nach der Lieferung auftreten auch innerhalb der ersten 6 Monate
    .) Es sich beim Verkäufer um eine Privatperson handelt
    .) Es sich beim Käufer um eine Firma handelt
    .) Diese erst später als 24 Monate nach dem Kauf erkannt werden

    Garantie:
    .) Ist eine freiwillige Vereinbarung
    .) Wird üblicherweise vom Hersteller gegeben (Herstellergarantie), kann aber auch vom Verkäufer erfolgen (Händlergarantie)
    .) Deckt überlicherweise auch Mängel ab, die erst während der Benutzung entstehen.
    .) Die Fristen und Bedingungen sind frei wählbar. Hier kann der Hersteller/Händler sämtliche Bedingungen wie ein Verbot der Flashens, Öffnen des Gehäuses bei PCs, ausgenommen Verschleißteile, Garantieannahme nur von offiziellen Händlern, Ausschlussgründe bei Eigenverschulden (z.B. Notebook fallen gelassen) etc.


    Beispiel Glühbirne:
    .) Wenn man eine Glühbirne auf Vorrat kauft, und diese nach bis zu 6 Monaten reinschraubt, so ist das ein Gewährleistungsfall, wenn diese nicht funktioniert.
    .) Nach mehr als 6 Monaten muss man beweisen, dass diese schon beim Kauf defekt war, was je nach Fehlerart mehr oder weniger schwierig wird.
    .) Funktioniert die Glühbirne einwandfrei, brennt aber nach 3 Monaten durch, so ist das KEINE Gewährleistung.


    Beispiel Smartphone:
    .) Softwarefehler mit der orginalen Firmware können innerhalb von 24 Monaten geltend gemacht werden, da bei einem Softwarefehler es ziemlich eindeutig bewiesen werden kann, dass dieser vorher schon vorhanden war.
    .) Softwarefehler bei anderer Firmware werden nicht abgedeckt, da der Händler diese Firmware in der Regel nicht an den Kunden verkauft hat.

    .) Hardwarefehler mehr als 6 Monate nach Auslieferung werden dann abgedeckt, wenn diese schon bei Auslieferung vorhanden waren. Nach 6 Monaten fällt das sehr schwer zu beweisen und ist auch stark unglaubwürdig.
    .) Bei Hardwarefehlern bis zu 6 Monaten muss der Hersteller beweisen, dass das Gerät problemlos funktioniert hat. Dies kann z.B. erfolgen, wenn der Benutzer in der Fehlerbeschreibung angegeben hat, dass das Gerät bis vor einer Woche noch funktioniert hat. Weiters kann z.B. festgestellt werden, ob der Benutzer das Gerät schon verwendet hat z.B. Kontakte eingespeichert hat.

    .) Befindet sich eine andere Firmware auf dem Gerät, so ist das bereits eine Beweis dafür, dass das Gerät schon funktioniert hat und man wird sich schwer tun z.B. einen Totalausfall als Gewährleistung zu reklamieren, da das Gerät beim Flashen ja noch funktioniert haben muss ;)

    Weiters muss bei einer gerooteten Firmware geklärt werden, ob der Fehler durch die neue Firmware entstanden ist oder nicht. Hierfür ist es meistens notwendig die originale Firmware wieder aufzuspielen, was in den meisten Fällen dazu führt, dass alle Daten weg sind. Stellt sich dann heraus, dass das Gerät mit originaler Firmware wieder funktioniert, handelt es sich nicht um eine Gewährleistung (und in den meisten Fällen auch um keine Garantie) und die Reperaturarbeiten können in Rechnung gestellt werden.

    Es steht natürlich jedem Hersteller (und auch Händler) offen in seinen Garantiebedingungen das Flashen von Handys zu erlauben. Genauso ist es ihm gestattet dieses zu verbieten, jedoch in einzelnen Fällen die Reparatur auf Kulanz durchzuführen, wenn die Kosten der Analyse und Streitereien die Kosten der Reperatur übersteigen. Dass das diverse Subfirmen anders handhaben kann gut möglich sein.
  • calluna 08.11.2012 09:21
    @andr_gin

    .) Funktioniert die Glühbirne einwandfrei, brennt aber nach 3 Monaten durch, so ist das KEINE Gewährleistung.
    Eine Glühbirne, die nach drei Monaten durchbrennt, ist kein normaler Verschleiß (der Hersteller macht eine Angabe über die durchschnittliche Lebensdauer) und es ist zu erwarten, dass eine extreme Abweichung nur bei einem Sachmangel auftritt. - Genau so kann man auch vor Gericht argumentieren.

    Nur ist der Streitwert eben in solchen Fällen so gering, das keiner den Rechtsweg geht...

    Hardwarefehler mehr als 6 Monate nach Auslieferung werden dann abgedeckt, wenn diese schon bei Auslieferung vorhanden waren. Nach 6 Monaten fällt das sehr schwer zu beweisen und ist auch stark unglaubwürdig.
    Das ist überhaupt nicht unglaubwürdig und auch (je nach Problem) nicht unbedingt schwer zu beweisen, wenn das Gerät ungeöffnet und äußerlich unbeschädigt (keine Schäden, die etwa auf einen Sturz hindeuten etc.) ist. Ich habe damit selbst schon vor Gericht erfolg gehabt.
  • darkcrawler 09.11.2012 23:43
    Die News ist gerade nicht klar ausgedrückt und deshalb sollte man beim Posten sich klarer ausdrücken! Wenn du tatsächlich nur die Gewährleistung meinst, dann hättest du im Nachsatz den direkten Kauf beim Hersteller sagen müssen "Ribery88, post: 12967634
    unsinn, wenn er gewährleistung schreibt, meint er vllt. ziemlich sicher auch diese, ergo dein eigentor
    [automerge]1352505480[/automerge]
    Nur weil der Verschleiß höher ist, als man es erwartet, heißt das noch lange nicht, dass man einen Anspruch auf Gewährleistung hat.
    Klar sind Verschleißteile auch inbegriffen, sofern der Defekt durch einen Mangel entstanden ist, der bereits beim Verkauf vorlag.

    "andr_gin, post: 12979221
    falsch, anspruch hat jeder käufer bei jedem b2c verkauf, diese kann nicht ausgeschlossen werden
    [automerge]1352508780[/automerge]
    Leider schafft es ein Großteil der Leute nicht, Garantie und Gewährleistung auseinander zu halten:

    Gesetzliche Gewährleistung:
    .) Betrifft nur den Verkäufer, falls dieser eine Firma ist "andr_gin, post: 12968659
    falsch, auch bei verkauf von privat an privat, kann jedoch ausgeschlossen werden


    Nicht abgedeckt werden Mängel wenn:
    .) Diese erst nach der Lieferung auftreten auch innerhalb der ersten 6 Monate
    falsch, da bei auftreten des mangels innerhalb der 1. 6 Monate davin ausgegangen wird, dass dieser bereits zum Zeitpunkt des kaufes bestand


    .) Es sich beim Verkäufer um eine Privatperson handelt
    falsch s.o.




    Beispiel Glühbirne:

    .) Funktioniert die Glühbirne einwandfrei, brennt aber nach 3 Monaten durch, so ist das KEINE Gewährleistung.
    doch, s.o.

    Firmware in der Regel nicht an den Kunden verkauft hat.


    .) Bei Hardwarefehlern bis zu 6 Monaten muss der Hersteller beweisen, dass das Gerät problemlos funktioniert hat. Dies kann z.B. erfolgen, wenn der Benutzer in der Fehlerbeschreibung angegeben hat, dass das Gerät bis vor einer Woche noch funktioniert hat. Weiters kann z.B. festgestellt werden, ob der Benutzer das Gerät schon verwendet hat z.B. Kontakte eingespeichert hat.
    das beweist nicgt, dass nicht schon ein versteckter mangel zum zeitpunkt des kaufes bestand, somit s.o.


    .) Befindet sich eine andere Firmware auf dem Gerät, so ist das bereits eine Beweis dafür, dass das Gerät schon funktioniert hat und man wird sich schwer tun z.B. einen Totalausfall als Gewährleistung zu reklamieren, da das Gerät beim Flashen ja noch funktioniert haben muss ;)

    siehe eins drüber