Netzneutralität soll gesetzlich verankert werden

Andreas Frischholz
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Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung dazu auf, die Netzneutralität gesetzlich festzulegen. Der Antrag folgt auf die Entscheidung der Telekom, bei Breitbandanschlüssen trotz Flatrate-Tarif zukünftig die Geschwindigkeit zu drosseln, sofern die Nutzer ein bestimmtes Datenvolumen überschreiten.

Grundsätzlich soll gesetzlich verankert werden, dass „IP-Datenpakete im Internet gleichberechtigt und diskriminierungsfrei behandelt werden“. Provider dürfen verschiedene Dienste- bzw. Inhalteklassen nur dann priorisieren, wenn es sich um zeitkritische Dienste handelt – das ist dann „ausschließlich zur technischen Effizienzsteigerung zulässig“. Der Zugang und die Verbindungsqualität zu anderen Inhalten, Anwendungen und Geräten darf dabei weder blockiert noch behindert oder verschlechtert werden. Außerdem müssen die von den Providern beworbenen Verfügbarkeiten und Geschwindigkeiten von Internetanschlüssen dem Kunden in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Der Antrag der Linkspartei folgt auf den massiven Protest, der auf die Ankündigung der Telekom folgte. So findet heute um 16 Uhr anlässlich der Aktionärshautpversammlung der Telekom in Köln eine Demonstration statt, in der ein breites Bündnis für Netzneutralität und gegen digitale Diskriminierung aus politischen und Bürgerrechtsgruppen den Konzern dazu auffordert, von den Plänen abzurücken. Es reiche aber nicht aus, wenn die Telekom von ihrem Vorhaben abrückt, die Netzneutralität müsse gesetzlich verankert werden.

Ein entsprechender Vorstoß kam auch vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Vorstandsmitglied Gerd Billen warnt in einem Brief an Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) „vor den negativen Folgen eines Zwei-Klassen-Internets“ und setzt sich für die „Gleichberechtigung aller Netzteilnehmer“ ein. Kritisiert wird zudem, dass Dienste, die an die Telekom bezahlen, von der Drosselung ausgenommen sind. Ob die neuen Tarifmodelle der Telekom, die seit dem 2. Mai für Neukunden und Tarifwechsler gelten, mit den aktuellen gesetzlichen Vorgaben übereinstimmen, prüft derzeit das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat die Telekom bereits abgemahnt.

Bis dato ist die Netzneutralität hierzulande nicht gesetzlich vorgeschrieben – anders als etwa in den Niederlanden. Trotz grundsätzlicher Zustimmung aller Parteien konnte sich etwa die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ auf keine einheitliche Empfehlung für den Bundestag einigen. Die Bundesregierung sah damals keine Veranlassung für eine konkrete Regelung, entsprechende Vorstöße der Provider werde der Markt ausgleichen. Dass mittlerweile ein Umdenken eingesetzt hat und die Bundesregierung auf die Linie der Opposition einlenkt, zeigt etwa der Brief von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) an Telekom-Chef René Obermann, in dem dieser entsprechende Maßnahmen andeutete.