Warum AMD Chip-Lieferant für PS4 und Xbox One wurde

Michael Günsch
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Der renommierte Analyst, Branchenveteran und ehemalige Corporate Vice President von AMD Patrick Moorhead erläutert aus seiner Sicht die Gründe, die dazu führten, dass sich Microsoft und Sony für AMD als Entwickler der Chips für ihre kommenden Spielkonsolen Xbox One und PlayStation 4 entschieden haben.

In seinem auf der Internetseite des Wirtschaftsmagazins Forbes publizierten Bericht erklärt Moorhead zwar, dass er die genauen Hintergründe für den Entschluss nicht kenne, jedoch liefert er schlüssige und teils auf Informationen aus Insider-Quellen basierende Argumente dafür, dass praktisch kein Weg an AMD vorbeiführte. Mit über 20 Jahren Erfahrung in der IT- und Halbleiterbranche, wo er vor allem leitende Marketing-Positionen unter anderem bei Compaq, AltaVista und zuletzt AMD inne hatte, bringt der inzwischen als führender Tech-Analyst geltende Moorhead entsprechendes Hintergrundwissen mit sich.

IBMs Power-Architektur ungeeignet

Seine Ausführungen beginnen zunächst mit der Wahl der Prozessorarchitektur. Hier hätten im Prinzip neben x86 nur noch ARM und MIPS zur Wahl gestanden. Die bei Xbox 360 und PlayStation 3 noch eingesetzte PowerPC-Architektur von IBM sei hingegen nicht mehr in Frage gekommen, da Microsoft und Sony das Ziel hatten, mit der neuen Generation über Spiele hinaus weitaus mehr Anwendungsmöglichkeiten zu bieten. Bekanntlich gewinnt der Begriff „Home Entertainment“ insbesondere bei der Xbox One deutlich mehr an Gewicht. Da hierfür „hunderte komplexe Applikationen“ nötig seien, welche sich zudem „relativ geradlinig“ programmieren lassen sollten, kam IBMs Technik laut Moorhead nicht mehr in Frage, da sich entsprechende Software damit „weitaus schwieriger“ schreiben lasse. Zudem sei die eine immer größere Rolle spielende „Leistung pro Watt“ ein weiteres Ausschlusskriterium für die Power-Architektur gewesen; die Konkurrenz in Form von ARM, MIPS und x86 habe in den letzten Jahren diesbezüglich einen Vorsprung errungen.

MIPS und ARM nicht leistungsstark genug

Somit verblieben nur noch die drei zuletzt genannten Architektur-Kandidaten, so Moorhead. Seinen Quellen zufolge wäre von diesen zunächst MIPS aus dem Rennen gewesen, da die Technik nicht die nötige „Pferdestärke“ und ein zu kleines Entwickler-Ökosystem besitze. Schließlich habe es somit am Ende „ARM versus x86“ geheißen. In einem regelrechten Wettkampf habe man Chip-Prototypen beider Architekturen in „unzähligen anwendungsbasierten und synthetischen Benchmarks“ gegeneinander antreten lassen. Als Verlierer entpuppte sich demnach ARM. Die Architektur habe zum einen „nicht die richtige Sorte Leistung“ beweisen können, zum anderen wurde die fehlende 64-Bit-Unterstützung bemängelt. Diese sei aufgrund der damit einhergehenden Maximierung der Speicheradressierung sehr wichtig gewesen, weil die neuen Konsolen diverse Anwendungen (gleichzeitig) ausführen müssten. Erste ARM-SoCs mit 64-Bit-Unterstützung und höherer Leistung werden jedoch erst 2014 erwartet, was für die Konsolenhersteller offenbar zu spät war.

x86 macht das Rennen: AMD vs. Intel

Am Ende blieb nur noch die x86-Architektur über, welche bekanntlich von AMD und Intel weiterentwickelt wird – Nvidia blieb trotz reichlich Erfahrung mit Grafikchips und Spielen mangels x86-Lizenz außen vor. Für die Entscheidung zugunsten AMD sei zunächst die Forderung nach einem System-on-a-Chip, kurz SoC, relevant gewesen. Solche Lösungen vereinen diverse Systemkomponenten wie Prozessor, GPU, Speichercontroller, Audio- und Video-Funktionen sowie I/O-Schnittstellen in einem Chip, was Vorteile bezüglich der Leistungsaufnahme und entsprechend der Wärmeabgabe sowie beim Layout der Hauptplatine bietet – ein einzelner Chip benötigt weniger Platz als mehrere. Hinzu gesellte sich der Bedarf eines individuell entworfenen „Custom-SoC“, der den unterschiedlichen Anforderungen von Microsoft und Sony gerecht werden musste und darüber hinaus eine geeignete Grafiklösung parat hielt. Weder ein Custom-SoC noch eine passende integrierte Grafikeinheit habe Intel liefern können.

AMD bietet das beste Gesamtpaket: Custom-SoC

Letztendlich konnte AMD laut Moorhead als einziger Konzern den Ansprüchen gerecht werden, was laut Ex-AMD-Fellow Moorhead ein „eindeutiger Sieg“ war. Die langjährige Erfahrung im Bereich der Entwicklung von Hauptprozessoren, Grafikchips, Chipsatzfunktionen und die jüngste Vereinigung all dieser Komponenten in einem SoC sprachen für AMD. Des Weiteren hatte AMD den ersten Vier-Kern-x86-SoC (Kabini/Temash) entwickelt. Dieser basiert auf der „Jaguar“-Architektur, die auch in der PlayStation 4 und der Xbox One zum Einsatz kommt – der Schritt hin zu einem Pendant mit acht Kernen habe „keinen riesigen Sprung“ dargestellt. Eine Alternative zu AMD in Form einer eigens initiierten Entwicklung eines Chips über Dritte sei aufgrund der Komplexität eines solchen SoCs und der mangelnden Erfahrung der Konsolenhersteller, um „fünf bis sieben Milliarden Transistoren in einem Stück Silizium unterzubringen“, nicht denkbar gewesen, lautet das Fazit des Tech-Analysten.

Das stimmige Gesamtpaket soll also AMD die milliardenschweren Aufträge von Microsoft und Sony beschert haben. Ob am Ende auch die Preisfrage eine ausschlaggebende Rolle bei der Auftragsvergabe gespielt hat, bleibt weiterhin unklar.