GCHQ überwacht Webcam-Bilder von Yahoo-Nutzern

Andreas Frischholz
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Der britische GCHQ hat mit Unterstützung der NSA jahrelang Webcam-Aufnahmen von Millionen Yahoo-Nutzern überwacht, berichtet der Guardian. Für die Videochat-Überwachung hat der GCHQ ein Programm mit dem Codenamen „Optic Nerve“ entwickelt, wie Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden belegen.

Demnach wurde Optic Nerve seit 2008 – zunächst als Prototyp – eingesetzt und war zumindest bis 2012 noch aktiv. Die Spionage richtete sich nicht gezielt gegen Verdächtige, sondern erfolgte im Rahmen der Massenüberwachungsprogramme. Allein im Jahr 2008 wurden binnen eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als 1,8 Millionen Yahoo-Nutzer weltweit überwacht. In den internen Datenbanken des Geheimdienstes wird allerdings nicht der vollständige Videochat gespeichert. Stattdessen wird alle fünf Minuten ein Screenshot des Streams erstellt, der dann in der internen Datenbank landet. Begründet wird diese Maßnahme mit rechtlichen Beschränkungen, allerdings soll so auch vermieden werden, dass die Server des GCHQ überlastet werden.

Die von Yahoo-Nutzern gespeicherten Bilder verwendet der GCHQ, um mittels einer automatischen Gesichtserkennung bereits bekannte Zielpersonen zu identifizieren und zu überwachen. Außerdem sollen auf diese Weise neue Ziele erkannt werden, die der Geheimdienst bislang nicht auf dem Schirm hatte. Die GCHQ-Analysten konnten anscheinend auf sämtliche Webcam-Aufnahmen zugreifen. Der Zugriff wurde lediglich durch die Vorgabe limitiert, dass die entsprechende Datenbank nur anhand von Metadaten – also etwa dem Namen, IP- oder E-Mail-Adresse einer Zielperson – durchsucht werden konnte.

Allerdings kämpften die GCHQ-Analysten auch mit einigen Problemen. „Leider scheint eine überraschend große Anzahl von Personen Webcam-Unterhaltungen zu nutzen, um anderen Personen intime Stellen ihres Körpers zu zeigen“, heißt es in einem der Dokumente, die dem Guardian vorliegen. Man versuche zwar, entsprechende Bilder automatisch herauszufiltern, der „Pornographie-Detektor“ stufe aber in vielen Fällen Gesichter als pornographischen Inhalt ein. Die Webcam-Streams extrahiert der GCHQ aus den Datenströmen, die beim Anzapfen der zentralen Glasfaserkabel anfallen. Unterstützt wurde der britische Dienst dabei von der NSA, und die Informationen aus der Webcam-Überwachung landeten auch in der Datenbank des NSA-Tools XKeyscore.

Dem Guardian zufolge hat Yahoo äußerst wütend auf die Webcam-Überwachung reagiert. Wenn die Enthüllungen zutreffen, wäre das eine komplett neue Ebene in der Verletzung der Privatsphäre von Yahoo-Nutzern, erklärte ein Sprecher des Internetkonzerns. Der GCHQ erklärte hingegen, die Programme wären notwendig und wären mit dem britischen Recht in Einklang.

Die massenhafte Überwachung von Yahoo-Nutzern begründet der GCHQ mit dem Argument, dass bekannte Ziele Yahoo-Dienste nutzen würden. Offen ist daher, ob der Geheimdienst noch weitere Dienste im Visier hat. Generelles Interesse scheint vorhanden zu sein, wie interne Präsentationen zeigen. Diese verweisen auf Diskussionen, die sich um das Potential und die Fähigkeiten von der Kinect-Kamera der Xbox 360 drehen. Da diese „recht normalen Webcam-Traffic“ generiert, wurde diese als Kandidat für ein umfassenderes Überwachungsprogramm eingestuft, berichtet der Guardian. Ob dieses Programm letztlich umgesetzt wurde und inwieweit sich die Geheimdienste für die Xbox One interessieren, wird nicht genannt.